Melbourne. Alexander Zverev hat die zweite Runde der Australian Open erreicht. Gegen den Peruaner Juan Pablo Varillas benötigte er fünf Sätze.

Als alles vorbei war für den prominenten Grand-Slam-Rückkehrer, da sah es zuerst nach reinem Alltagsgeschäft im fernen Melbourne aus, nach einem dieser x-beliebigen Siege in Runde eins gegen einen unbekannten Außenseiter. Alexander Zverev tippte sich nach dem zweiten, verwandelten Matchball an den Kopf, führte ein kurzes Selbstgespräch, schlenderte dann – nach einem kurzen, lächelnden Seitenblick zur Players Box – ehe er gemächlich zum Netz ging. Er schüttelte die Hand seines unterlegenen peruanischen Rivalen Juan Pablo Virallas, dann ging er seelenruhig weiter zu seinem Pausenstuhl, legte den Tennisschläger ab. Nur Routine, das Ganze – oder was?

Von wegen. Was ihm dieser Erfolg, dieser Comeback-Moment, dieses ganze Australian-Open-Erlebnis bedeuteten, wurde ein paar Sekunden später deutlich. Da nämlich stand Zverev wieder mittendrin in der Margaret-Court-Arena und setzte zu einem langgezogenen, markerschütternden „Jaaaaaa“-Schrei an, so durchdringend und laut, als ob er seine Freude und Erleichterung bis in die deutsche Heimat herüber verkünden wollte. Dabei ging es ihm, zurecht und verdientermaßen, vor allem um sich selbst und seine Psyche: „Das musste einfach mal raus. Ich habe das alles ja in den letzten Monaten sehr vermisst“, sagte Zverev, „ich bin extrem glücklich jetzt.“ Was immer nun noch komme, so Zverev, sei beinahe egal: „Für mich ist das Turnier schon jetzt ein Erfolg.“

Grand-Slam-Comeback nach sieben Monaten Pause

4:6, 6:1, 5:7, 7:6 (7:3), 6:4 – so lautete, in nüchternen Zahlen, die Abrechnung nach vier Stunden und sechs Minuten in Melbournes National Tennis Center, das erste Grand-Slam-Arbeitszeugnis für Zverev nach jenem verhängnisvollen French-Open-Halbfinaltag, an dem seine Karriere im dramatischen Match gegen Rafael Nadal die bisher schlimmste Wendung genommen hatte. Sieben Bänder waren gerissen bei Zverev, sieben Monate dauerte es, bis er sich wieder auf größter Tennisbühne vorstellte, bei einem der vier Grand-Slam-Wettbewerbe.

„Der Fuß hat gehalten, der Kampfgeist, die Mentalität waren da. Mehr konnte ich gar nicht erwarten“, sagte Zverev nach dem Sieg . Sein Gegner, ein peruanischer Sandplatzspezialist, der als Lucky Loser ins Hauptfeld gekommen war, forderte Zverev über fünf wechselvolle Akte alles ab. Fast schon zu viel, denn bei einem 1:2-Satzrückstand und Tiebreak-Glücksspiel im vierten Durchgang stand der 25-jährige Hamburger beinahe vor dem Erstrunden-Knockout.

Boris Becker zollt Anerkennung

„Er hat das Spiel seines Lebens gemacht, es war ein richtig hartes Ding da draußen“, so Zverev. Er bewahrte aber kühlen Kopf, holte sich den Tiebreak und war, wenn auch körperlich schon am Limit, noch hellwach genug, um im Entscheidungssatz cool wie ein Spitzenmann zuzuschlagen. Bei 5:4-Führung gewann er einige der sogenannten Big Points und siegte schließlich. „Wie du nach so einer Pause gewinnst, ist egal. Du musst gewinnen, das zählt“, sagte Zverev.

Aus der Ferne zollte ihm Boris Becker Anerkennung: „Er hat sich durchgebissen. Er hatte kritische Phasen im Spiel, ist da aber immer wieder gut herausgekommen“, sagte der Eurosport-Experte, „dieser Sieg wird ihm Selbstvertrauen geben, mehr Zuversicht.“ Wie er den Kraftakt über mehr als vier Stunden verkraftet und verdaut habe, werde sich zeigen, meinte Zverev, „heute jedenfalls fühlte ich mich voll okay“.

Struff ist raus, Siegemund und Maria spielen am Mittwoch

Während Zverev sein Comeback unter einem geschlossenen Hallendach gab, musste auf den Außenplätzen der Spielbetrieb wegen Temperaturen jenseits der 35 Grad Celsius für gut drei Stunden unterbrochen werden. In der Hitze schied Jan-Lennard Struff gegen den US-Amerikaner Tommy Paul mit 1:6, 6:7 (6:8) und 2:6 aus.

Die Spiele von Laura Siegemund und Tatiana Maria, den beiden letzten im Turnier verbliebenen DTB-Spielerinnen, wurden wegen der Terminverzögerungen auf Mittwoch verlegt.