In Australien wird am Wochenende die Jagd auf den dreimaligen Formel-1-Weltmeister eröffnet, doch der zeigt sich gelassen.

Melbourne. Von Trennungsabsichten will Sebastian Vettel nichts wissen. "Der WM-Pokal soll noch etwas länger in meiner Vitrine stehen bleiben. Das ist auch der Grund, warum ich Formel 1 fahre", sagte der Titelverteidiger vor dem Start der neuen Saison am Sonntag in Melbourne (7 Uhr MEZ, RTL live). Auch drei WM-Triumphe in Serie haben den Hunger des Hessen nach immer neuen Siegen und Rekorden nicht gestillt. Vier Titel nacheinander, das haben bislang nur Ikone Juan Manuel Fangio und Rekordchampion Michael Schumacher geschafft.

Im Jahr nach Schumachers endgültigem Rücktritt will Vettel es nun seinem Kumpel nachmachen und die fast unglaubliche Erfolgsstory fortschreiben. "Ich liebe den Sport und die Herausforderung", erklärte der 25-Jährige seine ungebrochene Motivation. Schon am Montag machte sich der Heppenheimer auf den Weg Richtung Südsee, um sich frühzeitig für den Großen Preis von Australien zu akklimatisieren.

Bloß nicht nachlassen, nichts als selbstverständlich nehmen - das ist Vettels Devise. Auch nach 26 Grand-Prix-Siegen und 36 Pole Positions in nur 101 Rennen sieht der jüngste Dreifach-Weltmeister der Geschichte noch immer genug Raum für Verbesserungen. "Das ganze Team darf sich trotz des Erfolges niemals auf die faule Haut legen", befahl der Red-Bull-Pilot. Vettel kennt das Spiel ja längst zur Genüge. "Man muss von Anfang an versuchen, sich einen Vorsprung zu anderen Teams zu erkämpfen, und dann geht der Druck immer weiter, weil man diesen Vorsprung ja verteidigen muss", erklärte er.

Auf das Vertrauen aus der Heimat kann Vettel schon mal zählen. Immerhin 48 Prozent der Deutschen halten den Red-Bull-Piloten auch in diesem Jahr wieder für unschlagbar, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der dpa ergab. Auch Schumacher setzt auf Vettel. "Als Freund von Sebastian und angesichts der konstanten Leistung auch seines Teams würde ich wahrscheinlich auf ihn tippen", sagte der 44-Jährige auf seiner Homepage.

Es werde aber "alles sehr eng zugehen", warnte Schumacher seinen PS-Erben. Vorsicht ist geboten: An den zwölf Testtagen gelang Red Bull nur einmal die Bestzeit durch Mark Webber in Barcelona. Ansonsten gab die Form des Branchenführers eher Rätsel auf. "Wir wären ja dumm, hier zu sitzen und das Kaliber unserer Gegner zu unterschätzen. Ich bin sicher, dass dieses Jahr eine knappe und harte Saison wird", vermutete Teamchef Christian Horner bereits.

Vettel aber zeigt sich gelassen. Er gibt nicht viel auf Testzeiten und erstaunliche Toprunden, wie sie zuletzt dem Mercedes-Duo Lewis Hamilton und Nico Rosberg gelangen. "Eigentlich lassen alle erst beim Qualifying in Melbourne die Hosen runter", urteilte Vettel. Und selbst vom Ausgang des ersten der 19 Saisonrennen will er sich nicht beeindrucken lassen. "Sehr spezifisch" sei der Stadtkurs im Albert Park, zu wenig Rückschlüsse seien daher möglich.

Mindestens bis zum Ausflug nach Bahrain müsse man sich mit Prognosen gedulden, glaubt Vettel. "Ich denke, nach den ersten vier Rennen wissen wir ein bisschen mehr. Aber mehr als ein Trend wird das auch nicht sein", sagte er. Vettel ist bereit für einen weiteren WM-Krimi. Denn diesen Pokal, den will er nicht hergeben.

Zur offiziellen Nummer eins wird Vettel aber bei Red Bull auch in diesem Jahr nicht erklärt. Der Australier Mark Webber soll auch in seine womöglich letzte Formel-1-Saison als formal gleichberechtigter Partner des Hessen gehen. "Er hat es gegen Vettel nicht leicht, aber das Team garantiert ihm gleiches Material und gleiche Behandlung", versicherte Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz. Für Vettel kein Problem: "Red Bulls Philosophie war es schon immer, keinen Nummer-1-Piloten zu haben. Es ist doch eher im Sinne des Wettbewerbs, wenn jeder Fahrer gleiche Chancen hat. Nichts Neues, wir bleiben uns einfach treu."

Noch mehr als Webber muss Vettel aber vermutlich andere Gegner fürchten. Fernando Alonso sieht Ferrari diesmal schon von Beginn an als titelfähig an. Jenson Button hat in Melbourne bereits dreimal gewonnen und dürfte auch in diesem Jahr im McLaren wieder vorn dabei sein. Mateschitz sieht Lotus-Fahrer Kimi Räikkönen "unter den Top vier". Und nach den starken Testeindrücken müssen alle plötzlich auch wieder Mercedes auf der Rechnung haben.

Entsprechend gut gelaunt meldete sich der neue Silberpfeil-Star Lewis Hamilton bereits aus Australien. "Zurück in Melbourne, tolles Wetter und was für eine großartige Stadt. Ich bin so froh, hier zu sein", twitterte der Brite kurz nach seiner Ankunft.