Oberhof. Superstar Bö holt mit Röiseland in der Single-Mixed-Staffel sein fünftes Gold bei der Biathlon-WM in Oberhof. Deutsches Duo auf Rang sechs.

Andrea Henkel-Burke verfolgte den Rennverlauf im Innenraum der Rennsteig-Arena gebannt auf der großen Videowand. Nervös hüpfend und freudig in die Hände klatschend, wenn bei Sophia Schneider und Philipp Nawrath die Scheiben zuklappten. Für die einstige Superschützin aus Großbreitenbach, die mittlerweile in Lake Placid (USA) lebt, wäre die Single-Mixed-Staffel ein maßgeschneidertes Format gewesen. Bei dem jüngsten Ableger der Skijäger (seit 2019 im WM-Programm) kommt es vor allem auf Coolness und Treffsicherheit am Schießstand an.

Nawrath: „Es ist hektischer als auf Schalke“

„Es ist hektischer als auf Schalke“, zeigte sich Nawrath beeindruckt vom Tempo und gestand: „Da haben wir gesehen, wo die Musik spielt.“ Dennoch war der Allgäuer mit dem sechsten Platz nicht unzufrieden, „weil wir vorher gar nicht wussten, wo wir uns einordnen würden“. Und Schneider, die sich beim zweiten Liegendanschlag eine Strafrunde leistete, gestand: „Für eine Medaille muss halt alles passen.“ Dafür waren zwölf Nachladepatronen einfach zu viel. Der Rückstand auf die Spitze betrug letztlich 1:30.7 Minuten.

Oberhof wird zu „Böberhof“

Ganz vorn bot sich den 11.300 Zuschauern derweil das altbekannte Bild. Norwegens Superstar Johannes Thingnes Bö überquerte breit grinsend als Erster die Ziellinie und wischte sich demonstrativ den Angstschweiß von der Stirn. In Führung liegend hatte er sich beim letzten Liegendschießen nämlich ebenfalls eine Strafrunde eingehandelt, musste die Lücke zu Österreich und Italien wieder zulaufen, bewies aber dann beim Stehend-Showdown seine Extraklasse.
Fünfter Wettbewerb, fünfter Titel: Oberhof wird zu „Böberhof“. Nach 35:37.1 Minuten setzte er sich mit Marte Olsbu Röiseland (1 Strafrunde/6 Nachlader) am Ende vor den Österreichern Lisa Theresa Hauser und David Komatz (13,8 Sekunden zurück/0+6) sowie Lisa Vittozzi und Tommaso Giacomel aus Italien (51,0 Sekunden/2+9) durch. „Single-Mixed ist wie ein Formel-1-Rennen“, sagte der Dominator hinterher begeistert. „Man schießt schneller als normal, die Führung wechselt ständig. Das ist alles andere als leicht.“

Doch am Ende behielt er wieder die Oberhand und ist damit der erste männliche Skijäger, der bei einer WM fünfmal Gold gewann. Bö hat zudem weiter die Chance, als erster Biathlet siebenmal Gold in sieben Rennen zu holen. Röiseland ist indes mit ihrem 13. WM-Titel nun Rekordweltmeisterin und löste Magdalena Neuner (12) ab. Ein Fakt, den sie freudestrahlend zur Kenntnis nahm: „Magdalena war eine großartige Biathletin. Ich bin sehr glücklich, sie überholt zu haben.“

Von der Norwegerin, aber auch von Denise Herrmann-Wick oder der Französin Julia Simon, versucht sich Sophia Schneider jeden WM-Tag etwas abzuschauen: „Man kann sich von jeder Einzelnen ganz viel raussuchen“, sagte sie. Das gelte es dann „zusammenzusetzen und so die perfekte Athletin zu erstellen.“ Nach ihren überraschend guten Plätzen sieben, fünf und 13 bei ihren Einzelstarts von Oberhof sei das Selbstvertrauen „auf jeden Fall gestiegen“. Dass sie läuferisch mit den Weltbesten mithalten kann, überrascht sie selbst.

Sophia Schneider "Ich versuche weiter mein Ding zu machen"

Erst seit diesem Winter gehört sie zum Weltcup-Team und präsentierte sich vor der heimischen Kulisse erstaunlich abgeklärt. Die kleine Euphoriewelle um ihre Person nimmt sie zwar zur Kenntnis, will sich dadurch aber nicht von ihrem Weg abbringen lassen: „Natürlich steigt die Aufmerksamkeit. Doch ich versuche weiter mein Ding zu machen. Ich bin immer noch dieselbe Sophia.“ Das kann sie bereits am Samstag unter Beweis stellen. Nach dem wettkampffreien Freitag sollen dann in den Staffeln die nächsten deutschen Medaille her.

„Wir sind in diesem Winter in allen Staffeln immer dabei gewesen. Es wäre gelogen, wenn ich nicht sagen würde, dass wir da aufs Treppchen wollen“, gab sich Sportdirektor Felix Bitterling kämpferisch. Und auch Sprint-Weltmeisterin Herrmann-Wick kündigte an: „Wir wollen noch einmal angreifen.“