Die neue Dominanz von Mercedes sorgt bei dem bisherigen Branchenprimus Red Bull für Verzweiflung. Zwischen den Top-Teams herrscht Eiszeit. Weltmeister Vettel glaubt nicht an einen Erfolg in China.

Shanghai. Sebastian Vettel blies die Backen auf und musste erst einmal durchschnaufen. „Puuuhhhhh“, entfloh es dem Red-Bull-Star auf die Frage, ob er beim Grand Prix von China am Sonntag (9 Uhr/RTL und Sky) in Shanghai endlich die bisher dominierenden Mercedes herausforden könne. Doch da gibt sich der Vierfach-Champion gar keinen Illusionen hin. Gegen die Silberpfeile von Nico Rosberg und Lewis Hamilton wird wieder nichts zu holen sein im Reich der Mitte - und das gefällt dem Seriensieger von einst gar nicht.

„Zwischen uns und Mercedes gibt es im Moment eine große Lücke. Es wäre eine massive Überraschung, wenn wir die hier schließen könnten“, sagte Vettel frisch frisiert und erklärte schon vor dem Rennen eine Kapitulation. Beim bisherigen Branchenprimus ist man mehr als pikiert, dass ihnen Mercedes im Moment regelrecht um die Ohren fährt. Während sich Vettel noch in Diplomatie übt, fliegen aus der Chefetage die ersten Giftpfeile.

Besonders nach der gescheiterten Berufung in der Benzin-Affäre um Vettels Kollegen Daniel Ricciardo herrscht zwischen den Rivalen eine eisige Atmosphäre. „Wir sind natürlich bitter enttäuscht“, sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko der Kleinen Zeitung, nachdem der Weltverband FIA Ricciardos Ausschluss aus der Wertung des Auftaktrennens in Australien wegen unerlaubt hohen Benzinverbrauchs Anfang der Woche bestätigt hatte, um danach erst richtig loszuwettern: „Noch mehr verblüfft uns aber die Sprache und die Aggressivität, mit der unser Mitbewerber Mercedes gegen uns argumentiert hat.“ Die Stuttgarter hatten eine noch drastischere Strafe als den getätigten Punktabzug gefordert.

Das war eine Retourkutsche des Traditionsrennstalls auf Vorgänge im vergangenen Jahr, als Mercedes nach einem umstrittenen Reifentest auf der Anklagebank gesessen hatte. Damals forderte Red Bull harte Sanktionen und legte Unterlagen vor, die Mercedes belasten sollten.

Durch Markos Attacke hat der Zoff zwischen den beiden Giganten seinen bisherigen Höhepunkt erreicht. Zuvor entzündete sich der Streit noch vor allem an den neuen Regeln und den angeblich zu leisen Motoren. „Jeder kritisiert die Formel 1 nur, weil Mercedes gewinnt. Es ist eine lächerliche Situation“, sagte etwa Niki Lauda, Aufsichtsrats-Chef der Silberpfeile. Marko konterte die gute Laune des Emporkömmlings nun: „Mercedes macht das ja nicht, weil sie Formel-1-geil sind, sondern damit sie ihr Altherren-Image wegbekommen. Wir machen es, damit wir Dosen verkaufen. Und Ferrari verkauft seine Autos. Letztlich ist die Formel 1 ein Marketing-Tool.“

Es geht es aggressiv zur Sache. Zwar wissen sie bei den Silbernen um ihren Vorsprung, doch kein Team fürchten sie im Kampf um die WM mehr als Red Bull. „Ich weiß, dass ich gewinnen kann. Das ist ein wahnsinniges Gefühl“, sagte etwa Rosberg, aber: „Red Bull wird wie verrückt angreifen.“ Doch die Lücke ist riesig. Das weiß auch Vettel. „Ich bin nicht da, wo ich sein will“, sagte der 26-Jährige: „Wir lernen noch und hoffen, im Laufe der Saison den Spieß umzudrehen.“ Doch bis dahin wird der Blondschopf wohl noch öfter die Backen aufblasen müssen.