Hamburg. Kristina und Jörg Anrecht belohnen seit 2019 Duos, die als Einheit auftreten, mit dem Harmonie & Fairness-Preis. Der sorgt für Aufsehen.

  • Das Ehepaar Anrecht haben sich ein Zeil gesetzt: Sie wollen den Pferdesport verändern
  • Sie setzen sich für eine bessere Behandlung der Tiere im Sport ein
  • Dafür haben dei beiden sogar einen Preis gespendet – vergeben wird er vom Publikum

Das Wohnzimmer ihres Penthouses an der Elbchaussee könnte auch als Blumenfachgeschäft durchgehen. Den runden Esstisch schmückt eine große Glasvase mit weißen Lilien, auf dem langgezogenen Wohnzimmertisch blühen, auf fünf Vasen verteilt, rund 150 Rosen in pink und rosé.

„Meine Frau liebt frische Blumen sehr, alle paar Tage kommen neue“, sagt Jörg Anrecht. Eine Liebe zum Detail ist das, die man sich nicht nur leisten können, sondern auch leisten wollen muss. Genau dieser Anspruch ist es, der Kristina und Jörg Anrecht zu Pionieren des Pferdesports gemacht hat.

Seit 15 Jahren besitzt die ambitionierte Hobby-Dressurreiterin eigene Pferde, vier sind es mittlerweile, die in einem Hof in Sülldorf untergebracht sind. Der Sport ist für das Ehepaar Ausgleich zum Berufsleben, in dem der 54-Jährige als Inhaber der Vermögensberatungsfirma Anrecht Investment mit Zentrale in Schenefeld und Filialen am Neuen Wall und in Uetersen sieben Tage in der Woche Kunden betreut und seine 16 Jahre jüngere Frau das Büro leitet.

Pferde als Partner fürs Leben

„Pferde sind für uns kein Wirtschaftsgut, wir sehen sie als Partner fürs Leben“, sagt Jörg Anrecht, der den Sport seit vielen Jahren finanziell unterstützt, aber an klassischem Sponsoring „mit einer Werbebande und einem Infostand“ nie Interesse hatte.

Immer wieder stieß den beiden auf Turnierbesuchen auf, dass das unbedingte Gewinnenwollen dazu führte, Pferde zu überfordern und dadurch unangemessen zu behandeln. „Unsere Empfindung war, dass auch das Publikum das bisweilen als störend wahrgenommen hat. Wir fanden, dass dort ein Umdenken stattfinden musste“, sagt er.

Daraus entstand die Idee für den „Harmonie & Fairness“-Preis. Dieser belohnt das Duo, das sich als harmonischste Einheit präsentiert und den Eindruck hinterlässt, dass Mensch und Tier in angemessener Form miteinander interagieren.

Preis wird vom Publikum vergeben

Das Besondere: Vergeben wird er nicht von Wertungsrichtern, sondern vom Publikum, das auf der Internetseite harmonie-fairnessvoting.de abstimmt. Und dabei sind nicht nur die Zuschauer gefragt, die live in den Arenen dabei sind, sondern auch alle, die am Fernseher oder vorm Internetstream die Turniere verfolgen.

2019 wurde der Preis auf dem Hamburger Spring- und Dressurderby, das an diesem Mittwoch in Klein Flottbek beginnt, erstmals ausgelobt, was durchaus Symbolcharakter hat. „Hamburg ist unsere Heimat, das Turnier ist etwas ganz Besonderes. Außerdem haben wir in Derbychef Volker Wulff einen Menschen gefunden, der mit genauso viel Herzblut wie wir für den Pferdesport brennt“, sagt Kristina Anrecht.

Anfangs war die Skepsis groß, weil die Wertungsrichter befürchteten, das Publikumsvoting solle ihnen Konkurrenz machen. „Aber wir wollten nie die sportliche Entscheidung beeinflussen, sondern einen Zusatzanreiz bieten, um positivere Bilder zu schaffen“, sagt Jörg Anrecht.

München und Balve sind neu dabei

Das scheint gelungen. Nicht nur, weil Reiterinnen und Reiter auf Fehler ihrer Tiere im Dressurviereck mittlerweile seltener strafend reagieren. Sondern auch, weil nun mehrere große Turniere den „Harmonie & Fairness“-Preis, den sich die Anrechts als weltweite Marke haben schützen lassen, vergeben.

Nach der Pandemie war der Weltcup in Leipzig Anfang 2022 das erste Turnier außerhalb Hamburgs, in diesem Jahr folgte Neumünster. Am Himmelfahrtstag ist das Ehepaar erstmals in München, um dort seinen Preis zu vergeben, Anfang Juni dann steht die Premiere bei den deutschen Meisterschaften in Balve an. 2024 ist die Einführung eines internationalen Awards geplant, der noch eine Stufe höher angesiedelt sein soll.

Dotiert ist der Preis mit 10.000 Euro

Dotiert ist jeder Preis mit 10.000 Euro. Nur das Derby hat auch hier ein Alleinstellungsmerkmal, weil es das einzige Turnier ist, auf dem auch Springreiter ausgezeichnet werden. Diese erhalten 10.000 Euro, die Dressurreiter die Hälfte. Dafür engagieren sich die Anrechts in Hamburg zusätzlich in der Ausgestaltung des Dressurstadions.

So werden in diesem Jahr zum Beispiel am Abreiteplatz mehr Sitzgelegenheiten für ältere Menschen bereitgestellt, außerdem werden Familien aus sozial benachteiligtem Umfeld eingeladen, um das Derbyflair erleben zu können. Es gibt viel zu tun, um den Pferdesport auf Trab zu bringen, und die Anrechts wollen helfen, wo sie können.