Le Castellet. Der deutsche Ferrari-Star baut kurz nach dem Start einen Unfall und ist doppelt gestraft. Immerhin: Er macht noch das Beste daraus.

Crashpilot Sebastian Vettel hat die Führung in der Formel-1-WM nach nur einem Rennen wieder an Titelverteidiger Lewis Hamilton verloren. Nach einem Startunfall und einer Zeitstrafe kämpfte sich der Ferrari-Star am Sonntag beim Grand Prix von Frankreich zwar noch bis auf Rang fünf, war gegen seinen britischen Dauerrivalen aber chancenlos.

„Es war von Anfang an der Wurm drin. Dafür war der fünfte Platz okay“, sagte der Heppenheimer recht gefasst. Konkurrent Hamilton dominierte indes den achten WM-Lauf in Le Castellet auch dank eines um mindestens zehn PS verstärkten Mercedes-Motors und liegt nach seinem dritten Saisonsieg nun in der Gesamtwertung 14 Punkte vor Vettel.

„Genau da will ich sein“, sagte der 33-jährige Brite nach dem 65. Sieg seiner Karriere. „Ich bin sehr dankbar für ein starkes Wochenende. Das ist ein großartiger Tag, ich habe dieses Rennen genossen“, meinte er. Perfekt wurde das Wochenende für den Fußballfan durch den 6:1-Sieg Englands gegen Panama zuvor bei der WM. „Ich bin so glücklich für England.“ Sein Teamchef Toto Wolff war ebenfalls zufrieden: „Das Auto hat funktioniert, der Motor hat funktioniert, der Fahrer hat funktioniert – das hatten wir auch schon lange nicht mehr.“

Räikkönen rettet Ferraris Tag

Zweiter wurde der Niederländer Max Verstappen im Red Bull, Siegchancen hatte er aber nicht. „Es war hart, Lewis zu folgen“, meinte er. „Es ist aber immer gut, auf dem Podium zu sein.“ Kimi Räikkönen rettete als Dritter den Tag für Ferrari noch einigermaßen. Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas kam trotz eines Schadens am Boden nach dem Unfall mit Vettel noch auf den siebten Rang. Nico Hülkenberg wurde im Renault Neunter.

Vettel bietet sich im Duell der Vierfach-Weltmeister immerhin schon am kommenden Sonntag im österreichischen Spielberg und eine Woche später bei Hamiltons Heimrennen in Silverstone die Chance zur Revanche. Doch das könnte schwer werden für den 30-Jährigen. Denn Hamilton und der Mercedes präsentierten sich in Le Castellet nach dem Motor-Update in alter Stärke, nachdem sie noch zwei Wochen zuvor in Montreal beim überlegenen Erfolg von Vettel ohne Chance waren. Damals stand Mercedes der neue Motor noch nicht zur Verfügung.

Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs nahe der Côte d’Azur bestätigte der Brite dank des Power-Plus seine überzeugenden Auftritte im Training und in der Qualifikation. Von der 75. Poleposition seiner Karriere aus erwischte er einen perfekten Start.

Vettel doppelt bestraft

Doch hinter ihm knallte es: Vettel war von Platz drei auf weicheren Reifen als die silberne Konkurrenz gestartet und hoffte so, Hamilton und Bottas schon früh attackieren zu können. Gleich in der ersten Kurve berührten sich aber Vettels Ferrari und Bottas’ Mercedes. „Mann, das ist verrückt“, sagte Hamilton, als er die Szene nach dem Rennen auf dem Bildschirm sah.

Die Folgen des Unfalls: Vettel schleppte sich mit defektem Frontflügel in die Box, Bottas humpelte mit einem kaputten Hinterrad zum Reifentausch. Als Verursacher wurde der Deutsche mit eine Fünfsekundenstrafe belegt. „Letzten Endes war es meine Schuld“, sagte Vettel nach dem Rennen. Noch weiter hinten im Feld crashten die beiden Franzosen Pierre Gasly im Toro Rosso und Esteban Ocon im Force India ausgerechnet bei ihrem Heimatrennen und schieden aus.

Das Safety Car musste früh raus und bremste das Feld ein. „Die erste Kurve hatte nichts mit mir zu tun, richtig?“, fragte Hamilton. Sein Kommandostand konnte ihn beruhigen. Beim Re-Start in Runde sechs auf dem modernisierten Cicuit Paul Ricard verteidigte er ohne Mühe seine Führung vor Verstappen und Daniel Ricciardo.

Hamilton ungefährdet

Vettel startete von Rang 17 aus seine Aufholjagd: Mit der härtesten in Le Castellet verfügbaren Reifenmischung setzte er darauf, möglichst lange durchzufahren. Schon fünf Durchgänge später auf dem 5,842 langen Hochgeschwindigkeitskurs war der Hesse nach einem Überholmanöver gegen seinen Landsmann Hülkenberg als Zehnter in den Punkten. Und auch sein Unfallgegner Bottas arbeitete sich immer weiter nach vorn.

Vettel lag zwischenzeitlich sogar auf Rang vier. Doch mit zunehmender Dauer bauten auch seine Reifen ab. Gegen die vor ihm liegenden Konkurrenten hatte er keine Chance mehr und fuhr sicherheitshalber noch einmal zum Reifenwechsel raus. Zu mehr als Platz fünf reichte es nicht mehr. An der Spitze setzte Hamilton seine Solofahrt zu einem niemals gefährdeten Sieg fort. Als Williams-Pilot Lance Stroll mit einem Reifenschaden zwei Runden vor dem Ende liegen blieb, entschied sich die Rennleitung für das virtuelle Safety Car. Der Sieg für Hamilton stand endgültig fest.