Hamburg. Der Kontinentalverbandspräsident spricht über den Supercup, den Damenbasketball, die NBA und den europäischen Basketball.

Seine Tschechen waren beim Supercup in der Hamburger Barclays Arena, in die an beiden Turniertagen insgesamt rund 11.000 Zuschauer kamen, als Vierter chancenlos. Dennoch zeigte sich Kamil Novak, Generalsekretär des europäischen Basketballverbands, angetan von Organisation und Niveau.

Zu Zweiterem trug Serbien mit Superstar Nikola Jokic bei, das Deutschland im Finale mit 83:56 begrub. Im Gespräch mit dem Abendblatt offenbart Novak, wo er Potenziale des europäischen Basketballs sieht und weswegen er gerne konservativ ist.

Hamburger Abendblatt: Herr Novak, wie ist Ihr Eindruck vom Supercup?

Kamil Novak: Ich bin positiv überrascht, der Umzug in die Barclays Arena hat das Turnier einen Schritt vorangebracht. In Europa weiß mittlerweile jeder um den Stellenwert dieser Art Mini-EM.

Die Maxi-EM findet in Deutschland statt, soll dem Basketball hierzulande einen Aufschwung geben. Wie sehen Sie die Entwicklung in Deutschland?

Kamil Novak: Da würde ich direkt auf den Damen­bereich verweisen. Die Nationalteams der Juniorinnen haben eine hervorragende Entwicklung genommen. Auch im 3x3 hat sich einiges getan in Hinblick auf die Popularität. Und wann hatten die Herren zuletzt sieben Spieler in der NBA? Das gab es noch nie. Dazu ist die Bundesliga eine stabile, seriöse Liga. Es wird höchste Zeit, dass auf internationaler Ebene Erfolge eingefahren werden.

Der Tscheche Kamil Novak (55) ist seit zehn Jahren Generalsekretär des europäischen Basketball­verbands.
Der Tscheche Kamil Novak (55) ist seit zehn Jahren Generalsekretär des europäischen Basketball­verbands. © imago/CTK Photo | David Tanecek

Werden wir die beste EM jemals erleben? Schließlich spielen mit Jokic, Giannis Antetokounmpo­ (Griechenland) und Luka­ Doncic (Slowenien) drei der besten fünf Spieler der Welt mit?

Kamil Novak: Ich wäre vorsichtig. In der Vergangenheit haben Legenden wie Dirk Nowitzki und die spanischen Brüder Pau und Marc Gasol teilgenommen. Allerdings hatten wir noch nie die Situation, dass so viele Europäer die NBA dominieren. Das macht es für die Zuschauer speziell.

Trotz aller Erfolge hängt die FIBA weiter im Streit mit der privatwirtschaftlich organisierten Euroleague fest, die Länderspielfenster nicht respektiert, weswegen die Nationalteams während der Saison nicht auf ihre Spitzenspieler zurückgreifen können. Ist ein Ende in Sicht?

Kamil Novak: Leider nicht. Wir haben mehrere Vorschläge unterbreitet und können nicht mehr viel machen. Die Länderspielfenster werden aber in jedem Fall bleiben.

Welche weiteren Herausforderungen hat Ihr Kontinentalverband zu meistern?

Kamil Novak: Wir leiden darunter, dass Spieler in die NBA wechseln. Da müssen wir finanziell gegensteuern, gegen die Popularität der NBA können und wollen wir aber nichts machen, sie fördert unseren Sport. Interessant wird es in den kommenden Jahren, welchen Einfluss die Zuwanderung nach Europa auf die nationalen Verbände nimmt. Das wird Probleme, aber auch große Chancen mit sich bringen.

In der Basketballblase ist das Interesse an europäischen Wettbewerben groß. Der allgemein sportinteressierte Fan wird seltener vom Basketball erreicht. Wie gedenken Sie, dies zu ändern?

Kamil Novak: Indem wir sehr stark auf den Damenbasketball setzen. Das ist eine riesige Zielgruppe ungenutzten Potenzials. Leider verfügt die deutsche Damenbundesliga über kein hohes Niveau. Im 3x3 haben wir vor zehn Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und massiv darin investiert. Die Entwicklung spricht für sich.

Haben Sie die Befürchtung, Ihr Kontinentalverband könnte ins Hintertreffen gegen finanzstarke Verbände wie den asiatischen oder den afrikanischen, in den stark investiert wird, zurückfallen?

Kamil Novak: Wenn Sie glauben, ich sage nun wie die meisten, dass Afrika der nächste große Player ist, liegen Sie falsch. Ich bin Europäer und glaube an Europa. Wir haben nach der NBA die mit Abstand stärksten Ligen der Welt, unglaubliche Talente und sind im 3x3 der führende Verband. Es ist kein Geheimnis, dass die finanziellen Mittel in Asien gestiegen sind. Das sind in Zukunft Faktoren für Spieler und Trainer, sollte uns als Europäer aber motivieren. Wir bauen unsere Zusammenarbeit mit anderen Verbänden aus, haben den Interkontinentalcup als Art Club-Supercup etabliert. Der wird in Asien ausgetragen. Weswegen, kann man sich denken.

Schaden vier europäische Wettbewerbe – die privat organisierten Euroleague und EuroCup sowie die von der FIBA ausgerichtete Champions League und der Europe Cup – langfristig dem Produkt?

Kamil Novak: Natürlich, es ist völlig unnötig. Was da herrscht, versteht kein Fan. Mittlerweile glaubt jeder Club, er habe ein Recht drauf, europäisch zu spielen, was dazu führt, dass der 15. einer nationalen Liga im EuroCup antreten kann. Wir wollen die nationalen Ligen fördern. Europa ist kein Wunschkonzert, man muss es sich verdienen. Daher sind die Zugänge zur Champions League und zum Europe Cup nach sportlichen, nicht wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet. Wenn man das konservativ findet, bin ich gerne konservativ.