Pinneberg. Janne Friederike Meyer-Zimmermann: Die Mutter und WM-Starterin wird in dieser Woche auf ihrem Hof Waterkant Turnierchefin.

Ruhig ist es in ihrem Leben nie. Aber von der Idylle, die Janne Friederike Meyer-Zimmermann gesucht und gefunden hatte, als sie 2016 den Hof Waterkant im Pinneberger Ortsteil Waldenau zu ihrer neuen Heimat machte, ist in diesen Tagen tatsächlich nichts geblieben. Überall auf dem acht Hektar großen Grundstück, das Hamburgs beste Springreiterin mit ihrem Mann Christoph Zimmermann bewirtschaftet, wird unter Hochdruck gearbeitet.

Schließlich wird an diesem Mittwoch um 8 Uhr die erste von 25 Prüfungen eingeläutet, die den Hof Waterkant bis zum Sonntag zum Mittelpunkt der deutschen Springreitszene machen. „Wir wollen bestmögliche Gastgeber sein. Dafür arbeiten wir mit unserem Team und allen Unterstützern hart“, sagt die Chefin.

Springreiten: Janne Meyer jetzt auch Mutter

Schon als Janne Meyer im vergangenen Sommer ihre Premiere als Veranstalterin wagte, hatten sie einige für verrückt erklärt. Gleichzeitig für einen reibungslosen Turnierablauf verantwortlich zu sein und als aktive Sportlerin um Titelehren zu reiten, das wäre für viele Menschen mindestens eine Aufgabe zu viel. Wer allerdings weiß, was für ein Programm in diesem Jahr auf die 41-Jährige wartet, der kann 2021 getrost unter dem Label „Wellness-Tage“ verbuchen.

Es sind ja nicht nur die Ausmaße des fünftägigen CSI-Turniers, das sich in allen Bereichen ungefähr verdoppelt hat. Und es ist auch nicht nur die Rolle als Mutter des sechs Monate alten Sohnes Friedrich, die Janne Meyer dazugewonnen hat. Nein, sie hat es zusätzlich auch noch als Ersatzreiterin in den Kader von Bundestrainer Otto Becker für die Pferdesport-WM in Herning (Dänemark) geschafft, die am Sonnabend eröffnet wird und für die Springreiter am Mittwoch mit der Zeitspringprüfung beginnt.

Bundestrainer zog vier andere Reiter vor

Das bedeutet, dass Janne Meyer am Sonntag, wenn das Viersterne-Hauptspringen ihres eigenen Turniers, der mit 100.000 Euro dotierte Große Preis von Holstein, beendet ist, mit Ehemann und Sohn ins Auto steigt und nach Dänemark fährt, während auf ihrem Hof die Abbauarbeiten laufen. Ihr Paradepferd Messi, das sie bei ihrem eigenen Turnier für die WM schont, aber trotzdem im Training halten muss, reist schon im Transporter mit Chefpfleger Sebastian Hasenberg voraus.

Nachdem das Duo beim CHIO in Aachen Anfang Juli mit zwei Nullfehlerritten den Sieg der deutschen Equipe im Nationenpreis gesichert hatte, war die Olympiateilnehmerin von London 2012 davon ausgegangen, fest für das WM-Team nominiert zu werden. Doch der Bundestrainer zog André Thieme (47/Plau am See) mit Chakaria, Christian Ahlmann (47/Marl) mit Dominator, Marcus Ehning (48/Borken) mit Stargold und Jana Wargers (30/Emsbüren) mit Limbridge vor.

Janne Meyer ist jetzt Ersatzreiterin

„Die vier sind alle großartige Reiter mit tollen Pferden, und es ist für mich eine große Ehre, mich nach meiner Babypause für so eine starke Equipe qualifiziert zu haben. Dennoch ist der Status als Ersatzreiterin ein wenig undankbar, vor allem weil nicht im Vorhinein kommuniziert wurde, dass die Nationenpreise in der Nominierung keine große Rolle mehr spielen“, erläutert die Teamweltmeisterin von 2010 ihre Kritik, die sie Otto Becker auch persönlich unterbreitet hatte.

