Hamburg. Der Windsurfer vom Norddeutschen Regatta Verein ist Weltmeister im neu-olympischen iQFoiling. Mit Hamburg verbindet er „viel Schönes“.

Zwei Sekunden Vorsprung reichten Sebastian Kördel zum größten Erfolg seiner Karriere. Der 31-Jährige vom Norddeutschen Regatta Verein ist seit dem Wochenende König der neu-olympischen iQFoil-Windsurfer. Sein WM-Gold hat sich der 1,91 Meter große Surfriese aus Radolfzell mit einer dominanten WM-Woche und eisernen Nerven im Finale verdient. Nach so einem starken Auftritt ist klar, dass Kördel nun bei den Olympischen Spielen 2024 in Frankreich zu den Top-Favoriten gehört.

Kördel: Neun Siege in 14 Rennen

Windsurfen ist seit 1984 olympisch und hat bereits vier verschiedene Bootsklassen erlebt. 2024 bei den Olympischen Spielen in Frankreich wird bei den Wettbewerben für Frauen und Männer erstmalig auf iQFOiL umgestellt. Foils sind T-förmige Tragflächen, die das Board aus dem Wasser heben. Eine Technik, die für Kördel offenbar wie gemacht ist. „Dieser WM-Titel gibt mir viel Motivation und Selbstbewusstsein“, machte er deutlich, dass er nun noch mehr will.

Beim Wettlauf um den WM-Titel hatte „Basti“ Kördel schon in Vor- und Hauptrunde im bretonischen Revier vor Brest bewiesen, dass mit ihm zu rechnen ist. Mit neun Siegen in 14 Rennen hatte der Mann mit der Segelnummer GER 2020 die Flotte von 162 Männern aus 39 Nationen beherrscht.

Sebastian Kördel lernte auf dem Bodensee das Surfen (Archivbild).
Sebastian Kördel lernte auf dem Bodensee das Surfen (Archivbild). © DSV Felix Diemer

Im Gegensatz zum klassischen Segelsport aber war Kördel der WM-Titel trotz sagenhafter 31 Zähler Vorsprung bei Beginn der Finalserie keinesfalls sicher. Das Regattaformat der Windsurfer ist erbarmungslos. Zwar wird der Hauptrundensieger mit dem direkten Einzug ins Finale belohnt, doch dann begannen alle wieder bei null. Mit Luuc Van Opzeeland und Huig Jan Tak hatten sich überraschend zwei Niederländer die anderen beiden Finalplätze erkämpft.

Deutsch-holländische Duell auf der Zielgraden

Sebastian Kördel eröffnete das entscheidende Rennen mit einem perfekten Start, übernahm von Beginn an die Führung. „Als ich mir an der ersten Wendemarke Seegras eingefangen habe, setzte mein Herz allerdings kurz aus“, berichtete er später.

Während Tak zurückfiel, konnte Kördel dessen Landsmann nicht abschütteln. Das deutsch-holländische Duell tobte seinem Höhepunkt auf der Zielgeraden entgegen. Es war so eng, dass Kördel das Foil seines Gegners im Wasser zischen hören konnte. Kördel hatte dabei „krasse Flashbacks“ und erinnerte sich, dass er in ähnlicher Position bei der Europameisterschaft den Titel verloren hatte.

„Das darf einfach nicht noch einmal passieren“, ratterte ihm der Finalkrimi durch den Kopf. Hilfreich war das Vertrauen seines Trainers Dom Tidey, der ihm vor dem Start gesagt hatte: „Das passiert dir nicht noch mal.“

„Ich war wie im Tunnel, die Ziellinie hat mich angesogen“

Luuc van Opzeeland kämpfte wie ein Löwe, pumpte sich immer dichter an Kördel heran. Doch der hielt mit ruhiger Fahrt auf dem Foil dagegen. „Ich war wie im Tunnel, die Ziellinie hat mich angesogen“, beschrieb Kördel seine letzten WM-Momente. Nach weniger als zehn Minuten Renndauer war Kördels Coup perfekt.

Dem Siegerbad in der aufgewühlten Bucht von Brest ließ er eine innige Umarmung mit Dom Tidey folgen. Seit einem Jahr arbeiten der britische Erfolgstrainer in Diensten des Deutschen Segler-Verbands und der Bodensee-Surfer zusammen. Danach setzte er sich für einen Moment ins Trainerboot, legte den Kopf in die tellergroßen Hände und ließ die Tränen fließen. Erleichterung und Freude waren riesig: „Man kann sich den Druck nicht vorstellen, der im Finale auf einem lastet.“

Kördels Freundin Helena Wanser ist auch Windsurferin

Ein paar Male schon war er, der sich als Siebenjähriger in den Ferien auf Korsika ins Surfen verliebte, in den vergangenen Jahren der Leidtragende bei knappen Finalentscheidungen. Nicht dieses Mal. DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner bestätigte Kördel eine „sensationelle Leistung“, die von seinem Heimatclub mit 50.000 Euro belohnt wird. Die „Goldprämie“ vergibt das NRV Olympic Team an seine Olympiasieger und Weltmeister in Olympia-Klassen.

Zuletzt hatte sich Laser-Ass Philipp Buhl die Prämie 2020 erkämpft. Jetzt folgt Kördel, den mit seiner Vereinsheimat und der Stadt Hamburg „viel Schönes“ verbindet. Kördels Freundin Helena Wanser, Schwester der 470er-Olympia-Sechsten Luise Wanser und selbst Windsurferin im German Sailing Team, ist in der Hansestadt und auch im NRV zu Hause.

Schon bald erneut NRV-Jubel an der Alster?

Genau wie die 20 Jahre junge Therese Marie Steinlein, die bei der iQFoil-WM in Brest mit Platz 17 U-21-Bronze holte. Und das waren vielleicht noch nicht die letzten Erfolge der Segelsaison, denn in Israel beginnt an diesem Montag die 470er-Mixed-WM. Dort sind mit Luise Wanser/Philipp Autenrieth und Malte Winkel/Anastasiya Winkel zwei NRV-Top-Seglerinnen aussichtsreich im Einsatz. Schon am kommenden Wochenende könnte also erneut NRV-Jubel an der Alster aufbranden.