Stürmer Serge Aubin überragt bei den Hamburg Freezers trotz gebrochenen Kiefers. Der Kanadier spielte 396 Mal in der nordamerikanischen NHL.

Hamburg. Es ist ein gutes Zeichen, dass Serge Aubin wie vereinbart und pünktlich zum Gespräch erscheint. Zum einen bestätigt er damit seinen Ruf als zuverlässiger Profi, zum anderen können alle Fans der Hamburg Freezers beruhigt aufatmen. Trotz einer überragenden Leistung und zwei Toren am Dienstag gegen die Los Angeles Kings hat der NHL-Klub aus Kalifornien darauf verzichtet, den Mittelstürmer umgehend mit einem hoch dotierten Vertrag auszustatten. "Ich bin auch überrascht, dass sich mein Agent noch nicht gemeldet hat", scherzt der 36-Jährige.

Während Los Angeles sicher auch ohne den Spielmacher auskommen kann, hat sich Aubin bei den Freezers, die heute (19.30 Uhr, O2 World) in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) gegen den Meister Eisbären Berlin spielen müssen, bereits unentbehrlich gemacht. Rümpften einige Beobachter bei der Bekanntgabe des Transfers ob seines Alters die Nase, zeigte der 396-malige NHL-Profi, dass er nicht zum alten Eisen gehört. "Für mich ist das Alter nur eine Zahl. Ich fühle mich wie 30 und will hier nicht meine Karriere einfach so ausklingen lassen. Dafür bin ich noch viel zu hungrig auf Erfolg", sagt Aubin, der mit zwei Toren und fünf Vorlagen zweitbester Scorer der Freezers ist.

Zudem bewies der Familienvater, dass er der wohl härteste Profisportler der Stadt ist. Im Vorbereitungsspiel gegen Rögle BK Ende August landete ein Befreiungsschlag seines Mitspielers Kevin Schmidt mitten im Gesicht. Die Folge: Der ehemalige Kapitän der kanadischen Nationalmannschaft, dessen Frau Nathalie praktischerweise Zahnarzthelferin ist, verlor vier Zähne und zog sich einen Oberkieferbruch zu. Bereits drei Tage nach dem Unfall stand der Musterprofi in der Trainerkabine, um sich wieder einsatzbereit zu melden. Bis gestern lief er mit einem sperrigen Vollvisier aus Plexiglas auf ("Das beschlägt andauernd") und warf sich trotzdem in die Schüsse, als wäre nichts gewesen. "Es ist ein Privileg, Eishockey-Profi zu sein. Da muss man sich auch mal aufopfern. Schmerzen sind einfach Teil dieses Sports. Wenn ich nicht mehr bereit bin, Schüsse zu blocken, gehe ich nach Hause und höre auf", sagt Aubin und ergänzt mit einem Lachen: "Aber davon bin ich noch meilenweit entfernt."

Es ist genau diese Einstellung, die dem Offensivspieler großes Ansehen bei den Mitspielern einbringt. Aubin ist kein Lautsprecher, wohl aber jemand, dem jeder zuhört, wenn er etwas sagt. Dass er sich immer in den Dienst der Mannschaft stellt, ist angesichts seiner großartigen sportlichen Vita nicht selbstverständlich. So nahm er sich gestern Talent David Wolf zur Seite, um ihm Tricks beim Bully zu verraten. "Wir haben eine tolle Gruppe hier, und ich versuche meine Erfahrung an die jungen Spieler weiterzugeben", sagt Aubin.

Und diese jungen Freezers-Talente wissen diese Hilfe zu schätzen. Selbst Kapitän Christoph Schubert, der selbst 346-mal in der NHL auflief, blickt zu dem Routinier auf. "Serge hat so viel in seiner Karriere erreicht und hat ein riesengroßes Eishockey-Herz. Über seine spielerischen Qualitäten muss man nichts sagen. Er ist überragend", sagt Schubert. Auch Trainer Benoît Laporte ist voll des Lobes. "Jeder, der selbst mal ein guter Profi werden möchte, sollte sich Serge Aubin als Vorbild nehmen. Er ist ein Führungsspieler, wie man ihn sich nur wünschen kann."