Andererseits war sie vor zwölf Jahren in Lexington (USA) auch als Ersatzreiterin vorgesehen und kam doch zum Einsatz. „Selbstverständlich wünsche ich keinem Paar einen Ausfall. Aber ich werde bereit sein, wenn das Team mich braucht“, sagt sie.

Turnier ist mit einem Etat von rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt

Die immense Mehrfachbelastung dieser Tage könne sie gut verkraften. „Natürlich ist das alles etwas stressig. Aber ich habe ein gutes Nervenkostüm und lasse mich nicht leicht aus der Ruhe bringen“, sagt sie. Als Unternehmerin sei sie es mittlerweile gewohnt, lösungsorientiert zu denken. „Wir müssen jeden Tag improvisieren, weil unvorhergesehene Dinge passieren und wir uns anpassen müssen. Außerdem mögen wir beide keinen Stillstand, wir brauchen Action“, sagt Janne Meyer, während ihr Ehemann zustimmend nickt.

Davon wird es in den kommenden Tagen ausreichend geben. Rund 1,7 Millionen Euro Etat veranschlagt das Ehepaar Meyer-Zimmermann für das Turnier, das auf einen großen Unterstützerkreis um die Hauptsponsoren Mercedes-Benz, Itzehoer Versicherungen, Cellagon und Theurer Trucks bauen kann. Das Catering übernimmt Starköchin Cornelia Poletto. Rund 350 Teilnehmende werden erwartet, Stallzelte für mindestens 500 Pferde stehen bereit. Aachen-Überraschungssieger Gerrit Nieberg (29/Münster) steht ebenso auf der Meldeliste wie der Olympiadritte von 2012, Cian O’Connor (42/Irland).

„Wenn ich reite, ist alles andere Nebensache"

Das deutsche WM-Team ist zwar nicht am Start, „dennoch werden wir mit dem Großen Preis am Sonntag und der mit 50.000 Euro dotierten Qualifikation am Freitagabend hochklassigen Sport erleben“, sagt Janne Meyer, die selbst vier Pferde sattelt. „Wenn ich reite, ist alles andere Nebensache, das bin ich den Tieren schuldig“, sagt sie. Um die Betreuung ihres Sohnes kümmern sich dann ihre Eltern und die aus Bayern angereisten Schwiegereltern.

Die über die fünf Tage einkalkulierten 20.000 Besucher – der Eintritt ist am Mittwoch für alle und für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre jeden Tag frei, Karten gibt es im Internet unter hofwaterkant.com oder an der Tageskasse – erwartet zusätzlich ein reizvolles Rahmenprogramm. Höhepunkt ist der Liveauftritt von Popsänger Johannes Oerding am Donnerstag um 19.30 Uhr (Tickets kosten 65 Euro). Auf der Fohlenauktion am Freitagabend wird zugunsten der Welthungerhilfe ein von Udo Lindenberg gestaltetes Kunststoffpferd in Lebensgröße versteigert.

Springreiten: Janne Meyer auch Modedesignerin

Und weil Janne Meyer auch noch unter die Modedesignerinnen gegangen ist, startet auf der Anlage der Verkauf der von ihr entworfenen und vom Markenartikler Covalliero hergestellten Reithose. Fünf Prozent des Verkaufspreises von 119 Euro gehen an das Sozialprojekt „Pink Ribbon“, das sich in der Brustkrebsforschung engagiert.

Fehlt nur, dass das Wetter mitspielt. Im vergangenen Jahr war am Tag vor der Premiere die Anlage von kräftigen Regenfällen überflutet worden, die Stallzelte standen unter Wasser, die Feuerwehr musste zum Abpumpen kommen. „Wir haben alle nötigen Maßnahmen ergriffen, damit das nicht wieder passieren kann. Trotzdem hoffen wir auf viel Sonne“, sagt Janne Friederike Meyer-Zimmermann. Action haben sie auch ohne Regen genug.