München. Das 5:3 des FC Bayern gegen den FC Augsburg ist der nächste Schritt auf der Erfolgswelle. Das Betriebsklima wird besser.

Am Sonntag lohnte der Besuch des öffentlichen Trainings für die Fans des FC Bayern trotz des nasskalten Schmuddelwetters ganz besonders. Denn zu besichtigen waren auf dem Hauptplatz an der Säbener Straße Spieler, die bei derartigen Gelegenheiten meist allenfalls schemenhaft hinter Glasscheiben bei ihrer Regeneration zu erspähen sind. Diesmal aber fanden sich unter dem etwas sperrigen Titel „Spielersatztraining“ auch solch prominente Fanlieblinge wie Thomas Müller und Kingsley Coman auf dem Rasen ein.

Anders als im Regelfall hatten die eigentlichen Stammkräfte tags zuvor kaum oder gar nicht mitgewirkt beim 5:3 (4:1)-Sieg gegen den FC Augsburg. Sie waren weitgehend geschont worden am Ende einer erfolgreichen englischen Woche, die am Mittwoch als Höhepunkt den Einzug ins Viertelfinale der Champions League bereitgehalten hatte und damit auch die Grundlage zur nachhaltigen Stabilisierung des Betriebsklimas. Drei Tage nach dem 2:0 gegen Paris Saint-Germain bestand die nächste Erfolgsmeldung vor allem darin, gegen Augsburg die bisherigen Sorgenkinder Leroy Sané, Serge Gnabry, João Cancelo und Sadio Mané erfolgreich eingegliedert zu haben. „Die haben durch die Bank ein super Spiel gemacht“, lobte Joshua Kimmich die erstmals seit längerer Zeit wieder von Beginn an eingesetzten Kollegen. Zudem war der marokkanische Nationalspieler Noussair Mazraoui zu seinem ersten Kurzeinsatz gekommen, nachdem er seit der WM wegen einer Herzbeutelentzündung ausgefallen war.

Sané, Cancelo und Mané betreiben Eigenwerbung

Besonders offensichtlich hatten sich Sané und Cancelo gegen den FCA mit je einem Tor und einer Vorlage sowie einem engagierten Vortrag hervorgetan. Auf den lange verletzten Mané entfielen zwei Vorlagen, darunter die besonders hübsche per Fallrückzieher für Benjamin Pavards Volleytor. Bald darauf mimte der Verteidiger erneut einen Mittelstürmer, als er einen Scherenschlag vollführte und damit erstmals in seiner Karriere zwei Tore in einem Spiel erzielte. Auch Gnabry brachte sich gut ein, wenngleich der deutsche Nationalspieler keinen Scorerpunkt verzeichnete. Dafür punktete Gnabry mit seinem meinungsstarken Schlussstrich unter die Debatte um seinen Privatausflug zur Fashion Week im Januar, der ihm viel Kritik eingebracht hatte, auch von Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Zu viel Kritik, wie Gnabry nun befand. „Manchmal finde ich es ein bisschen zu krass. Irgendwann ist es auch genug“, sagte der 27-Jährige und bezog den zuletzt auf dem Boulevard ebenfalls oft an den Pranger gestellten Sané mit ein. „Wenn zwei Leute für eine Serie verantwortlich gemacht werden, macht es für mich nicht den größten Sinn. Aber als Sportler muss man damit umgehen, wenn es einen selbst oder die Mitspieler trifft“, sagte Gnabry. Sein Selbstbewusstsein hatte er bereits gegen PSG nach seiner Einwechselung mit seinem Tor zum 2:0 gestärkt.

Wenn die Zeichen nicht trügen, dann befindet sich der FC Bayern gerade in einem Trend zu Flow und Friede, die sich ja gegenseitig bedingen. Acht der vergangenen neun Pflichtspiele seit Anfang Februar haben die Münchner gewonnen, nur die 2:3-Niederlage in Mönchengladbach kam störend dazwischen. Auch die instabile Wiederaufnahme des Spielbetriebs zu Jahresbeginn mit den drei 1:1 in Leipzig sowie gegen Köln und Frankfurt ist abgehakt. Mittlerweile prägen die beiden Siege ohne Gegentor gegen Paris (1:0/2:0) trotz Lionel Messi und Kylian Mbappé die Bewertung. Zudem haben die Bayern als Tabellenführer nach Borussia Dortmunds 2:2 im Revierderby beim FC Schalke 04 am Sonnabend zwei Punkte Vorsprung. Nach der Länderspielpause Ende März empfangen die Münchner am 1. April den BVB und könnten mit einem Sieg gegen den Verfolger den Titelkampf in der Bundesliga womöglich schon vorentscheiden. Im DFB-Pokal stehen sie ebenfalls aussichtsreich im Viertelfinale gegen den SC Freiburg. Und innerbetrieblich scheinen sie gerade auf einen fruchtbaren Zustand zuzusteuern, in dem sich so gut wie alle wieder wertgeschätzt und eingebunden fühlen. Von einem neuen Wir-Gefühl ist bereits die Rede. Das könnte in der entscheidenden Saison noch besonders wichtig werden.

Nagelsmann kann über Makel hinwegsehen

Diese Gesamtlage erlaubte es Trainer Julian Nagelsmann, generös über die Makel gegen Augsburg hinwegzusehen. Darunter über den Rückstand in der zweiten Minute, als Angreifer Mergim Berisha das erste seiner beiden Tore erzielte und damit vor den Augen von Bundestrainer Hansi Flick für seine mögliche Nominierung warb. Nagelsmann war das 0:1 „ehrlich gesagt egal“, wie er angab, „wichtig ist die Reaktion. Wenn wir danach wegbrechen, dann wär’s dramatisch.“ Doch weil sich seine Elf umgehend straffte und bis zur Pause auf 4:1 davonzog, bestand kein Anlass für neue Debatten, nachdem sich die Münchner gerade erst einiger Diskussionen entledigt hatten. Sané hatte das 4:1 nach einem Abpraller mit großer Entschlossenheit per Kopf erzielt. Am Sonntag kam er nach seinem Einsatz über 90 Minuten in den Genuss, nicht am Spielersatztraining teilnehmen zu müssen. Blicken ließ er sich trotzdem bei den Fans im Schneeregen. Sané schrieb Autogramme.