Die aufwühlende Nacht von Johannesburg entlädt sich nach packenden 90 Minuten in unbändigem Jubel - und am Ende feiern auch die Verlierer

Das Gesicht, sagt eine chinesische Weisheit, ist das Spiegelbild der Seele. Welche Anspannung die Nacht von Johannesburg den Spielern und ihren Betreuern abverlangte, war mit einem Blick in ihr Antlitz zu beobachten. Die Reaktionen von Bundestrainer Joachim Löw etwa spiegelten die Abgründe der menschlichen Existenz. Sein Mienenspiel in den 90 Minuten im Soccer-City-Stadion bewegte sich zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Erst nach dem befreienden Treffer von Mesut Özil entspannten sich Löws Gesichtszüge ein wenig. Und am Ende plumpste die Last des Alles-oder-nichts-Spiels wie ein Felsbrocken von seinen Schultern.

Auch die Spieler konnten ihre Freude kaum bändigen. Sie tanzten über den Platz, der lange Mertesacker herzte den kleinen Lahm so innig, dass dessen Füße die Bodenhaftung verloren. Torschütze Mesut Özil drückte nach einigen kurzen Momenten stillen Glücks schon wieder sein Selbstbewusstsein aus: "Ich wusste, dass ich ein Tor machen werde."

Deutschland jubelt, Ghana ist unterlegen - und feiert trotzdem. Trotz der Niederlage sind die "Black Stars" als wahrscheinlich einziges Team aus dem Gastgeber-Kontinent ins Achtelfinale eingezogen. Die Spieler schnappten sich ihre rot-gelb-grünen Fahnen und drehten Ehrenrunden.

Ein Bild, das auch diese Weltmeisterschaft neben den unvermeidlichen Vuvuzelas prägen wird, sind die fröhlichen, farbenfrohen Gesichter der Fans. Das galt auch für Deutsche und Ghanaer, die im Stadion ihre Nationalfarben in allen nur denkbaren Variationen trugen, immer voller Stolz, aber nie chauvinistisch.

Wenigstens hier, abseits von bösen Fouls und abstrusen Schiedsrichterentscheidungen, offenbart sich der globale Kern des Sports: das friedliche Miteinander. Hier bin ich Fan, hier darf ich's sein.