Der Bremer Mittelfeldspieler spielt gegen Südafrika erstmals von Beginn an. Kapitän Michael Ballack fordert Leidenschaft.

Köln. Er stand ein bisschen wehmütig an der Außenlinie. Hansi Flick, der Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft, hatte ihm spaßeshalber gesagt, er solle doch seine Fußballschuhe mitbringen, um ein wenig mitzuspielen. Aber das wollte Bernd Schneider nicht. Der 35 Jahre alte frühere Nationalspieler, der im Juli auf Grund chronischer Rückenschmerzen seine Karriere beendet hatte, schlüpfte beim Abschlusstraining vor dem Test an diesem Sonnabend gegen Südafrika (20.45 Uhr/ZDF live) lieber in seine neue Rolle - die des Beobachters.

Von den Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wird der 81-malige Nationalspieler an alter Wirkungsstätte in Leverkusen offiziell verabschiedet. Symbolisch wird Schneider dann also Platz machen für seine Nachfolger. Die Zukunft, das ist der 15 Jahre jüngere Mesut Özil. Der gebürtige Türke, der im Winter 2008 für fünf Millionen Euro von Schalke 04 zu Werder Bremen gewechselt war und dort einen steilen Karrieresprung gemacht hat, wird in seinem dritten Länderspiel erstmals von Beginn an spielen. Ein Einsatz, der mit großen Hoffnungen verbunden ist. Özil soll, so wünschen es sich die Trainer, dem deutschen Spiel nach so vielen schwachen Auftritten in den vergangenen Monaten neuen Glanz verleihen.

Dass er dazu trotz seiner erst 20 Jahre in der Lage ist, haben nicht zuletzt seine Spiele für Werder Bremen gezeigt. In der vergangenen Saison hat Özil, der sowohl links als auch rechts im Mittelfeld spielen kann, 14 Tore vorbereitet und drei erzielt. In der laufenden Saison kommt er nach vier Spielen auf drei Tore und zwei Vorlagen. "Mesut ist jemand, der ein Spiel lenken kann. Er ist sehr ballsicher, stößt in die entscheidenden Räume und setzt seine Mitspieler hervorragend ein", sagt Flick. Mit Bundestrainer Joachim Löw wolle er im Test vor dem WM-Qualifikationsspiel am Mittwoch gegen Aserbaidschan nun sehen, "wie unser Spiel mit seiner Person ist". Wichtig sei, dass Spieler in der Offensive den Ball fordern und sich bei Ballbesitz behaupten.

"Mesut ist sehr robust", sagt Flick, "er weiß sich gut durchzusetzen." Was auf den ersten Blick ein bisschen verwundert, denn der 72 Kilogramm schwere und 1,80 Meter lange Özil wirkt eher etwas schmächtig. "Ich habe zuletzt zwei Kilo Muskelmasse zugelegt", sagt Özil, "aber ich darf nicht zu viel aufbauen, sonst leidet meine Beweglichkeit."

Auf die aber kommt es gegen Südafrika an, wenn Özil an der Seite von Kapitän Michael Ballack für Akzente in der Offensive sorgen soll. Denn dort gab es zuletzt nur wenige lichte Momente, weshalb in den vergangenen Tagen im Training verstärkt und in Gruppen an der Verbesserung der Raumaufteilung gearbeitet wurde. Zudem wurde intensiv das Verschieben geübt sowie der Torabschluss trainiert.

Kapitän Ballack hofft, dass alle Spieler gegen Südafrika wieder mehr Laufbereitschaft zeigen und den Außenstehenden das Gefühl vermitteln, von sich überzeugt zu sein. "Deutsche Mannschaften waren immer da, wenn es darauf angekommen ist. Das muss jeder wissen", sagt Ballack. Also sollte auch jeder so auftreten, dass die Anhänger merken, "die Mannschaft will gut spielen und hat Freude an dem, was sie tut". Zuletzt, so Ballack, habe die Leichtigkeit gefehlt. Gerade die aber kennzeichnet das spielerische Wirken Özils. Obwohl seit dem Wechsel von Spielmacher Diego nach Turin in Bremen mehr Verantwortung auf ihm lastet, spielt er bislang unbeschwert.

Was auch Ballack in London nicht entgangen ist: "Mesut hat in den ersten Wochen hervorragende Leistungen gezeigt. Er hat sich aufgedrängt. Nun liegt es an ihm, sich zu beweisen." Ob Özil irgendwann in einem Atemzug mit Spielmachern wie Lothar Matthäus oder Wolfgang Overath genannt wird, muss sich zeigen. Ein gutes Spiel gegen den WM-Gastgeber wäre ein erster Schritt.

Deutschland: Adler - Lahm, Mertesacker, Westermann, Schäfer - Schweinsteiger, Ballack, Hitzlsperger, Özil - Klose, Gomez.

Südafrika: Fernandez - Gaxa, Khumalo, Mokoena, Masilela - Pienaar, Mhlongo, Dikgacoi, Tshabalala - Mphela, Parker.

Schiedsrichter: Circhetta (Schweiz).