Trotz sieben Punkten Vorsprung auf die Bayern will Dortmund nichts von der Meisterschaft wissen. Vorentscheidung? Klopp: “Was für ein Mist“.

Dortmund. Wenn es darum geht, seine Botschaften in die Köpfe seine Zuhörer einzutrichtern, zeigt sich das rhetorische Geschick von Jürgen Klopp. Es sei eben nicht eine abergläubische Marotte, dass er auch bei sieben Punkten Vorsprung nicht davon rede, wieder Deutscher Meister werden zu wollen.

"Vorentscheidung! Was für ein Mist ist mir schon ins Ohr gesäuselt worden", sagte der Trainer des Tabellenführers und erklärte, warum er nicht die geringste Notwendigkeit sehe, nun die Titelverteidigung als Ziel auszurufen.

Das Einzige, was an diesem 24. Spieltag eine halbwegs relevante Aussagekraft in Bezug auf seine Mannschaft habe, seien die elf Punkte Vorsprung auf den vierten Tabellenplatz. Damit sei die Chance, sich direkt für die Champions League zu qualifizieren, sehr gut.

Ob am Sonnabend nach dem 18. ungeschlagenen Spiel in Folge oder am Sonntag im "Doppelpass" beim TV-Sender Sport 1 - egal, wie groß die Euphorie bei den Fans auch ist, Klopp lässt sich unverändert keine konkrete Aussage zur "M(eister)-Frage" entlocken.

"In den guten Phasen musst du demütig bleiben, weil du weißt: In den entscheidenden Phasen brauchst du auch ein bisschen Glück", verkündete Klopp auch nach dem 2:1 über Mainz 05 das alte und neue Credo des Titelverteidigers. Es gebe keinerlei Anlass, dies zu überdenken. Auch wenn Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger schon seit Wochen das Ende des Dortmunder Understatement einfordert.

Im Gegenteil: Klopp empfahl den Münchnern, ihre bisherige Taktik, die Konkurrenz durch selbstbewusste Aussagen unter Druck zu setzen, zu überdenken: "Vielleicht muss Nerlinger mehr Understatement betreiben, anstatt zu sagen: Wir sind die Besten."

+++ Die aktuelle Tabelle +++

Die Bestimmtheit, mit der Klopp weiterhin Bescheidenheit predigt, geht einher mit der Entschlossenheit, die seine Spieler auf dem Platz zeigen. Der BVB spielt derzeit nicht immer überragend, ist aber stets konzentriert und übersteht so auch schwierige Phasen. Gegen Mainz entwickelte sich ein scheinbar leicht einzufahrender Sieg sogar noch zu einer Zitterpartie. 16 Minuten vor dem Ende kamen die Gäste zum 1:1-Ausgleich durch Mohamed Zidan. Doch mit dem Selbstvertrauen aus zuletzt sieben Siegen in Folge verloren die Borussen nicht die Nerven. Nur drei Minuten darauf traf Shinji Kagawa zum entscheidenden 2:1.

"Wir zaubern nicht immer, aber wir gewinnen unsere Spiele", sagt Abwehrchef Mats Hummels. Ein Indiz für eine stabile Psyche. Und die ist im Titelkampf mindestens genauso wichtig wie ein komfortabler Punktevorsprung. Vor dem Spiel hatte Klopp noch Witze gemacht, als er auf die Niederlage der Bayern angesprochen worden war: "Wir haben im Bus sofort den Schampus rausgeholt und darauf angestoßen." Wer so redet, weiß, dass er sich keine Sorgen machen muss, ob seine Spieler dem Druck standhalten können.

Für einen Einbruch des BVB spricht derzeit kaum etwas. "Wer so spielt, wird zu 100 Prozent Meister", sagte Mohamed Zidan. Klopp ließen die Aussagen seines langjährigen Lieblingsschülers relativ kalt: "Wenn ich alles für bare Münze nehmen würde, was der Mo früher so zu mir gesagt hat ..."

Er lässt sich nicht aus der Reserve locken. Warum auch? (omü)