Weltmeister Sebastian Vettel spielte in Bahrain mit der Konkurrenz. „Je mehr seine Rivalen ihn beschimpfen, desto härter schlägt er zurück“, schreibt „Repubblica“.

Manama. Kurz vor dem Abflug nach Europa erwies Sebastian Vettel seinem Lieblingsschauspieler John Travolta noch alle Ehre. Wie der Pulp-Fiction-Star ist auch der Blondschopf ein Meister im Auflegen des Pokergesichts. Also machte Vettel nach seinem Triumph in Bahrain ernste Miene zum leichten Spiel und sagte artig: „Die WM dauert noch sehr lange. Lotus ist verflixt schnell und mit Ferrari ist immer zu rechnen.“

Eine hollywoodreife Vorstellung nach seiner Alleinfahrt durch die Wüste von Sakhir. Denn alle fragen sich nur noch: Wer soll den Weltmeister in dieser Form noch stoppen? „Vettel rennt Alonso davon“, schrieb der „Corriere dello Sport“. Und „Repubblica“ analysierte: „Je mehr seine Rivalen ihn beschimpfen, desto härter schlägt er zurück. Wenn seine historischen Rivalen versuchen, ihn psychologisch zu vernichten, rächt er sich auf der Strecke, indem er weit und breit dominiert und dem Rennen ein unglaubliches Tempo verleiht. Er siegt mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die er nicht zu verbergen versucht“. Der Dominator Vettel hat sich nach all den Streitigkeiten um die Eskalation in der Stallorder-Affäre bei Red Bull endgültig zurückgemeldet.

Und selbst seine ärgsten Gegner im Rennen um seine vierte WM-Krone mussten nach dem vierten Rennen der Saison die Überlegenheit des Heppenheimers anerkennen. „Wir waren chancenlos. Platz zwei war das Maximum, was wir erreichen konnten“, sagte „Iceman“ Kimi Räikkönen frustriert. Und Fernando Alonso, der wegen technischer Probleme nur auf Platz acht landete, meinte: „Sebastian war nicht zu halten.“ Aber Alonso wäre nicht Alonso, wenn der stolze Spanier bei Twitter nicht eine Kampfansage hätte folgen lassen: „Ein Samurai ist ein Krieger, der alles als Herausforderung annimmt.“

Doch zum Fürchten ist im Moment Vettel – und nicht Formel-1-Samurai Alonso. Die Super-Hirne bei Red Bull scheinen die Reifenprobleme an Vettels „Hungry Heidi“ in den Griff bekommen zu haben. Das ist eine gute Nachricht für Vettel und eine ganz, ganz schlechte für Räikkönen und Alonso. Denn dass Vettel Auto fahren kann, dürfte hinlänglich bekannt sein. Die schnellste Rennrunde im 55. Umlauf ließ erahnen, wie überlegen der 25-Jährige wirklich war. Sie war nicht nötig, aber Vettel war in seinem Sturm und Drang nicht aufzuhalten. „Vettel ist jetzt wieder auf der Flucht“, meinte „Tuttosport“.

„Er hätte noch viel schneller sein können. Er ist aber erst 25 Jahre alt“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner, „ich denke, seine beste Zeit kommt noch, je mehr Erfahrung er sammelt.“ Die Formel 1 könnte in diesem Jahr zu einer ähnlichen One-Man-Show ausarten wie 2011, als Vettel mit 122 (!) Punkten Vorsprung Weltmeister wurde. Nach dem vierten Saisonrennen und seinem insgesamt 28. Grand-Prix-Sieg hat Vettel (77) bereits wieder zehn Zähler Vorsprung auf Räikkönen (67). Dahinter rangieren Lewis Hamilton (Mercedes/50) und Alonso (47) mit bereits 30 Punkten Rückstand.

Ex-Rennfahrer Christian Danner hat die Hoffnung auf einen spannenden Fight um die WM noch nicht aufgegeben. „Ich bleibe bei meinen drei Kandidaten: Kimi, Alonso, Vettel. Je näher die beieinander sind, umso besser“, sagte der RTL-Experte, „ich würde gern einmal einen direkten, harten Kampf sehen. Wenn Kimi mal Seb Saures gibt – darauf freue ich mich. Das werden wir dieses Jahr bestimmt noch sehen.“ Und wenn nicht, macht Vettel sicher weiter ernste Miene zum leichten Spiel.