Hamburg. Hamburg Freezers ziehen erste Konsequenzen aus der verkorksten Saison. Sportchef Richer ab sofort nicht mehr Co-Trainer.

Den Umkleideraum in der Barclaycard Arena hätten sie gern in seiner gewohnten Funktion genutzt, daran ließen sie keinen Zweifel. Doch während am Mittwochabend die Pre-Play-offs in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) begannen, saßen Geschäftsführer Uwe Frommhold, Sportdirektor Stéphane Richer und Cheftrainer Serge Aubin wenige Stunden zuvor in der Kabine, in der sich sonst die Profis der Hamburg Freezers für ihre Spiele bereit machen, und versuchten zu erklären, warum Hamburg in der schönsten Phase der Saison zuschauen muss.

Vorrangig bat das Führungs-Triumvirat allerdings um Aufschub, da man sich die nötige Zeit lassen wolle, um das Geschehene analysieren und die daraus notwendigen Schlüsse ziehen zu können. Mit einer 2:5-Heimniederlage gegen die Iserlohn Roosters hatten die Freezers am vergangenen Freitag das Erreichen der Viertelfinal-Qualifikation verspielt und letztlich mit Platz elf nach der Hauptrunde zum dritten Mal in ihrer Clubgeschichte und zum ersten Mal seit 2011 die Ausscheidungsspiele verpasst. „Wir haben bis fünf Minuten vor Ende des Spiels gegen Iserlohn, als wir 2:1 führten, noch fest daran geglaubt, dass wir es schaffen“, sagte Richer. „Das Aus kam für mich total überraschend, ich hätte das nicht erwartet“, sagte Aubin. Umso wichtiger sei nun, nicht in Panik zu verfallen und aus der Emotion heraus zu handeln. „Natürlich sind wir alle enttäuscht, und wir haben auch alle Fehler gemacht. Aber wir brauchen drei Wochen, um gründlich zu analysieren, was daraus folgen soll“, sagte Richer.

Niemand hätte drei Tage nach dem bitteren Ende eine fundierte Einzelkritik erwartet oder Beschlüsse darüber, welche Konsequenzen das Abschneiden für die Spieler haben wird. Eine wenig deutlichere (Selbst-)Kritik, gepaart mit der Ankündigung klarer Konsequenzen für einige offenkundig unter Erwartung gebliebene Akteure, hätte es aber schon sein dürfen. Stattdessen wurde abgewiegelt, beschwichtigt. „Die Mannschaft hat alles gegeben, ich werde niemanden anklagen. Wir gewinnen und verlieren als Team“, sagte Aubin.

Überraschend war vor allem, dass das Trio Einigkeit in der Frage demonstrierte, was sich an der Mentalität des Teams ändern müsse: gar nichts nämlich. „Ich bin stolz auf das, was wir uns in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Wir gelten als Club, in dem sich deutsche Spieler entwickeln, und wir haben den Ruf, dass wir unsere Spieler gut behandeln. Daran werden wir nichts ändern“, sagte Richer. Das verlangt auch niemand; wohl aber, dass man wieder Spieler verpflichtet, die sich auf langfristigen Verträgen nicht ausruhen und die bereit sind, das zu verkörpern, was Hamburg in den vergangenen Jahren stark gemacht hatte: dass zweifellos vorhandenes Talent nicht davon entbindet, zunächst harte Arbeit zu leisten.

Die Ankündigung, dass die Mannschaft am Montag wieder zum Training antreten und bis mindestens Ende März fünfmal in der Woche auf dem Eis arbeiten wird, solle nicht als Strafmaßnahme verstanden werden. „Es geht nicht darum, das Team zu bestrafen. Es geht darum, dass wir den Anspruch haben, auch im April noch Eishockey zu spielen, und da wir das leider nicht geschafft haben, trainieren wir eben“, sagte Richer. Der Nutzen einer solchen Maßnahme, die es in Hamburg bislang nicht gegeben hat, mag fragwürdig erscheinen, wenn sie nicht als Strafe empfunden werden soll. Richer sagte, man wolle dem Team die Chance geben, gemeinsam die Saison aufzuarbeiten, außerdem sollen Fitnesstests Aufschluss über die Trainingssteuerung über die Sommerpause geben können. „Wir wollen, dass alle mit einem positiven Gefühl in den Urlaub gehen und wissen, was wir in der kommenden Saison erwarten“, sagte der Sportdirektor.

Diese Funktion wird ab sofort auch die Einzige sein, die der Frankokanadier bekleidet. Seinen Zweitjob als Assistent Aubins gab er am Mittwoch offiziell auf. Er habe gemerkt, dass er nicht beiden Aufgaben vollumfänglich gerecht werden könne, hieß es zur Begründung. Dass nicht schon während der Saison darauf reagiert wurde, erklärte Frommhold damit, „dass eine schnelle Lösung nichts gelöst hätte“.

Der Mutmaßung, Aubin habe sich mit dem ihm vorgesetzten Richer an seiner Seite nicht als Chefcoach entfalten können, widersprach insbesondere der Chefcoach vehement. Niemals habe er sich zurückgesetzt oder unterdrückt gefühlt. Dass das im Umkehrschluss bedeutet, die volle Verantwortung für die harten Fakten – drittschlechtester Angriff, drittschlechteste Abwehr der Liga, drittschlechtestes Überzahlspiel und sogar zweitschlechteste Unterzahlmannschaft – übernehmen zu müssen, wird dem 41-Jährigen klar gewesen sein. Dass er dennoch das Vertrauen der Clubführung bekomme, rechne er dieser hoch an. „Ich werde alles geben, damit so eine Saison nicht noch einmal passiert“, sagte er.

Mit der Suche nach einem neuen Co-Trainer, in die Aubin involviert sein wird, wolle man sich ebenso Zeit lassen. Es sind also viele Fragen offen bei den Hamburg Freezers. Und ob die Antworten, die in den kommenden Monaten gefunden werden, richtig sind, wird man erst in einem Jahr wissen.