Essen. Hansi Flick nominiert für die ersten Länderspiele 2023 die BVB-Profis Marius Wolf und Emre Can. Etablierte müssen zu Hause bleiben.

Frankfurt am Freitagmittag, vor dem neuen Campus des Deutschen Fußball-Bundes fängt die Wiese an, in die Höhe zu wachsen, die Sonne kämpft sich durch die Schleierwolken am Himmel, Vögel zwitschern. Der Frühling kündigt sich an, der ja immer den Zauber eines Neuanfangs versprüht.

Kurze Zeit später veröffentlicht an diesem Freitag auch Bundestrainer Hansi Flick sein Aufgebot für die ersten beiden Länderspiele im Jahr 2023 gegen Peru (25. März) in Mainz und Belgien (28. März) in Köln, die nach dem trüben WM-Aus in Katar ebenfalls so etwas wie ein Neufang werden sollen. In nicht mal anderthalb Jahren beginnt die Heim-Europameisterschaft, bis dahin muss die Euphorie wachsen.

Und der Kader des 58-Jährigen überrascht, einige Profis werden am kommenden Sonntag im Hotel Melia in Frankfurt ihre Koffer auspacken, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hätte. Etwa Marius Wolf (27), der bei Borussia Dortmund als ruppiger Außenspieler bislang eine bemerkenswerte Rückrunde spielt. Genauso Emre Can (29), ebenfalls Dortmunder, ebenfalls eher ruppig, beim BVB gehört er derzeit im Mittelfeldzentrum zu den Auffälligen. Rechtsverteidiger Josha Vagnoman (22) vom VfB Stuttgart darf sich erstmals Nationalspieler nennen, auch Stürmer Mergim Berisha (24) vom FC Augsburg sowie Kevin Schade (21) vom FC Brentford und Felix Nmecha (22) vom VfL Wolfsburg bewegen sich zum ersten Mal im Kreis von Flicks Mannschaft.

Süle und Sané bleiben zu Hause

Andere müssen überraschend zu Hause bleiben. Etwa Offensivspieler Leroy Sané (27) vom FC Bayern. Oder Verteidiger Niklas Süle (27) vom BVB. Der Plan sei, sagt Hansi Flick, diesmal etwas auszuprobieren und anderen Spielern Raum zu geben. „Deswegen haben wir uns so entschieden. Das hat nichts mit der Leistung zu tun. Ich habe mit jedem gesprochen. Unsere Aufgabe ist es, dass wir Alternativen suchen, um den Kader etwas breiter zu machen.“

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Deswegen erhalten Thomas Müller (33/Bayern München), Ilkay Gündogan (32/Manchester City) und Antonio Rüdiger (30/Real Madrid) ebenfalls eine Pause. Für die Dortmunder Mats Hummels (34) und Marco Reus (33) dürfte es hingegen schwierig werden, noch einmal in den Kader zurückzukehren.

Flick hofft auf mehr Verantwortung bei Ginter und Kehrer

Eine Mannschaft lebe von einem stabilen Kern, aber auch neue Einflüsse seien wichtig, meint Hansi Flick. „Wir wollen sehen, wie sich die jungen Spieler integrieren, wenn die etablierten wegfallen.“ Abwehrspieler Matthias Ginter (29/SC Freiburg) solle nun mehr Verantwortung übernehmen, Thilo Kehrer (26/West Ham United) könne eine neue Rolle einnehmen. Bayerns Joshua Kimmich (28) wird die Mannschaft als Kapitän auf den Rasen führen. Der eigentliche Kapitän, Torhüter Manuel Neuer (36), fehlt noch lange aufgrund eines Unterschenkelbruchs. Gegen Peru und Belgien soll deswegen Marc-André ter Stegen (30/FC Barcelona) auf der Linie stehen.

„Wir wollen erfolgreich sein. Wir erwarten von der Mannschaft, dass sie sich zerreißt“, sagt Hansi Flick. Mit Rückkehrer Emre Can habe er schon vor der WM gesprochen, damals habe dieser zu wenig Einsätze in Dortmund gehabt, um mit nach Katar zu reisen. „Jetzt waren seine letzten Spiele richtig gut, das habe ich ihm gesagt.“

Wirtz kehrt nach Kreuzbandriss ins DFB-Team zurück

Zudem eröffnen sich für Hansi Flick in der Offensive durch die Genesung von Timo Werner (27/RB Leipzig) und Florian Wirtz (19/Bayer Leverkusen), beide verpassten die WM, neue Möglichkeiten. Wirtz, eines der größten deutschen Talente, fehlte beim DFB aufgrund eines Kreuzbandrisses fast anderthalb Jahre. Seine Leistungen in Leverkusen seien nun wieder beeindruckend gewesen, meint Flick. „Das hat mir sehr gut gefallen, aber wir müssen ein bisschen auf ihn aufpassen. Er muss auch mal aussetzen.“

Es gelte nun, so Flick, die bittere Weltmeisterschaft in Katar abzuhaken. Auch die Diskussion über die „One Love“-Binde, die bei dem Turnier für großen Wirbel gesorgt hatte, beschäftigte ihn nicht mehr. „Für mich ist das überhaupt kein Thema mehr. Die Mannschaft soll Fußball spielen, das ist ihr Auftrag. Wir sollten nach vorne schauen, eine gute EM spielen.“

Davor gilt es, wieder enger mit den Fans zusammenzurücken. Der neue Sportdirektor Rudi Völler hatte bereits angekündigt, dass es mehr öffentliche Einheiten geben solle. Schon am Montag gibt es deswegen die Chance, die Spieler zu bestaunen. Der Deutsche Fußball-Bund verlegt das Training extra ins Stadion am Brentanobad in Frankfurt und hofft, dass den Neuanfang vor der Heim-EM möglichst viele Anhängerinnen und Anhänger verfolgen möchten. Die Temperaturen sollen bis dahin in jedem Fall frühlingshaft bleiben.