Nach dem Sieg des FC Bayern in Madrid beginnt die Diskussion um die Zukunft von Trainer Jupp Heynckes. Präsident Uli Hoeneß glaubt nicht, dass sein Freund “fahnenflüchtig“ wird.

München. Uli Hoeneß befürchtet nicht, dass sich sein Freund Jupp Heynckes nach einem Champions-League-Triumph am 19. Mai beim FC Bayern München vorzeitig als Trainer verabschieden könnte. „Ich weiß, dass der Jupp, wenn er die Unterstützung des Clubs und der Verantwortlichen hat, nie fahnenflüchtig werden würde, niemals“, sagte der Präsident des deutschen Fußball-Rekordmeisters in Interviews der „Süddeutschen Zeitung“ und der Münchner „Abendzeitung“ (Freitag) nach dem Einzug ins Finale gegen den FC Chelsea.

In der „AZ“ verwies Hoeneß dabei auch auf den Charakter und die Erziehung von Heynckes: „Er wird uns nicht im Stich lassen. Es ist völlig klar, dass er auch in der kommenden Saison unser Trainer bleibt. Er macht einen ganz hervorragenden Job.“ Der Vertrag von Heynckes, der zehn Tage vor dem Champions-League-Finale 67 Jahre alt wird, läuft noch bis zum 30. Juni 2013. Die Zielsetzung von Hoeneß ist auch, Heynckes als „Berater“ bei der Suche nach seinem Nachfolger einzubeziehen, „wann auch immer das sein wird“.

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Die Münchner haben sich ihren Traum erfüllt: Sie sind beim Finale im eigenen Stadion am 19. Mai dabei, das hat noch keine Mannschaft geschafft. "Der FC Bayern gehört jetzt zu den Großen der Welt", so Hoeneß. Er war lange nicht so stolz. Der Titelgewinn wäre die Krönung seines Lebenswerks. "Wir haben schon eine überragende Saison gespielt. Jetzt brauchen wir einen Titel, um es rund zu machen. Ich glaube, das wird uns gelingen", so Hoeneß.

Gegner im Endspiel ist der FC Chelsea London, der sich im Halbfinale gegen den FC Barcelona durchgesetzt hatte. Selbst die Gelbsperren von David Alaba, Holger Badstuber und Luiz Gustavo für das Finale konnten die Vorfreude der Bayern nicht trüben.

"Ich bin seit 1974 mit dem FC Bayern verbandelt und habe kein so intensives und emotionales Spiel erlebt", sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge. Er verglich den Sieg mit dem der deutschen Nationalmannschaft im Halbfinale der Weltmeisterschaft 1982 über Frankreich (8:7 nach Elfmeterschießen). "Solche Spiele sind in die Geschichtsbücher eingegangen." Der Sieg war so wichtig, weil er bewies, dass die Mannschaft Charakter hat. Nach ideenlosen Leistungen in der Liga und dem Kabineneklat um Franck Ribéry und Arjen Robben hatten dies einige bezweifelt. An diesem Abend wurden besonders drei Spieler des FC Bayern wie Helden gefeiert.

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David Alaba ist der Jüngste von ihnen. Der 19-Jährige erlebte zunächst einen Albtraum, als er einen Schuss von Angel di Maria versehentlich mit der Hand blockte und Schiedsrichter Viktor Kassai (Ungarn) auf Elfmeter entschied. Cristiano Ronaldo traf (6.) und schoss auch das 2:0 (14.), doch Alaba ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Arjen Robben traf nach Pepes Foul an Gomez per Strafstoß zum Anschluss (27.), im Elfmeterschießen trat Alaba als Erster an - und traf. 75 000 Real-Fans im Stadion gegen ihn, trotzdem schoss er so abgeklärt, als hätte er so wenig zu verlieren wie bei einem Spiel gegen Freunde auf der Playstation. "Der Trainer fragte, ob ich als Erster schieße. Da habe ich gesagt: 'Passt!'", so Alaba.

Das Talent aus Wien war nervenstärker als die Real-Stars Ronaldo und Kaká, die an Bayern-Torwart Manuel Neuer scheiterten. Und als Sergio Ramos, der über das Tor schoss. Die Bayern führten nach einem weiteren Treffer von Gomez bereits 2:0, als Toni Kroos und Philipp Lahm ebenfalls scheiterten. "Ich dachte, ich sterbe", sagte Hoeneß. Und er habe gedacht: Was machst du mit den ganzen Finalkarten, die du für deine Bekannten besorgt hast? Doch für Madrid traf lediglich Xabi Alonso - und den letzten und entscheidenden Elfmeter nutzte Bastian Schweinsteiger. Ausgerechnet Schweinsteiger, der seit der Jugend für die Münchner spielt und quasi bayerisches Kulturgut ist wie Weißbier und Brezeln. Er hat zwei Weltmeisterschaften und beinahe 300 Spiele für seinen Verein hinter sich - hier war aber auch er nervös: "Ich habe kurz vor meinem Elfmeter meine Eier verloren, aber sie rechtzeitig wiedergefunden", sagte der 27-Jährige grinsend.

Besonders oft bedankten er und seine Kollegen sich bei Neuer. Er hat gezeigt, warum ihn der Rekordmeister für 25 Millionen Euro von Schalke 04 gekauft hat - gegen den Widerstand vieler Bayern-Fans, die mit Plakaten gegen die Verpflichtung protestiert hatten. "Ich war wie in einer anderen Welt. Wir hatten den Willen und sind glücklich", so der Nationaltorhüter. Rummenigge sagte, er liebe Neuer. Nach dem Spiel kam Real-Präsident Florentino Perez zu ihm und sagte, Neuer sei der beste Torwart der Welt.

Als der Bayern-Schlussmann mit der Mannschaft vor der Fankurve feierte, kam Jupp Heynckes dazu. Der Architekt des Erfolgs, der taktisch alles richtig machte. Er ließ in beiden Spielen gegen Real Thomas Müller draußen, setzte auf Luiz Gustavo und Schweinsteiger - und vor allem traf er in den Ansprachen den richtigen Ton. "Ich habe meinen Spielern gesagt: 'Ihr müsst cool bleiben'", so Heynckes. Anfang des Jahres gab es Spekulationen um seine Zukunft, deutliche Kritik in den Medien. Heynckes hat sich mit seinen Bayern aus der Krise gekämpft.

Dass Stürmer Ivica Olic im Sommer zum VfL Wolfsburg wechselt und Verteidiger Dante von Borussia Mönchengladbach kommt, waren am Donnerstag nur Randnotizen. Die Bayern wollen sich jetzt den nächsten Traum erfüllen - den Sieg in der Champions League.

Rummenigge berichtete Heynckes, Hoeneß und den Ehrengästen auf dem Bankett von einer SMS, die ihm ein Freund nach Abpfiff geschickt hatte. Er zitiert darin Walt Disney: "Alle Träume können wahr werden. Wenn wir nur den Mut haben, ihnen zu folgen." Der FC Bayern hat derzeit sehr viel Mut.

Mit Material von dpa