Titelverteidiger Sebastian Vettel schiebt Mercedes die Favoritenrolle zu. Konkurrent Fernando Alonso kann sich eine Krise bei Red Bull nicht vorstellen. Rätselraten um Vettels Konkurrenzfähigkeit.

Melbourne. Immer wieder steckten Sebastian Vettel und Lewis Hamilton die Köpfe zusammen, sie scherzten und lachten. Mit der Frage nach dem Favoriten für die Formel-1-Saison 2014 verflog die gute Laune beim Titelverteidiger von Red Bull. „Für dieses Rennen Mercedes – nach drei, vier Rennen wissen wir dann ein bisschen mehr“, sagte Vettel kurz und knapp, während nun auch Hamilton neben ihm kaum eine Regung zeigte. Auf der anderen Seite von Vettel hielt sich Ferrari-Star Fernando Alonso ebenfalls bedeckt: „In 48 Stunden werden wir ein bisschen mehr wissen. Es ist eine ungewisse Situation für alle.“

Eine, die Vettel überstehen muss, wenn er am Ende dieser Saison doch seinen fünften WM-Triumph nacheinander feiern und mit Michael Schumachers Rekordserie von 2000 bis 2004 gleichziehen will. Da helfen dem Hessen auch schon mal Floskeln. „Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken“, betonte Vettel.

Am Donnerstag gegen 13.05 Uhr Ortszeit war der Vierfach-Champion am Eingang zum Fahrerlager im Albert Park von Melbourne vorgefahren. Auf der gut gefüllten Tribüne jubelten dem 26 Jahre alten Hessen kurz darauf etwa 100 Fans zu. Vettel ging zu ihnen und schrieb Autogramme, nach fünf Minuten musste er weiter. Was soll ich machen?, bedeutete wohl sein Schulterzucken in Richtung der Anhänger, als er gehen musste. Aber die Arbeit rief.

„Man kann die Probleme nicht über Nacht lösen“, meinte Vettel zu den eklatanten Schwierigkeiten, die sein neuer RB10 mit dem Kosenamen „Suzie“ bei den Testfahrten bereitet hatte. Er ist aber überzeugt, dass sich Red Bull in der Saison weiterentwickelt: „Wir haben ein starkes Team und clevere Leute an Bord. Ich bin zuversichtlich, dass nicht wir allzuweit von jetzt wieder in einer guten Form sein werden.“

Hinzu kommt: „Ein schnelles Auto zuverlässig machen, ist einfacher, als ein zuverlässiges schnell zu machen“, betonte Vettel. Für die anschließenden Rennen kann die Devise des 39-maligen Gewinners schließlich nicht – wie für den Großen Preis von Australien an diesem Sonntag (07.00 Uhr MEZ/RTL und Sky) – lauten: Hauptsache ankommen. Vettel versprach, trotz der Probleme in Melbourne bis zum Maximum zu pushen. Ob das gegen die Testweltmeister von Mercedes reicht? Wohl kaum.

Kommt nur die Hälfte der Starter ins Ziel?


Auch sein neuer Teamkollege Daniel Ricciardo geht von einem Auftakterfolg der Silberpfeile mit Nico Rosberg und Hamilton aus: „Für dieses Rennen würde ich mein Geld auf Mercedes setzen.“ Ex-Ferrari-Pilot Felipe Massa schloss sich den Tipps auf Mercedes an. Gleichwohl gilt der Brasilianer im Williams selbst als Kandidat auf einen der vorderen Plätze. „Ich denke, es kann eine schöne Saison für uns werden, wie schön, das weiß ich nicht“, meinte Massa.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff könnte damit sehr gut leben. Wenn einer direkt hinter den Silberpfeilen ins Ziel kommen soll, dann bitte Williams. Das britische Traditionsteam bekommt schließlich wie McLaren und Force India die neuen Antriebsstränge vom Stuttgarter Autobauer. Ganz nebenbei ist Wolffs Ehefrau Susie Testfahrerin bei Williams und er selbst Teilhaber.

Entscheidend für Teams wie Mercedes, Ferrari, Williams und Titelverteidiger Red Bull im Kampf um die WM mit insgesamt 19 Rennen wird mehr denn je die Standfestigkeit der hochsensiblen Autos mit ihren neuen Turbomotoren und dem Hybridsystem ERS mit 160 Zusatz-PS sein. Vettel rechnet beim ersten WM-Lauf damit, dass gerade mal 12 der 22 Starter das Ziel nach 307,574 Kilometern erreichen werden.

Ob der seit neun Rennen ungeschlagene Heppenheimer dazu zählt, ist fraglich. „Wir wissen, dass wir bis jetzt nicht in der besten Form sind“, räumte Vettel ein. Das Lächeln des Lausbuben nach den Scherzen mit Hamilton war da wieder verflogen.

Alonso glaubt nicht an eine Krise bei Red Bull


Fernando Alonso glaubt wenige Tage vor dem ersten Formel-1-Rennen 2014 nicht an eine Krise bei Sebastian Vettel und dem Weltmeisterteam Red Bull. „In der Vergangenheit hieß es schon oft, Red Bull sei am Ende, dabei war ihr Auto meistens das schnellste von allen“, sagte der spanische Ferrari-Star im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera: „Sie sind in der Lage, in zwei Rennen wieder an die Spitze zu fahren.“

Alonso, Weltmeister 2005 und 2006, will unabhängig von der Konkurrenz sein Bestes geben, um den Ferrari-Fans eine unvergessliche Saison zu bescheren. „Um zu gewinnen, bedarf es allerdings mehrerer Faktoren, inklusive Glück“, sagte der 32-Jährige: „Aber alles, was ich für den Erfolg unseres Teams tun kann, wird getan werden.“

Seine Beziehung zu seinem neuen Teamkollegen Kimi Räikkönen bezeichnete Alonso als „sehr gut. Bei uns gibt es keine Rivalität. Kimi und ich wissen beide, wie wir fahren müssen, um das Team zu stärken, dessen Erfolg über allem steht.“ Räikkönen sei seiner Meinung nach der schnellste Pilot im Feld: „Er hat mit Lotus um den Titel gekämpft, und das ist schon eine Leistung.“