Hamburg. Der Karlsruher Tennisprofi Yannick Hanfmann ist seit Geburt schwerhörig – und in dieser Saison so stark wie noch nie.

31 Jahre ist Yannick Hanfmann mittlerweile alt, aber eine Phase wie die, die der Karlsruher Tennisprofi aktuell erlebt, ist Neuland für ihn. „Die vergangenen Monate sind so schnell vergangen, dass ich gar nicht weiß, ob ich all die Erfahrungen schon verarbeiten konnte“, sagte Hanfmann, als er am Sonntagnachmittag in der DTB-Lounge am Rothenbaum über seine Erwartungen für die anstehende Turnierwoche sprechen sollte. „Es ist so viel Gutes passiert, ich hoffe, dass ich auf dieser Welle noch ein bisschen weiterreiten kann.“

Bis auf Position 46 der Weltrangliste hat sich der 1,93 Meter lange Rechtshänder vorgearbeitet, weil er zum vielleicht ersten Mal in seiner Karriere nicht von Verletzungen oder Krankheiten ausgebremst wurde, sondern seine Saison so durchziehen konnte, wie er es in der Vorbereitung in Argentinien, wo er mittlerweile in der Off-Season trainiert, geplant hatte.

Zwei Matches als Wendepunkte

Mit dem schönen Nebeneffekt, dass mit wachsendem Erfolg in seinem Kalender vorgesehene Challengerturniere durch ATP-Events ausgetauscht werden konnten. „Das ist einerseits eine tolle Situation, andererseits aber auch anstrengend, weil ich quasi ohne Pause durchspiele“, sagte er.

Tennisprofis können oftmals einzelne Matches benennen, die sie als Wendepunkte einer Saison ausgemacht haben. Für Yannick Hanfmann waren es zwei Höhepunkte, die sein Selbstvertrauen auf ein neues Level hoben.

Zum einen der Sieg über den russischen Top-Ten-Spieler Andrej Rubljow (25/Nr. 7), der am Sonntag den Titel in Bastad (Schweden) gewann, den er beim Masters in Rom im Achtelfinale 7:6 (7:5), 4:6, 6:3 bezwang. Zum anderen der Fünfsatzsieg über den Brasilianer Thiago Monteiro (29/Nr. 122) in der ersten Runde der French Open in Paris. „Rubljow zu schlagen, das war Wahnsinn. Und dann gegen Monteiro über mehr als fünf Stunden auf Topniveau zu bestehen, das hat mir gezeigt, zu was ich fähig bin“, sagte er.

Noch kein Sieg gegen Auftaktgegner

Am Rothenbaum lief es bei seinen bislang zwei Teilnahmen mäßig, über das Achtelfinale kam Yannick Hanfmann nicht hinaus. Dass aller guten Dinge drei sind, ist in diesem Jahr trotz seiner Formstärke auch nicht sicher, denn zum Auftakt trifft der Spätstarter, der nach dem Abitur in Los Angeles studierte und erst mit Mitte 20 im Profibereich Fuß fasste, auf seinen Trainingspartner Francisco Cerundolo.

Gegen den 24 Jahre alten Argentinier, Hamburg-Halbfinalist von 2022 und mittlerweile auf Rang 20 der Welt geführt, hat er seine bislang drei Duelle verloren, das letzte in der zweiten Runde der French Open. „Es wird Zeit, dass ich gegen ihn mal einen Sieg in die Bilanz bringe. Auch wenn die Auslosung hart ist, freue ich mich auf das Match. Es wird eine echte Herausforderung“, sagte er.

Dass er solche auch abseits des Courts bestehen kann, beweist Hanfmann seit seiner Geburt. Wegen eines verwachsenen Knochens in seinem Ohr ist er schwerhörig – ein erblich bedingtes Problem, das sein Vater und seine Schwester teilen. Auch wenn die Schwerhörigkeit zu Hause selbstverständlich war, habe sie ihn geprägt, sagte er in einem früheren Gespräch. „Ich wollte immer alles mitbekommen, das war leider nicht möglich und das empfand ich als unangenehm.“

Hanfmann war anfangs Fußballer

Seine sportliche Karriere begann er als Fußballer beim Karlsruher SC, doch weil er irgendwann die Zurufe seiner Mitspieler und Trainer nicht mehr hörte, wechselte er zum Tennis, wo er nicht auf Hinweise von außen angewiesen ist. Auf dem Court trägt er sein Hörgerät nicht – und empfindet die reduzierte Lautstärke sogar als angenehm.

„Den Schiedsrichtern sage ich, wenn sie zu leise reden. Aber ich kriege nicht alles mit, was auf den Tribünen gerufen wird“, sagte er. Auf das Anfeuern der Fans in Hamburg freue er sich natürlich trotzdem. „Ich werde alles geben, damit ich das Publikum hinter mich bringe.“