Frankfurt. Bundeskanzler Olaf Scholz hat den DFB besucht und für gleiche Prämien bei den Männern und Frauen geworben. Der DFB hält sich zurück.

Die Inszenierung gleicht einem Staatsbesuch: Die Limousine des Bundeskanzlers fährt am Regierungssitz vor, wo schon der gastgebende Präsident vor der Tür wartet. Olaf Scholz steigt aus, ein Händeschütteln für die Kameras, und dann geht es hinein in den lichtdurchfluteten Neubau und die Journalisten müssen erst einmal draußen bleiben.

Der Bundeskanzler ist an diesem Dienstagmittag allerdings auf deutschem Boden unterwegs, er besucht die nagelneue Verbandszentrale des Deutschen Fußball-Bunds in Frankfurt und trifft dort unter anderem den DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf, Vize-Präsidentin Celia Sasic und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff. Aber auch das hat ja ein bisschen was von einer Staatsaffäre – weil alles, was Fußball und erst recht den DFB betrifft ja immer mit höchster Aufgeregtheit diskutiert wird und vor allem, weil sich Olaf Scholz jüngst eingemischt hat in eine dieser aufgeregten Debatten.

Olaf Scholz beim DFB: Standpunkte werden ausgetauscht

Noch während der Gruppenphase der Europameisterschaft der Frauen twitterte der SPD-Politiker: „Wir haben 2022. Frauen und Männer sollten gleich bezahlt werden. Das gilt auch für den Sport, besonders für Nationalmannschaften.“ Für einen EM-Sieg hätten die Frauen vom DFB 60.000 Euro pro Spielerin bekommen, während es im Vorjahr für die Männer pro Person 400.000 Euro gegeben hätte. Mit seiner Kritik daran gab der Bundeskanzler der ohnehin schon laufenden Equal-Pay-Debatte, der Diskussion um gleiche Bezahlung für Fußballer und Fußballerinnen neuen Schwung – und traf offenbar einen Nerv: „Ich lade ihn gerne mal ein. Dann kläre ich ihn ein bisschen besser über die Zahlen auf“, gab Bierhoff recht schnippisch zurück.

Scholz nahm die Vorlage auf und die Einladung an und so trifft man sich an diesem Dienstag in Frankfurt, um die Standpunkte noch einmal auszutauschen – und dann doch erst einmal auf dem eigenen zu beharren. Der Bundeskanzler bekräftigt seine Forderung: Es gehe „um die Frage: Wie kann man mehr Mädchen für Fußball begeistern? Und dabei spielen die Prämien eine Rolle“, sagt der 64-Jährige. „Mein Standpunkt ist bekannt. Das ist aus meiner Sicht etwas Politisches und etwas anderes als bei Gehaltsverhandlungen.“ Er sei „froh, dass die Idee offen aufgenommen wurde“, sagt er.

Bernd Neuendorf allerdings zeigt sich deutlich reservierter: Er verstehe das Argument, „dass gleiche Arbeit und Erfolg auch den gleichen Wert haben muss und soll“, sagt der 61-Jährige. „Ich bin zumindest bereit, in unseren Gremien mit den Vertretern und Vertreterinnen der A-Nationalmannschaften darüber zu reden, ob unser über Jahrzehnte gewachsenes Prämiensystem noch zeitgemäß ist.“ Da könne man auch diskutieren, ob „es gegebenenfalls auch angepasst werden kann“. Aber: Es müsse aber auch „zur Kenntnis“ genommen werden, „dass trotz gleicher Tätigkeit die Märkte immer noch sehr unterschiedlich sind“.

DFB geht kleinen Schritt auf Olaf Scholz zu

Es ist ein Minimalschritt auf den Bundeskanzler zu, mehr nicht. Beim DFB spricht man ja lieber von Equal Play statt Equal Pay, also von gleichen Bedingungen für Frauen und Männern: Vor der Europameisterschaft durften die Spielerinnen dasselbe Lager wie die Männer in Herzogenaurach beziehen, es gab einen vergleichbar großen Trainer- und Betreuerstab.

Unterhalb der Nationalmannschaften aber bleiben die Unterschiede gewaltig, bei den Juniorennationalmannschaften und erst recht in der Bundesliga. Daher forderte auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die im Urlaub und daher am Dienstag nicht dabei ist, „dass wir bessere Strukturen haben, dass wir Talent-Gerechtigkeit haben, dass alle Mädchen Fußball spielen können“.

DFB-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg: "Würde mir Angleichung wünschen"

Und auch bei den Prämien vertrat sie im Gespräch bei Bayern 1 eine klare Meinung: „Ich würde mir eine Angleichung wünschen, also bei den Männern vielleicht ein bisschen weniger, bei den Frauen ein wenig mehr. Vielleicht irgendwann für den gleichen Titel, den Männer und Frauen erreichen, auch das gleiche Geld.“

Wie beweglich der Verband in der Sache ist, wird sich schnell zeigen: Schon bald müssen die Prämien für die Weltmeisterschaft der Männer in Katar verhandelt werden – und ein Jahr später für das Turnier der Frauen in Australien.