Acht Monate nach seinem Kreuzbandriss kehrt Eishockey-Nationaltorhüter Dimitrij Kotschnew ins Tor der Hamburg Freezers zurück. Sein Ersatzmann Sébastien Caron wird den Platz jedoch nicht kampflos räumen.

Hamburg. Wie es sein wird an diesem Freitag, wenn er zum ersten Mal als Wettkämpfer auf dem Eis stehen soll, seit ihm am 3. März beim 2:1-Heimsieg gegen Köln das vordere Kreuz- und das Innenband im linken Knie rissen, das wird Dimitrij Kotschnew in diesen Tagen oft gefragt. Er selbst hat sich diese Frage nicht gestellt. Für ihn, den deutschen Eishockey-Nationaltorhüter der Hamburg Freezers, ist dieses Spiel gegen die Düsseldorfer EG, das um 19.30 Uhr in der O2 World beginnt, nur eins von vielen Spielen, die er noch machen möchte in dieser Saison. Dass es das erste nach der schweren Verletzung ist, mag für andere ideellen Wert haben. Für Kotschnew war der große Schritt zurück der Tag im Oktober, als er sich bei Cheftrainer Benoît Laporte spielfähig meldete. „Seitdem bin ich vorbereitet und freue mich darüber, wieder zurück zu sein. Aber ich denke nicht 24 Stunden am Tag darüber nach.“

Torhüter müssen wahrscheinlich so sein, sie müssen alle Gedanken ausblenden, die sie ablenken könnten von ihrem Job, der mehr als bei allen anderen Spielern darin besteht, keinen Fehler zu machen, weil Torwartfehler eben meist Gegentreffer bedeuten. Und Kotschnew tut gut daran, sich auf die elementaren Dinge zu konzentrieren, denn er kehrt in eine andere Zweikampfsituation zurück als die, die es vor seinem Ausfall gab. Da war er die klare Nummer eins, sein Ersatzmann Niklas Treutle wusste immer, dass er Platz würde machen müssen, wenn der Platzhirsch zurückkehrt.

Doch weil Treutle mit einigen Patzern dazu beitrug, dass die Freezers zu Beginn dieser Saison ans Tabellenende abstürzten, spielt er mittlerweile beim EHC München. Im Kasten der Hamburger stand seit dem Gastspiel in Berlin am 18. Oktober mit Sébastien Caron ein NHL-erprobter Topmann, den Sportdirektor Stéphane Richer als Nothelfer aus Iserlohn holte, und auch dank dessen Rückhalt die Freezers fünf Siege aus sieben Spielen einfuhren. Ein Spieler wie der 33-Jährige lässt sich nicht einfach auf die Bank abschieben, so viel ist klar.

Trainer Laporte hatte bereits vor der jetzt zu Ende gehenden Länderspielpause erklärt, dass Kotschnew gegen Düsseldorf sein Comeback geben werde. „Dimi ist bereit, und er braucht Spielpraxis“, sagt er. Wie viel Spielpraxis der 32-Jährige jedoch bekommt, kann Laporte noch nicht sagen. „Wir müssen die Zukunft ebenso im Blick haben wie die Gegenwart, und in der müssen wir Spiele gewinnen. Deshalb wird der Torwart spielen, der besser in Form ist. Ich habe nichts gegen einen ehrlichen Zweikampf.“

Die beiden Kontrahenten auch nicht, zumindest offiziell. „Wir müssen beide hart trainieren und bereit sein. Beide wollen spielen, das ist ganz normal, aber der Trainer entscheidet, und ich stelle mich dem Zweikampf. Ich glaube auch, dass er uns beide stärker macht“, sagt Caron. Kotschnew sieht auch den Vorteil, einen hochkarätigen Ersatzmann neben sich zu haben. Das gibt ihm die Möglichkeit, auf die Signale seines Körpers zu reagieren und auch mal kürzerzutreten, wenn das Knie schmerzt. „Ich weiß, dass harte Wochen auf mich warten, und dass ich nicht spiele, wenn ich keine Leistung bringe. Dennoch ist es gut zu wissen, dass es vom Club keinen Druck gibt, unbedingt spielen zu müssen“, sagt er.

Das liegt vor allem daran, dass man Caron voll vertraut. Ob er nicht dennoch schlechte Stimmung befürchte, wenn beide Torhüter fit sind und deren Egos aufeinanderprallen? „Unsinn“, sagt Laporte. Er hat eine klare Linie vorgegeben, wer aus persönlichen Beweggründen Stunk macht, der spielt grundsätzlich nicht. „Das wissen die Jungs, daran halten sie sich, und alle freuen sich, dass Dimi wieder für uns aufläuft, auch Caron.“ Wer sich wie lange freut, kann dem Trainer egal sein, so lange seine beiden Torhüter halten, was sie können.