Doha. Innenministerin Nancy Faeser und DFB-Boss Bernd Neuendorf haben ein Zugeständnis von ihrer „Inspektionsreise“ nach Katar mitgebracht.

Beim Rückflug aus Katar hatten Nancy Faeser und Bernd Neuendorf am Dienstagnachmittag immerhin einen Teilerfolg im Gepäck. Die Bundesinnenministerin und der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) konnten der Regierung des Emirats bei ihrer „Inspektionsreise“ zweieinhalb Wochen vor WM-Beginn eine „Sicherheitsgarantie“ für die Fans abringen. Deshalb will Faeser bei der Endrunde (20. November bis 18. Dezember) auch an den Golf zurückkehren.

„Alle Menschen, egal woher sie kommen, wen sie lieben und woran sie glauben, müssen bei der WM sicher sein. Jeder Fan muss sich frei und ohne Angst bewegen können“, sagte Faeser, nachdem sie zum Ende ihres zweitägigen Katar-Besuchs mit Premierminister Scheich Chalid bin Chalifa Al-Thani gesprochen hatte: „Diese Sicherheitsgarantie hat mir der Premierminister gegeben.“

Faeser will erstes Spiel der deutschen Mannschaft besuchen

Somit sollen auch Angehörige der LGBTIQ-Community gefahrlos nach Katar reisen können, obwohl Homosexualität dort unter Strafe steht. Da es laut Faeser „erstmals ein solches Bekenntnis“ gegeben habe, will die Innenministerin als Repräsentantin der Bundesregierung das erste WM-Spiel der deutschen Nationalmannschaft am 23. November gegen Japan besuchen.

„Es ist wichtig, Katar bei wegweisenden Reformen zu unterstützen. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, den Prozess weiter zu begleiten und zum ersten Spiel der deutschen Mannschaft anzureisen“, sagte die für den Sport zuständige SPD-Politikerin: „Wir werden Reformen in Katar auch nach der WM unterstützen, damit sich die Lebenswirklichkeit von Wanderarbeitern und die Lage der Menschenrechte weiter verbessert.“

Gespräche mit WM-Organisatoren und Fifa-Boss Infantino

Im Vorfeld ihrer Katar-Reise hatte Faeser mit ihrer Kritik („Es gibt Kriterien, an die sich gehalten werden muss - und dann wäre es besser, dass das nicht in solche Staaten vergeben wird“) für diplomatischen Wirbel gesorgt. Katar bestellte den deutschen Botschafter ein, der Golf-Kooperationsrat (GCC) verurteilte die Aussagen Faesers. In der Folge hatte Luise Amtsberg, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, ihre Reise nach Katar abgesagt.

Trotz dieser Verstimmungen sprach Faeser in Katar auch mit WM-Organisationschef Hassan al-Thawadi und FIFA-Präsident Gianni Infantino. Der Weltverband erwartet von der ersten Endrunde in einem arabischen Land einen Gewinn von rund 6,5 Milliarden Euro - ein Teil davon soll nach dem Willen Neuendorfs in einen Entschädigungsfonds für die Familien von verstorbenen oder verletzten Arbeitern fließen.

Die Vergabe der WM nach Katar wird seit Jahren kritisiert. Zunächst standen die Schmiergelder im Mittelpunkt, die bei dem Votum für das autokratisch regierte Land im Jahr 2010 geflossen sein sollen. Danach ging es um den Umweltaspekt, da die Endrunde aufgrund des Klimas in den Winter verlegt werden musste und große Fragezeichen hinter der Nachhaltigkeit stehen.

Lehren aus Katar-Vergabe: Neuendorf ist zuversichtlich

In den vergangenen Jahren waren das sogenannte „Sportswashing“, die Menschenrechtslage, die Situation der Gastarbeiter und die Bedingungen für LGBT-Personen die beherrschenden Themen. Zahlreiche Organisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International übten heftige Kritik am Ausrichter, der rund 150 Milliarden Euro in das Turnier investiert hat.

Neuendorf zeigte sich zuversichtlich, dass der Sport mittlerweile seine Lehren gezogen hat. „Wir werden, glaube ich, eine Vergabe ohne Berücksichtigung solcher Themen wie Nachhaltigkeit, wie Menschenrechte nicht mehr erleben“, sagte der 61-Jährige.

Treffen mit Vertretern von Arbeitnehmerverbänden

Am Montag hatte sich Faeser mit Vertretern von Arbeitnehmerverbänden getroffen. Diese hätten von „guten neuen Gesetzen“ berichtet, diese müssten nun „mit Leben“ gefüllt werden. Bei dem Treffen war auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen vertreten.

Am Dienstag gab die ILO bekannt, dass nicht gezahlte Löhne für die Gastarbeiter weiter das größte Problem seien. Die Anzahl der Beschwerden verdoppelte sich nach ILO-Angaben innerhalb eines Jahres auf 34.425. 10.500 Fälle seien vor einem Schiedsgericht gelandet, in fast allen erhielten die Arbeiter Recht. Obwohl es „signifikante“ Fortschritte gebe, forderte die ILO das Emirat erneut zu weitergehenden Reformen auf. (sid)