Mit dem Kanadier verschlissen die ambitionierten, aber zu oft erfolglosen Hamburger bereits den vierten Coach innerhalb von sechs Jahren.

Hannover. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie schnelllebig das Profisportgeschäft ist, hätten ihn die Hamburg Freezers am vergangenen Wochenende geliefert. Nur wenige Tage nach einem überraschend deutlichen Treuebekenntnis zu Trainer Bill Stewart lieferten die "Eisschränke" am Freitag bei der 0:4-Heimpleite gegen die Straubing Tigers eine solch indiskutable Leistung ab, dass sich die Freezers-Führung gezwungen sah, den Coach noch am gleichen Abend doch zu entlassen.

Beim Nordderby gestern in Hannover stand Sportdirektor Bob Leslie hinter der Bande. Er soll die Mannschaft betreuen, bis ein neuer Trainer gefunden ist. Und anders als noch gegen Straubing sahen die 800 mitgereisten Hamburger Fans trotz der 4:5 (2:2, 0:2, 2:1)-Niederlage einen zumindest kämpferisch ansehnlichen Auftritt ihres Teams. "Wir haben im zweiten Drittel zwei individuelle Fehler gemacht. Das war entscheidend", sagte Leslie, der auch schon in Köln, Krefeld und Wolfsburg die volle Verantwortung trug. "Leider steht es für mich als Chefcoach der Freezers jetzt 0:1."

Grundsätzlich möchte Leslie gerne weiter als Sportdirektor arbeiten, Geschäftsführer Boris Capla sucht daher nach eigenen Angaben "zügig und gleichzeitig gewissenhaft" nach einem Nachfolger für Stewart. Das Profil: Er soll die Balance zwischen Kopf streicheln und hart durchgreifen finden. Doch zu allererst muss er sich auf die scheinbar Untrainierbaren einlassen. Stewart ist bereits der dritte von vier Freezers-Coaches, der seit 2002 vorzeitig seine Koffer packen muss. Wie Vorgänger Mike Schmidt scheiterte der Kanadier vor allem daran, dass hochbezahlte Leistungsträger die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllten.

Stewart hatte in den vergangenen Wochen alles versucht, um vor allem den ausländischen Schlittschuhcracks Beine zu machen. Doch ob mit öffentlicher oder interner Kritik, aufbauenden Worten, hartem oder lockerem Training - das einzig konstante blieb der mangelnde Einsatz und Esprit der vermeintlichen Stars. Statt den eigenen Ansprüchen entsprechend im oberen Tabellendrittel zu stehen, fristen die Freezers wie so oft in der Vergangenheit ein Dasein im Niemandsland der Deutschen Eishockey-Liga. Als Konsequenz der wiederholten Enttäuschungen bleiben immer mehr Zuschauer weg.

"Natürlich kann man immer hoffen, aber irgendwann muss man Entscheidungen treffen", sagte Capla. Und in diesem Fall ist der Trainer stets das schwächste Glied in der Kette der Verantwortlichen. Da ändert es auch nichts, dass die Mehrzahl der Hamburger Spieler erkannte, dass die Schuld an der jüngsten Misere nicht beim Trainer lag. "Wir haben ihn im Stich gelassen", sagte Kapitän Clarke Wilm und Stephan Retzer gestand sogar ein schlechtes Gewissen ein. Gestern hatte sich das allerdings schon wieder gelegt. "Man hat gesehen, dass wieder alle Spaß haben", sagte Retzer nach dem Spiel in Hannover. So schnelllebig ist eben das Profigeschäft.


Tore: 1:0 (1:46) Goc (Dolak, Vikingstad) 5-4, 1:1 (4:09) Delmore (Sarno, Fortier) 5-4, 2:1 (7:57) Schneider (Lambert, Ackeström) 5-4, 2:2 (13:19) Pielmeier (Delmore, Leask), 3:2 (28:46) Boos (Dzieduszycki, Mondt), 4:2 (37:56) Schneider (Goc), 5:2 (46:54) Mitchell (Schneider, Herperger), 5:3 (55:39) Delmore (Sarno, Blanchard), 5:4 (57:52) Wilm (Karalahti, Fortier) 5-4. Strafminuten: 12/16. SR.: Hascher (Miesbach). Z.: 8821.