Die Antwort lässt nicht mal eine Sekunde auf sich warten. “Nein“, sagt André Trulsen bestimmt, “die Neueinführung der Relegation halte ich für keine gute Idee.“

Hamburg - Und so sehr landauf, landab das erste von zwei Entscheidungsspielen um den Auf- und Abstieg in der Bundesliga zwischen Energie Cottbus und dem 1. FC Nürnberg heute Abend (18 Uhr/ARD) unter den Fußballfans für Spannung sorgt, so wenig ist Trulsens Abneigung gegen das Spektakel überraschend. St. Paulis Assistenztrainer hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit Relegationsspielen gemacht. "Das war der schlimmste Tag in meinem Leben", antwortet Trulsen, wenn man ihn auf den 29. Juni 1991 anspricht - den Tag des letzten Relegationsspiels vor der diesjährigen Neueinführung.

Damals, als Holger Stanislawski noch als A-Jugendlicher beim HSV aktiv, David Hoilett soeben geboren und Helmut Schulte gerade als Trainer des FC St. Pauli entlassen worden war, spielten die Kiez- gegen die Stuttgarter Kickers nach zwei Remis-Partien im alten Gelsenkirchener Parkstadion um die letzte Entscheidung der Saison. "Der Druck war wie in einem Pokalfinale. Jeder auf dem Platz wusste, dass nur der Sieger in der Bundesliga spielen wird", sagt Trulsen, der sich nur ungern an die beiden schnellen Gegentore durch Ralf Vollmer (21.) und Juan Cayasso Reid (35.) erinnert. Erst nach Peter Knäbels Anschlusstreffer (37.) keimte im Lager der Braun-Weißen wieder etwas Hoffnung auf, die nach Dirk Fenglers Treffer zum 3:1-Endstand (42.) bereits vor der Pause wieder verflog.

"Als der Schiedsrichter abpfiff, spürte ich eine unglaubliche Leere in mir", gesteht St. Paulis damaliger Stürmer Knäbel heute. Der derzeit für den FC Basel tätige Sportdirektor, der am 1. September als Technischer Direktor zum Schweizer Fußball-Verband wechselt, begrüßt trotz der bitteren Pleite vor 18 Jahren die Wiedereinführung der Relegation: "Beide Mannschaften haben in einem fairen Wettkampf die gleichen Chancen, und die Fans freuen sich."

An die Minuten und Stunden nach der Niederlage gegen die Kickers kann oder will sich Knäbel heute nicht mehr erinnern. Trulsen hat die Bilder der Niederlage dagegen noch sehr genau im Kopf. So weiß der ehemalige Abwehrrecke zu berichten, wie er und seine Kollegen nach der Niederlage in ein Gelsenkirchener Hotel chauffiert wurden, wo in einem Raum mit Manager Herbert Liedtke Einzelgespräche über die neue Saison in der Zweiten Liga geführt wurden, während im Nebenraum sich die Spieler zum kollektiven Frust-Besäufnis trafen. Anschließend ging es dann im Bus auf die wohl längste Rückfahrt aller Zeiten zurück nach Hamburg. "So etwas wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht", sagt Trulsen, der sich das heutige Spiel, das in 77 Ländern live übertragen wird, wohl nicht im TV angucken wird. (ks)

In der Relegation wird die im Europacup gültige Auswärtstorregel gelten. Falls im Rückspiel nach 90 Minuten noch keine Entscheidung gefallen ist, gibt es eine Verlängerung, anschließend gegebenenfalls ein Elfmeterschießen. Das Rückspiel zwischen Nürnberg und Cottbus findet am Sonntag (15.30 Uhr/live in der ARD) statt.