Berlin. Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft hat das EM-Finale verpasst. Gegen Spanien schwächelt das DBB-Team im vierten Viertel.

Annalena Baerbock konnte sich entspannt in ihrem gepolsterten Sitz in der Loge der Mercedes-Benz-Arena, direkt neben Dirk Nowitzki, zurücklehnen. Bei allem Respekt vor der Außenministerin, in diesen Tagen gibt es mit der deutschen Basketballnationalmannschaft noch bessere Repräsentanten dieses Landes. Daran ändert auch die bittere 91:96 (24:27, 27:19, 20:19, 20:31)-Niederlage im Halbfinale der EM im eigenen Land am Freitagabend gegen Weltmeister Spanien nichts. Deutschland hat sich teuer verkauft, ein Land, ja, vielleicht sogar einen Kontinent für zwei Wochen mit seinem Teamgeist und attraktiven Stil begeistert.

Basketball-EM: Deutschland gegen Spanien im Live-Ticker zum Nachlesen

Deutschland - Spanien 91:96

Und dies könnte auch immer noch Belohnung in Form einer Medaille finden. Im Spiel um den dritten Platz nämlich, in dem es am Sonntag (17.15 Uhr/MagentaSport und RTL) gegen den Überraschungshalbfinalisten Polen geht, der am frühen Freitagabend in einer an Einseitigkeit schwierig zu überbietenden Begegnung Frankreich mit 54:95 unterlag.

Eine gute Stunde später war die Arena an der Warschauer Straße mit 14.073 Zuschauer bis auf den letzten Platz besetzt. Fast alle waren sie für die Deutschen gekommen, und die zeigten, weswegen. Überraschungsmannschaften, die von der Euphorie durch ein Turnier getragen werden, drohen mitunter nervös zu werden, wenn sie sich der Größe des Moments bewusst werden. Bei den Deutschen? Nichts davon zu spüren – zumindest abgesehen von den deutschen Fans, die an diesem Abend eine Maxiration Fingernägel verzehrten. Dumm nur: Spanien ist das vermutlich abgezockteste und entspannt bleibendste Team der EM, das in der Anfangsphase jeden deutschen Korb aufreizend lässig mit einem eigenen beantwortete.

Daniel Theis (l.) and und Willy Hernangomez kämpfen um den Ball. Deutschland spielt im EM-Halbfinale gegen Spanien.
Daniel Theis (l.) and und Willy Hernangomez kämpfen um den Ball. Deutschland spielt im EM-Halbfinale gegen Spanien. © AFP

Ein spektakulärer Dunk von Daniel Theis sowie ein Dreier von Maodo Lo aus gut zehn Metern waren zwar die Ausrufezeichen des ersten Viertels, um im außenpolitischen Jargon zu bleiben, betrieb Deutschland aber nur Symbolpolitik, während Spanien pragmatisch handelte.

Die Gastgeber sanktionierten das clevere Teamspiel der Iberer, das reihenweise freier Dreier und Korbleger brachte, nicht. Ausgerechnet gegen Spanien spielte Deutschland eine Torero-Verteidigung und wich beiseite, sobald ein Gegner in Richtung stürmte. Bis auf neun Punkte wuchs der Rückstand vor der Pause zeitweise so an (32:41/17.).

1:16 Minute später (!) führte Deutschland mit 43:41, weil es auch einen Schröder gibt, der das Land positiv nach außen vertritt. 673 NBA-Spiele hat Dennis Schröder mittlerweile absolviert, hinzu kommen 59 im Nationaltrikot. Sein 60., einen Tag nach seinem 29. Geburtstag, war ohne größere Übertreibung vermutlich das beste all dieser 733 Spiele. Als Deutschland in höchster Not war, schulterte ihr Kapitän die gefühlte Last einer ganzen Sportnation, ohne dass sein drahtig-schlanker Körper darunter zerbrach.

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Im Gegenteil: 30 höchst effizient erzielte Punkte, dazu acht Vorlagen spielte Schröder. Schon jetzt steht fest, dass der Titel des wertvollsten Spielers dieser EM nur an ihn, den Franzosen Rudy Gobert oder den Spanier Lorenzo Brown gehen kann. Auch, als Spanien im dritten Viertel erneut die Führung übernahm (57:61/25.), war es Schröder, der ohne jegliche Attitüden Verantwortung übernahm, um das Duell abermals zu wenden.

Und auch das restliche deutsche Team kämpfte, nimmer müde unterstützt vom Publikum. Das fiel auch der Außenministerin auf. „Großartig, die Stimmung ist einfach unglaublich. Ganz Deutschland fiebert mit. Hier in der Halle ist es einzigartig“, sagte Baerbock im Halbzeitinterview bei RTL. Dass die Atmosphäre anfangs des Schlussviertels den Siedepunkt erreichte, war dann die Schuld von Franz Wagner, der, man kann es nicht oft genug sagen, ganz, ganz großen Entdeckung dieser EM.

Spanien zieht im Schlussviertel davon

Aber: Spanien ließ sich nicht abschütteln. Dieser Boomerang von Team, der immer wieder zurückkommt. Ein Grund dafür: Der legendäre Trainer Sergio Scariolo, Vater von drei EM-Titel und einem WM-Titel. Meisterhaft verstand es der Italiener, mit einer Zonenverteidigung die Deutschen ihres starken Zugs zum Korb zu berauben. Von innen ging gar nichts, von außen fiel gar nichts. Auf der Gegenseite erlegte der eingebürgerte US-Amerikaner Brown die Hausherren endgültig. Fuera. Raus. Aber mit ganz großem Applaus.

Und nun Polen. Ein Außenseiter, der wie Deutschland über mannschaftliche Geschlossenheit erfolgreich ist. Für zwei Stunden ruht die deutsch-polnische Freundschaft am Sonntagabend. Die Wogen im Anschluss zu glätten – ist dann wieder Aufgabe von Annalena Baerbock.

Punkte: Schröder (30), Wagner (15), Obst (15), Theis (10), Lo (9), Thiemann (6), Weiler-Babb (4), Voigtmann (2), Wohlfarth-Bottermann.

Finale: Frankreich – Spanien (So., 20.30 Uhr/MagentaSport).