Der Formel-1-Weltmeister baut seine Führung mit einem Erfolg in Bahrain aus. Rosberg kann den besten Startplatz nicht nutzen, Alonso von der Technik gebremst

Manama. Was haben sie in der Formel1 nicht alles unternommen, um für ausreichend Abwechslung zu sorgen. Erst teilte der Weltautomobilverband Fia das Qualifying in drei Abschnitte, dann führte er das Tankverbot ein. Zuletzt schanzte Chefpromoter Bernie Ecclestone dem italienischen Hersteller Pirelli das Reifenmonopol zu - mit dem klaren Auftrag, für mehr Boxenstopps und somit mehr Abwechslung auf der Piste zu sorgen. Und was machen Sebastian Vettel, Kimi Räikkönen und Romain Grosjean? Sie fahren in Bahrain einfach in derselben Reihenfolge über den Zielstrich wie im vergangenen Jahr.

"Am Anfang war es etwas haarig, in Führung zu kommen", sagte der Deutsche nach seinem zweiten Saisonsieg glücklich: "Aber von da an war es ein perfektes Rennen. Ich konnte das Geschehen von der Spitze aus kontrollieren und Reifen schonen." Ähnliche Worte hatte er auch vergangenes Jahr gefunden. Da war er allerdings von der Poleposition aus zu einem Start-Ziel-Sieg gerast. In diesem Jahr musste er erst noch Trainingssieger Nico Rosberg überholen, was ganze drei Umläufe lang dauerte. Danach drehte der Hesse einsam seine Runden - zumindest an der Spitze des Feldes gab es dieses Mal denkbar wenig Abwechslung. "Es ist eine der schönsten Trophäen, die man im Laufe der Saison gewinnen kann", sagte er mit Blick auf den kunstvoll geschwungenen Pokal.

Auch sein Arbeitgeber bekam eine Trophäe überreicht. In Empfang genommen wurde die von Red-Bull-Elektronikingenieurin Gille Jones, die dem Erinnerungsfoto von dem Podest zumindest einen Hauch Einmaligkeit verlieh: Frauen auf dem Treppchen sind ein äußerst seltenes Bild in der Formel 1. Nicht nur bei Jones, die einige Mühe hatte, den schweren Pokal in den wolkenlosen Wüstenhimmel zu wuchten, war die Genugtuung spürbar.

Erleichtert fielen sich Red-Bull-Teamchef Christian Horner und Designer Adrian Newey in die Arme. Der Stallorder-Eklat in Malaysia, als Vettel entgegen der Absprache an Mark Webber vorbeigezogen war, hatte der Autorität der beiden Briten tiefe Kratzer zugefügt. Nach Gerüchten, dass sich Geldgeber Dietrich Mateschitz zurückziehen könnte, falls der Streit innerhalb seines Formel-1-Rennstalls anhalten sollte, fühlte sich der überzeugende Erfolg ihres Spitzenfahrers für sie an wie ein Befreiungsschlag.

Vettels Vorsprung war zwischenzeitlich so groß, dass er die Palmen am Streckenrand hätte zählen können. Oder die Zuschauer auf den Tribünen. Nur sehr wenige Menschen waren zum Bahrain International Circuit im Süden der Hauptstadt Manama gekommen, viele hatten sich im Vorfeld durch die Unruhen und die massiven Sicherheitsmaßnahmen in dem Königreich abschrecken lassen. Noch am Vormittag vor dem Rennen war es zu Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen, die für mehr Demokratie und Menschenrechte auf die staubigen Straßen gingen, und der Polizei gekommen. Die Rauchsäulen von verbrannten Autoreifen waren von der Strecke aus zu erkennen. König Hamad Bin Isa al-Khalifa kam trotzdem zu dem Ergebnis, dieses Wochenende habe vor allem einen großen Gewinner: "Bahrain."

Die sportlichen Sieger hießen neben Vettel diesmal Räikkönen und Grosjean. Das Lotus-Duo ging nach einem schwachen Qualifying nur von den Startplätzen acht und elf ins Rennen, schob sich durch kluges Haushalten mit den Reifen aber noch bis auf das Podest nach vorn. Vor allem der Finne entwickelt sich immer mehr zum ärgsten Verfolger des deutschen Titelverteidigers, auch wenn er nach dem Rennen gewohnt cool sagte: "Nach dem Qualifying ist das ein sehr gutes Ergebnis für uns. Aber es ist auch kein Grund, jetzt durchzudrehen." Zehn Punkte trennen die beiden, die in ihrer Freizeit gern Badminton gegeneinander spielen.

Vettels großer Rivale Fernando Alonso ist hingegen vorerst aus der WM-Spitzengruppe herausgefallen. Ein Defekt am Heckflügel zwang den Ferrari-Star zu zwei frühen Boxenstopps. Die warfen ihn weit zurück ins Mittelfeld des Feldes, wo er sich in Zweikämpfen mit Hinterherfahrern wie Pastor Maldonado oder Charles Pic aufrieb. Am Ende holte er als Achter immerhin vier Punkte - mehr war an diesem Tag nicht möglich für den Spanier, der mit drei Erfolgen öfter in Bahrain gewonnen hat als jeder andere Pilot.

Auf seinen ersten Sieg am Persischen Golf hatte Mercedes-Pilot Nico Rosberg gehofft - mit einigem Recht. Zum zweiten Mal in seiner Karriere ging er von der Poleposition in ein Formel-1-Rennen, doch nach fünf Minuten war die Herrlichkeit schon vorbei. So lange brauchte Vettel, um ihm die Spitze abzujagen. In den folgenden Umläufen verlor der gebürtige Wiesbadener Platz um Platz; erst zog Alonso spielerisch leicht an ihm vorbei, dann Paul di Resta im überraschend starken Force-India-Boliden, der am Ende starker Vierter wurde.

"Die Freude über die Poleposition war schnell dahin. Das ist unglaublich und sehr ernüchternd für mich", meinte Rosberg nach dem Rennen fassungslos über die schnell abknickende Leistungskurve seines Dienstwagens. Nach insgesamt vier Boxenstopps fuhr der 27-Jährige als Neunter über den Zielstrich und hat damit so viele Positionen verloren wie kein anderer Top-Ten-Pilot.

Sein Silberpfeil-Stallgefährte Lewis Hamilton fuhr ein deutlich besseres Rennen und schob sich von Startplatz neun, auf den er wegen eines Getriebewechsels zurückversetzt worden war, noch auf Rang fünf nach vorn. Praktisch in der letzten Kurve des Rennens überholte er nach einem hochklassigen Zweikampf Red-Bull-Fahrer Webber und hat nun mehr als dreimal so viele WM-Zähler auf dem Konto wie sein Teamkollege. Der hatte im Interview mit der "Welt am Sonntag" noch forsch angekündigt: "Der Aufschwung kommt zwar später als erhofft. Aber jetzt ist er da." Zumindest in Bahrain war davon nicht viel zu sehen.