Der ehemalige Dortmunder Trainer Ottmar Hitzfeld spricht im Abendblatt über den Erfolg von Jürgen Klopp und seiner Dortmunder Borussia.

Hamburg. Ottmar Hitzfeld, 62, führte Borussia Dortmund 1995 und 1996 als Trainer zur deutschen Meisterschaft. Jetzt trainiert er die Schweizer Nationalmannschaft.

Abendblatt: Herr Hitzfeld, kann man den aktuellen Titelgewinn mit Ihren Erfolgen in Dortmund in den Neunzigern vergleichen?

Ottmar Hitzfeld: Kaum. Wir hatten damals eine Mannschaft gespickt mit hochkarätigen Nationalspielern wie Jürgen Kohler, Karl-Heinz Riedle oder Andreas Möller. Wir zählten zu den Favoriten auf den Titel. Im Vergleich dazu ist der Erfolg von Jürgen Klopp ein kleines Fußball-Märchen. Diese Meisterschaft hatte doch niemand auf der Rechnung.

Wie ist die Rolle von Trainer Jürgen Klopp einzuschätzen?

Hitzfeld: Er ist ohne Frage der Baumeister dieses Erfolges. Er hat es geschafft, eine sehr junge Mannschaft zum Titelgewinn zu formen. Beeindruckt hat mich besonders, dass sich das Team von dem gesteigerten Erwartungsdruck in der Rückrunde überhaupt nicht hat irritieren lassen. Auch vereinzelte Rückschläge hat die Mannschaft sehr gut weggesteckt.

Ist dieser Titelgewinn gut für den deutschen Fußball?

Hitzfeld: Auf jeden Fall. Jürgen Klopp hat bewiesen, dass man auch mit sehr jungen Spielern Erfolg haben kann. Ich hoffe, dass dies auch ein Signal für die Bundesliga ist. Borussia hat allerdings auch davon profitiert, dass die deutsche Nachwuchsarbeit in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt hat. Zudem ist die heutige junge Spielergeneration charakterlich deutlich weiter als die vor 20 Jahren. Diese Spieler sind viel selbstbewusster.

Kommende Saison spielt Dortmund auch in der Champions League. Wie wird die junge Mannschaft diese zusätzliche Belastung verkraften?

Hitzfeld: Diesem Team fehlt sicherlich die Erfahrung für große internationale Aufgaben. Auf der anderen Seite hat die Mannschaft gerade durch die Jugend mehr Kraft. Das gleicht sich aus. Ich traue Dortmund auch in der Champions League durchaus etwas zu.

Klopp hat oft davon gesprochen, dass sich die Mannschaft auch privat sehr gut versteht. Kann es im Profi-Fußball wirklich so etwas wie "Elf Freunde müsst ihr sein" geben?

Hitzfeld: Auf jeden Fall macht die Mannschaft für mich einen sehr geschlossenen Eindruck. Klar ist natürlich, dass eine solche Erfolgsserie zusammenschweißt. Spannend wird sein, was passiert, wenn es zu den ersten Rückschlägen kommt.

Was ist die wichtigste Herausforderung für Dortmund?

Hitzfeld: Diese Mannschaft zusammenzuhalten. Der nationalen und internationalen Konkurrenz ist nicht verborgen geblieben, wie gut sich diese Spieler entwickelt haben. Die Profis werden Angebote erhalten, die finanziell deutlich über ihren jetzigen Einkünften liegen. Borussia hat zwar mit mehreren wichtigen Leistungsträgern langfristig verlängert. Doch auch dies schützt nicht vor Abwerbeversuchen.