München. Schwerer Rückschlag im Meisterrennen für Borussia Dortmund. Im Topspiel beim FC Bayern kassierte der BVB eine 2:4 (0:3)-Niederlage.

Es wirkte, als habe sich ein schwarzes Loch vor Gregor Kobel aufgetan in jenem verhängnisvollen Moment, der das Topspiel kippen ließ. Entschlossen stürmte der Dortmunder Torhüter auf den Ball zu, entschlossen wollte er diesen in Richtung Oberrang des Münchener Stadions dreschen. Stattdessen: das Nichts. Kobels Fuß berührte nur die Luft, langsam trudelte das weiße Leder ins Dortmunder Tor.

Dayot Upamecano hatte den Pass aus der Abwehr herausgespielt, plötzlich durfte er sich in die Torschützenliste eintragen; es folgten die Treffer von Thomas Müller (18./23.) und Kingsley Coman (50.), Emre Can (72.) und Donyell Malen (90.) verkürzten. Borussia Dortmund überzeugte nur bis zur 13. Minute, bis Kobel folgenschwer patzte, anschließend dominierte der FC Bayern die 90 Minuten und schob sich durch einen 4:2 (3:0)-Erfolg vor 75.000 Zuschauerinnen und Zuschauern wieder auf den ersten Platz der Bundesliga-Tabelle. Auf den Rang also, auf den sich die Münchener von ihrem Selbstverständnis her immer verorten. Zwischenzeitlich erinnerte der Abend des BVB wieder an vergangene Schlappen im Süden Deutschlands.

Dabei hatte der FC Bayern in der Länderspielpause für Popcorn-Momente gesorgt. Julian Nagelsmann wurde überraschend vor die Säbener Straße gesetzt, Thomas Tuchel übernahm seinen Trainerjob. Viel Zeit blieb dem 49-Jährigen, der 2017 Dortmund im Unfrieden verlassen hatte, nicht bis zum Topspiel.

Möglicherweise hatte der Rekordmeister deswegen zu Beginn Respekt vor dem eigentlich formstarken Rivalen. Bei den Dortmundern hatte es Nico Schlotterbeck nach seinen leichten Muskelproblemen, die er von der Nationalmannschaft mitgebracht hatte, in die Startelf geschafft, gemeinsam mit Niklas Süle sollte er in der Innenverteidigung die Münchener Offensive ärgern. Julian Brandt kehrte nach seinem Muskelfaserriss zurück.

Kobels Aussetzer bringt BVB auf Verliererstraße

Die Münchener ließen die Dortmunder zunächst beim Spielaufbau in der Viererkette gewähren, mehrfach eröffnete Rechtsverteidiger Marius Wolf vielversprechende Angriffe. In der siebten Minute etwa stürmte der Neu-Nationalspieler durch mehrere Doppelpässe durch das bayerische Mittelfeld, schickte Kapitän Marco Reus in den gegnerischen Sechzehnmeterraum, dessen Schuss im letzten Moment vom grätschenden Matthijs de Ligt abgewehrt wurde. Die Schwarz-Gelben, zu diesem Zeitpunkt noch Tabellenführer, begannen selbstbewusst, stark. Einziger Kratzer war die frühe Gelbe Karte für Emre Can (12.).

Da könnte etwas gehen, dachte man in diesen ersten Minuten. Doch dann traf Torhüter Gregor Kobel nur die Luft – und das Unheil nahm seinen Lauf.

Der FC Bayern erinnerte jetzt an einen wütenden Terrier, Leon Goretzka köpfte, schoss. Joshua Kimmich streichelte eine Ecke in den Sechzehnmeterraum, de Ligt setzte sich gegen Nico Schlotterbeck durch und am langen Pfosten lauerte Thomas Müller, der den Ball auf seine eigene Art reinstocherte (18.). Ein 33-jähriges Schlitzohr, das noch nicht genug hatte.

Nur fünf Minuten später verlor Julian Ryerson ein Duell auf seiner linken Seite, dadurch hatte Leroy Sané viel Zeit, um die linke Ecke anzuvisieren. Gregor Kobel ließ den Schuss abprallen, Müller spekulierte und hüpfte vor Freude über sein zweites Tor, das, da musste man kein Prophet sein, schon so etwas wie die Entscheidung darstellte.

FC Bayern lässt noch weitere Chancen liegen

Das Dortmunder Selbstbewusstsein hatte das Kobelsche Luftloch weggepustet; kaum etwas wollte noch funktionieren, die Offensivreihe blieb meist einfach vorne stehen, während die Münchener immer wieder auf die gegnerische Viererkette zu rauschten. Benjamin Pavard hätte treffen können (29.), Eric Maxim Choupo-Moting roch am vierten Tor (39.). Genauso Kingsley Coman (41.). Zu allem Überfluss schmerzte der Muskel von Nico Schlotterbeck wieder, in der 42. Minute musste der Nationalspieler runter, Mats Hummels betrat den Platz. Kurze Zeit später war Coman schon an Kobel vorbeigekurvt, blieb dann jedoch im Rasen hängen.

In der Halbzeit reagierte Edin Terzic, Julian Ryerson und Julian Brandt blieben in der Kabine, für sie zogen sich Donyell Malen und Salih Özcan das Trikot über. Raphael Guerreiro rückte aus dem Zentrum auf die linke Seite der Viererkette. Besser wurde nichts.

Kingsley Coman traf nach einer herausragenden Vorarbeit von Leroy Sané in der 50. Minute, weitere Münchener Angriffe folgten, vor allem Choupo-Moting war einem weiteren Tor sehr nah. Dafür verkürzte Emre Can, nachdem Jude Bellingham vom eingewechselten Serge Gnabry gefoult worden war, durch einen Strafstoß (72.). Donyell Malen brachte Dortmund sogar noch näher heran (90.).

Aber: Dieser Dortmunder Abend war ein schmerzhafter, bezeichnenderweise wurde Kapitän Marco Reus schon in der 61. Minute ausgewechselt.