Erster EM-Einsatz, erstes Tor: Wayne Rooney hat durch seinen Treffer gegen die Ukraine den Einzug ins Viertelfinale klar gemacht

Donezk. Als alles vorbei war, schlenderte Englands Nummer 10 gemächlich die Mittellinie entlang. Seine heruntergezogenen Stutzen schlackerten ihm lässig um die Beine. Wayne Rooney war ein glücklicher Angreifer an diesem späten Dienstagabend, als er sich schließlich seinem ukrainischen Kontrahenten Andrej Schewtschenko näherte. Ein kurzes Händeschütteln. Eine flüchtige Umarmung. Der Respekt des Torjägers für den anderen.

Nur einen Gewinner hatte es geben können, das war bereits vor dem Gruppenfinale klar gewesen. Rooney oder Schewtschenko? Rückkehrer oder Abschiednehmender? Es wurde Rooney, der Rückkehrer. In seinem ersten Einsatz bei dieser EM nach Rotsperre schoss er sein Land zum 1:0-Sieg und ins Viertelfinale gegen Italien.

Wayne Rooney ist zurück auf dem ganz großen Schauplatz des Fußballs. 2004 in Portugal war er als 18 Jahrealtes Talent vom FC Everton auf den internationalen Fußball hereingebrochen wie ein heftiges Sommergewitter - vier Tore in vier Spielen. Eine Sensation. 2006, 2008, 2010 - das waren dann nicht Rooneys Sommer gewesen. Wenn England mal dabei war, dann traf der Mann, auf den alle hofften, nicht. "Sehr viel Druck hat auf Wayne gelastet", sagt Steven Gerrard. "Aber als wir ihn brauchten, war er da."

Während der Hymne hatte Rooney noch klein ausgesehen, eingepfercht zwischen den Hünen Danny Welbeck und John Terry. Klein und bullig. Aber sehr entschlossen. "Er hat einen guten Charakter", sagt sein Trainer Roy Hodgson. Vor der Partie war ja auch darüber diskutiert worden, ob der Boxersohn nicht vielleicht mit einiger Übermotivation über den Platz und in seine Gegenspieler pflügen würde. Stattdessen gelang es dem 26 Jahre alten Angreifer von Manchester United, seinen Tatendrang in wertvolle Aktionen zu kanalisieren.

Nach einer knappen halben Stunde hätte Rooney das 1:0 köpfen müssen, der Ball rutschte ihm da noch über die hohe Stirn. Drei Minuten nach der Pause gab es nach abgefälschter Flanke von Gerrard keine Alternative zum fünften Treffer im fünften EM-Spiel mehr. "Ich hätte es in einigen Szenen noch besser machen können, aber wir haben drei Punkte geholt", sagte Rooney. Das klang fast so zufrieden wie Hodgsons Fazit: "Dass er 80 Minuten gespielt hat, wird ihm Selbstvertrauen für das Spiel gegen Italien geben." Denn mit dem Schlusspfiff von Donezk schaute England schon nach vorne, auf Sonntag (20.45 Uhr, ARD), auf Italien.

Für Hodgson, der als Trainer unter anderem für Inter Mailand und Udinese Calcio arbeitete, wird das Spiel gegen die bislang ebenfalls über Erwartung spielenden Italiener ein Wiedersehen mit alten Weggefährten. Er habe sich noch gar nicht allzu viele Gedanken darüber machen können, sagte Hodgson. "Aber ich bin natürlich froh, dass ich viele italienische Freunde wiedersehen werde." Ob dies auf Beidseitigkeit beruht, wird der Spielverlauf zeigen. Fakt ist allerdings schon jetzt, dass die Engländer auf die Unterstützung ihrer Politiker verzichten müssen. Wie die Regierung mitteilte, werden wegen "schwerwiegender Bedenken gegen die Justiz und die Rechtsprechung in der Ukraine" keinerlei britische Politiker zum Viertelfinale reisen.