Malaga/Essen. Die deutschen Tennis-Herren treffen im Viertelfinale der Davis-Cup-Endrunde in Malaga auf Kanada. Schwere Aufgaben für Otte und Struff.

23 Grad und Sonne Ende November, das würde vielen Deutschen, die im Spätherbst unter grauem Himmel darben, gut gefallen. Dass Michael Kohlmann nun in Malaga erklärte, niemand sei bereit, an diesem Freitag bereits wieder nach Hause zu fliegen, hatte allerdings auf ganz andere Art mit dem Klima zu tun, als man vermuten würde. Die deutschen Tennisherren, die der 48 Jahre alte Hagener als Teamchef anführt, treffen in der sechstgrößten Stadt Spaniens bei der Davis-Cup-Endrunde an diesem Donnerstag (16 Uhr/Servus TV) im Viertelfinale auf Kanada.

Zwei Einzel und ein Doppel entscheiden über das Weiterkommen, und da die Nordamerikaner mit Felix Auger-Aliassime (22/Nr. 6) und Denis Shapovalov (23/Nr. 18) zwei Spitzenspieler aufbieten, die in der Weltrangliste in den Top 20 und damit weit vor ihren deutschen Kontrahenten Oscar Otte (29/Essen/Nr. 65) und Jan-Lennard Struff (32/Warstein/Nr. 152) geführt werden, gelten sie als klarer Favorit. Trotzdem glaubt Kohlmann an eine Überraschung: „Die Herangehensweise ist, dass wir keine Partie verlieren wollen“, erklärt der Teamchef.

Deutschland siegt im Davis Cup gegen Frankreich mit 2:1

Den deutschen Assen kommt daher gar nicht in den Sinn, die Waffen in Form ihrer Tennisschläger bereits vorzeitig zu strecken. Und ihr Anführer hat dafür zwei Gründe ausgemacht. Zum einen das aus Kevin Krawietz (30/Coburg) und Tim Pütz (35/Frankfurt am Main) bestehende Doppel, das seit 15 Partien ohne Niederlage ist und – sollten Struff oder Otte für eine Überraschung sorgen – gegen Kanadas Duo, das erst am Spieltag benannt wird, als Sieggarant aufschlagen dürfte. Zum anderen baut Kohlmann auf das Binnenklima im Team, das er seit seiner Amtsübernahme im Februar 2015 gepflegt hat.

Eingeschworene Gemeinschaft

Bis auf Boris Becker, der weiterhin in England in Haft sitzt, ist das Team um die Spieler seit vielen Jahren das gleiche. „Wir sind eine ziemlich verschworene Gemeinschaft, das merkt jeder, der neu dazu kommt, sehr schnell“, sagt Kohlmann – und seine Spieler bestätigen das. Auch ohne den weiterhin verletzten Spitzenmann Alexander Zverev (25/Hamburg) könne die Geschlossenheit dafür sorgen, Berge zu versetzen, um stärker eingeschätzte Gegner ins Tal der Tränen zu schicken. „Wir haben das im vergangenen Jahr in Innsbruck im Viertelfinale gegen die Briten bewiesen, warum sollte es uns hier nicht erneut gelingen?“, fragte Kohlmann.

Deutsche Tennis-Damen schaffen den Klassenerhalt

Um die passende Antwort darauf zu geben, müssen Otte und Struff allerdings zum Ende einer für sie beide schwierigen, weil von Verletzungen gestörten Saison einen deutlichen Leistungssprung schaffen. Bei der Zwischenrunde Mitte September am Hamburger Rothenbaum, wo Deutschland mit 2:1-Siegen über Australien, Belgien und Frankreich als Gruppenerster die Endrundenqualifikation geschafft hatte, war Otte bei seinem Debüt im Nationaldress ohne Sieg geblieben. „Dennoch waren die Erfahrungen, erstmals für mein Land zu spielen und die Abläufe kennen zu lernen, extrem wichtig“, sagt der Wahl-Essener. Struff, der sich im Davis Cup längst zum Führungsspieler entwickelt hat, unterstrich, dass die drei Einzelsiege in Hamburg seinem Selbstvertrauen einen wichtigen Schub gegeben haben. „Mein Jahr war nicht gut, aber für mein Land und das Team zu spielen, das pusht mich immer noch ein bisschen mehr“, sagte der Sauerländer, der Mitte Oktober zum zweiten Mal Vater eines Sohnes geworden war und sich deshalb drei Wochen Auszeit gegönnt hatte.

Letzter deutscher Sieg 1993

Weil auch Denis Shapovalov zwischen seinem letzten ATP-Turnier und dem Davis Cup auf den Malediven urlaubte und Felix Auger-Aliassime in der vergangenen Woche bei den ATP-Finals in Turin (Italien) gefordert war, ist die deutsche Hoffnung, dass Kanadas Topleute nicht in Bestform in Andalusien antreten. 1993 konnte zuletzt ein deutsches Team den Davis Cup gewinnen. „Irgendwann wollen wir das wieder schaffen. Warum nicht hier?“, sagte Kohlmann noch. Erst nach dem Finale am Sonntag zurückzufliegen, das hätte doch was.