Kommentar über das Leistungsprinzip der Nationalelf. “Eine Mannschaft, wissen wir, ist mehr als die Summe der Einzelspieler.“

Hamburg. Es war ein ungewöhnlicher Bewerbungsversuch, mit dem sich der ausgemusterte Torsten Frings nach seinen zwei Toren in Wolfsburg für die Weltmeisterschaft in Südafrika wieder ins Gespräch brachte. In der Nationalelf, klagte der Bremer, werde nicht nach Leistung aufgestellt. Zwar fiel beim Stichwort Leistung nicht jedem sofort der Name Frings ein, viel eher die Kollegen Klose und Podolski, aber nur, weil die seit Monaten keine bringen. Denen erwägt Bundestrainer Joachim Löw trotz auffallender Torlosigkeit die Treue zu halten - bis dass der Abpfiff sie scheidet.

Nun darf man davon ausgehen, dass Löw das Interesse an einem erfolgreichen WM-Auftritt nicht verloren hat. Es werden also andere Gründe sein, warum er die Vergangenheit über die Gegenwart zu stellen scheint. Klose war 2006 Torschützenkönig der WM, Podolski sein Partner. Sie haben ihre Turniertauglichkeit bewiesen, die Kießlings und Kuranyis nicht.

Zugegeben, beide hatten auch keine Gelegenheit dazu. Eine Mannschaft, wissen wir, ist mehr als die Summe der Einzelspieler. Die 20 besten deutschen Fußballer und die drei besten Torhüter garantieren keinen Erfolg. Die Spieler müssen zusammenpassen, charakterlich wie taktisch. Sie sind Teile eines Teams, mit zugewiesenen Rollen und Regeln, die sie selbst bei größtem Stress zu akzeptieren haben. Löw, hoffen wir, wird klare Vorstellungen haben, welches System er in Südafrika spielen will, welches Personal er dafür braucht - und wer die Mannschaft auf dem Platz führen soll. Frings wäre so einer. Wenn dann seine Leistung stimmt. Das war in dieser Saison zu selten der Fall.

Dass vor Weltmeisterschaften über die richtige Besetzung der Nationalmannschaft gestritten wird, hat nicht nur in Deutschland Tradition. Es zeigt den hohen Grad der emotionalen Mobilisierung, die der Fußball immer noch entfachen kann. Der Job des Bundestrainers besteht deshalb auch darin, seine Linie gegen öffentliche Widerstände durchzuhalten. Schließlich soll er keine Wahlen gewinnen, sondern die Weltmeisterschaft.