Geht es gegen defensivstarke Gegner, haben die Kiezkicker regelmäßig Probleme. Florian Bruns: “Hatten nicht die richtigen Mittel“.

Hamburg. Natürlich waren sie enttäuscht. Und natürlich wussten sie, dass sie eine große Chance ausgelassen hatten. Bei einem Sieg in Düsseldorf wäre die Bundesliga mit einem weiteren Erfolg am Montag gegen Augsburg so gut wie sicher gewesen. Doch statt die Aufstiegseuphorie zu nähren, rundeten Wut und Unzufriedenheit das Stimmungsbild im Lager des FC St. Pauli nach dem 0:1 bei der Fortuna ab. "Wir fahren diesmal nicht mit ganz so breiter Brust zurück nach Hamburg", kleidete Mittelfeldspieler Florian Bruns die Beobachtungen in Worte.

Lange Zeit hatten die Hamburger dem heimstarken Aufsteiger Tempo und Spiel diktiert. Doch die Chance, sich im Aufstiegsrennen entscheidend abzusetzen, wurde vertan, weil sich St. Pauli in den 90 Minuten eben keine Chancen erspielte. "Wir haben an unserem Offensivfußball festgehalten", sagte Bruns, schränkte aber gleich ein: "Wir hatten nur nicht die richtigen Mittel." St. Pauli scheiterte an einer hervorragend organisierten Defensive. Wieder einmal.

Die Analyse der achten Saisonniederlage reihte sich nahtlos ein in die Beurteilungen der vorangegangenen Null-Spiele. Mit Ausnahme der 0:3-Pleite in Kaiserslautern hatten die Hamburger jeweils das Spielgeschehen dominiert, ohne den Gegner dabei ernsthaft in Verlegenheit zu bringen. Schon die beiden 0:1-Niederlagen gegen Bielefeld waren beispielhaft gewesen, die Fortuna zeigte der Elf von Holger Stanislawski nun ein weiteres Mal deutlich ihr großes Manko auf - und schlug vorne eiskalt zu.

"Wir haben es wieder mal verpasst, uns zu belohnen", erkannte der Trainer, "das ist eine Qualität, die uns noch fehlt. Aber die muss man haben, wenn man in der Spitze mitspielen will." Und die immer dann vermisst wird, wenn es gegen taktisch disziplinierte Abwehrformationen geht. Die Saisonniederlagen wurden ausschließlich gegen Teams aus der oberen Tabellenhälfte eingefahren. Gegen die vier defensivstärksten Gegner der Liga, Kaiserslautern, Düsseldorf, Bielefeld und Augsburg, holte St. Pauli in sieben Spielen vier Punkte! Keine Chance gegen die Catenaccio-Connection. "Wir stecken in einer Entwicklung", erinnerte Sportchef Helmut Schulte, der das Problem erkannt hat: "Man muss die Realitäten annehmen."

Lösungsvorschläge blieben noch unter Verschluss. Man werde in jedem Fall den eingeschlagenen Weg weitergehen, versicherten Sportchef, Trainer und Spieler unmissverständlich. Und so strafte Torhüter Mathias Hain all jene, die von ihm wissen wollten, wie stark der Rückschlag von Düsseldorf wirken werde, mit bösen Blicken: "Schauen Sie auf die Tabelle, dann wissen Sie bescheid", verwies der 37-Jährige Routinier auf den zweiten Platz seiner Mannschaft. Abgerechnet werde ja ohnehin erst am 34. Spieltag, so Hain, "und dann werden wir immer noch da oben stehen. Ich habe schon einiges im Fußball erlebt, aber es würde mich in ein tiefes Tal reißen, wenn wir es am Ende nicht schaffen würden. Diese Mannschaft hat sich den Aufstieg einfach verdient." Widersprechen wollte ihm niemand. Allerdings hätte St. Pauli auch in Düsseldorf einen Punkt verdient gehabt.