Frankfurt/Maskat. Die deutsche Nationalmannschaft startet in die WM-Vorbereitung. In diesem Jahr ist alles anders als sonst – nicht nur sportlich.

Der Sonntag war noch einmal ein unruhiger Tag für Hansi Flick. Der Bundestrainer musste bangen und hoffen, dass ihm sein WM-Kader erhalten bleibt, dass Mario Götze und Kevin Trapp für Eintracht Frankfurt sowie Matthias Ginter und Christian Günter für den SC Freiburg ihre Einsätze unbeschadet überstehen würden, was nach den letzten Bundesligaspielen des Kalenderjahres augenscheinlich der Fall war.

Und so konnten auch sie zur Reisegruppe im Hilton Airport Hotel am Frankfurter Flughafen stoßen, wo am Sonntag Flicks Mission startete – die in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich ist, vor allem außergewöhnlich kompliziert. Eine Weltmeisterschaft aus dem laufenden Betrieb heraus, das gab es noch nie, und so sind die anstehenden Tage eng getaktet. An diesem Montag absolviert die Mannschaft in Frankfurt noch letzte Sponsorentermine, dann geht der Flug in den Oman. Gegen Mitternacht ist die Ankunft geplant, diesmal im Luxushotel am Flughafen von Maskat, gleich an der Küste.

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Am Dienstag dann das erste und letzte Training vor dem ersten und letzten Testspiel gegen den Gastgeber Oman (Mittwoch, 18 Uhr MEZ/RTL) – und am Donnerstag dann der Flug nach Katar und der Transfer ins „Zulal Wellness Resort“ im Norden des Landes. Am Samstag erst beginne die Vorbereitung auf den Auftaktgegner Japan (23. November/14 Uhr MEZ/ZDF), hat Flick wissen lassen und die Reiserei gleich auch gerechtfertigt: „Die Alternative wäre gewesen, wir bleiben in Deutschland“, sagte er. „Aber wir wissen, dass das Wetter nicht immer so mitspielt. Deswegen ist es gut, vorher vor Ort zu sein und die Temperaturen anzunehmen, die Tageszeiten anzunehmen.“ Sicher keine schlechte Idee, am Sonntag lagen die Temperaturen im Oman und in Katar tagsüber bei 32 Grad.

Hansi Flick: Wie damals mit dem FC Bayern

Allerdings könnte man sich auch wie Auftaktgegner Japan gleich in Katar akklimatisieren und den Reisestress mindern. Aber Bundestrainer Flick hat gute Erfahrungen mit einem solchen Kurztrainingslager gemacht. Vor dem Champions-League-Finalturnier 2020 in Lissabon versammelte der damalige Bayern-Trainer seine Spieler an der Algarve, um dosiert zu trainieren und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln – und noch heute ist er überzeugt, dass dies ein wichtiger Faktor für den Titelgewinn war.

Von den Bayern-Profis hängt auch aktuell vieles ab, gleich sieben Nationalspieler stellt der Rekordmeister. Und deswegen ist Flick heilfroh, dass die Bayern ihre Herbstkrise überwunden haben, das schrieb er neulich auch deren Trainer Julian Nagelsmann per WhatsApp. „Und er hat geantwortet, dass er sich auch freut“, berichtete der Bundestrainer schmunzelnd.

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Ansonsten aber ist ihm dieser Tage nicht so oft nach Schmunzeln, denn zu den banalen sportlichen kommen ja noch ganz andere Probleme. Viele Fans lehnen das WM-Turnier im Emirat Katar strikt ab, am Wochenende gab es erneut Boykottanrufe quer durch die deutschen Stadien. Der Gastgeber ist umstritten, die Turniervergabe im Jahr 2010 umwehte der Ruch der Korruption, die Menschenrechtslage bleibt schwierig – und dann fiel auch noch WM-Botschafter Khalid Salman homophoben Aussagen aus der Rolle: Schwulsein sei „ein geistiger Schaden“, sagte er in der ZDF-Dokumentation „Geheimsache Katar.

Die Reaktionen aus dem deutschen Lager waren deutlich: „Das ist schon sehr beklemmend. Das ist ein Menschenbild aus einem anderen Jahrtausend“, meinte Leon Goretzka. Und Kapitän Neuer kündigte an, man werde auch in Katar für die Menschenrechte eintreten. „Wir werden in enger Absprache mit dem DFB, der Mannschaft, dem Mannschaftsrat und den Verantwortlichen schauen, wie weit kann man gehen“, sagte er. „Wir machen uns Gedanken und werden unsere Werte vertreten.“

Die Notwendigkeit, sich klar zu positionieren ist erkannt, die erste Pressekonferenz im deutschen WM-Lager wird DFB-Präsident Bernd Neuendorf geben – das ist ungewöhnlich, normalerweise gehört die Bühne während eines Turniers der sportlichen Leitung. Neuendorf wird wohl seine Forderung nach einem Entschädigungsfonds für Gastarbeiter durch Katar und Fifa erneuern. Andererseits wird er den Weltverband nicht allzu sehr verprellen wollen, der DFB will 2017 gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien die Frauen-WM ausrichten.

DFB hofft auf das Wohlwollen der Fifa

Und auch in den kommenden Tagen ist man auf Wohlwollen der Fifa angewiesen: Deren Regeln sehen vor, dass die Pressekonferenzen am Tag vor einem Spiel im internationalen Medienzentrum in Doha abgehalten werden. Bundestrainer Flick und ein Spieler müssten also aus dem Quartier im Norden in die Hauptstadt und zurück fahren, was je nach Verkehr gerne einmal drei Stunden dauern kann. Der DFB hofft, die Termine stattdessen in seinem Mannschaftsquartier abspulen zu können. Nach den deutlichen Worten der letzten Tage aber ist man sich im deutschen Lager nicht sicher, ob man noch mit Entgegenkommen rechnen kann.