Hamburg. Er ist der Topfavorit für die Basketball-Europameisterschaft: Superstar Nikola Jokic lässt Deutschland keine Chance.

Es sollte ein deutsches Heimspiel werden. Und es wurde ein serbischer Hexenkessel. Wenngleich die deutschen Fans unter den rund 6378 Zuschauern in der Hamburger Barclays Arena in der Mehrheit waren, die serbischen waren dreimal so laut. Insbesondere, nachdem der nie gefährdete 83:56-Sieg im Endspiel gegen Gastgeber Deutschland feststand. Und alles beim Turniersieger und Topfavoriten für die Europameisterschaft in Deutschland (1. bis 18. September) zirkulierte um einen Mann: Nikola Jokic.

Nikola Jokic war der Star beim Spiel gegen Deutschland

Es ist eine Augenweide, Jokic (22 Punkte in 17 Minuten) beim Basketballspielen zuzusehen. So plump der 2,11 Meter große und rund 130 Kilogramm schwere Center wirken mag, so grazil ist seine Fußarbeit, so genial sein Spielintellekt. Ob nun ein Verteidiger vor ihm stand oder nicht – und da waren immerhin gestandene Euroleaguespieler wie Johannes Voigtmann (vereinslos) und ausgemachte Kanten wie Hamburg-Towers-Zugang Jonas Wohlfarth-Bottermann dabei –, für den 27-Jährigen schien jeder Abschluss ein unverteidigter Trainingswurf zu sein.

Selbst, als die Mannschaft von Bundestrainer Gordon Herbert genug davon hatte, vom Superstar der Denver Nuggets dominiert zu werden und mehrere Defensivakteure gleichzeitig auf ihn ansetzte, schmunzelte der zweimal in Folge zum wertvollsten Spieler der US-Profiliga NBA gewählte Publikumsliebling nur und fand verlässlich die passende Lösung per Zuspiel. Gäbe es Basketball-Poesiealben, Jokic würde sie mit den schönsten Zeilen zu füllen wissen.

Der Berliner Franz Wagner wusste sich gut zu präsentieren

Aber auch die Deutschen, die am Freitagabend im Halbfinale ungefährdet Tschechien mit 101:90 besiegt hatten, gefielen mitunter. Was durchaus erstaunlich war, denn ihr Kapitän, NBA-Spieler Dennis Schröder (vereinslos), setzte wegen einer im Halbfinale erlittenen Bänderdehnung im Knöchel als Vorsichtsmaßnahme ebenso aus wie sein Kumpel Daniel Theis (Boston Celtics), der mit Knieproblemen allerdings bis kurz vor EM-Beginn fehlen wird. Dafür spielte sich ein anderer NBA-Hoffnungsträger ins Blickfeld des Hamburger Publikums.

Der Berliner Franz Wagner (Orlando Magic), in den USA längst als einer der vielversprechendste Youngster bekannt, wusste sich mit seiner Mischung aus brachialer Athletik, flüssigen Abschlüssen, dem stabilen Wurf und cleveren Auge für den Mitspieler gut zu präsentieren. Das Debüt des vor Kurzem erst eingebürgerten US-Amerikaners Nick Weiler-Babb (FC Bayern München) verlief dagegen unauffällig. Als gesetzt für den EM-Kader gilt er dennoch.

Justus Hollatz: Nominierung Weiler-Babbs für die EM allerdings ein Rückschlag

Aus Sicht des gebürtigen Hamburgers Justus Hollatz (CB Breogán/Spanien) ist die Nominierung Weiler-Babbs für die EM allerdings ein Rückschlag. Der 21-Jährige zählt nach der Ankunft des wesentlich arrivierteren Spielmachers zu den Streichkandidaten des 14 Mann großen Kaders, der noch auf zwölf Akteure verkleinert werden muss. Herbert wird voraussichtlich auf zwei Spieler auf den drei kleineren Positionen verzichten.

Die Serben hatten dagegen ganz andere Probleme. Anstatt ihren Sieg beim Supercup – auf Platz drei landete nach einem 96:80 gegen Tschechien übrigens Italien – zu feiern, mussten sie schnellstmöglich zum Flughafen. Noch am Sonnabendabend stand der Rückflug nach Belgrad an. Trainerlegende Svetislav Pesic hatte das ursprünglich für 20 Uhr angesetzte Finale dafür eigens um eineinhalb Stunden vorverlegen lassen. Bei den anstehenden WM-Qualifikationsspielen gegen Griechenland und in der Türkei soll im Vorfeld der EM nichts dem Zufall überlassen werden. Und zufällig steht mit Jokic die größte Lebensversicherung gegen unverhoffte Zufälle im Kader Serbiens.

Punkte Deutschland: Lo (6), Voigtmann (7), F. Wagner (5), Hollatz (7), Kratzer, Weiler-Babb (2), Wohlfarth-Bottermann, Thiemann (9), Schilling (2), Jallow, Obst (12), Sengfelder, Krämer (6).