Hamburg. Finanzielle Zuwendung wird an entsprechende Konzepte gekoppelt. Zwei Hamburger zeigen, wie sich Sportorganisationen wappnen können.

Wenn die Stadt Hamburg Ende Juni ihre neue Active-City-Strategie vorstellt, wird darin eine Handlungsanweisung enthalten sein, die viele Veranstalter von Sportevents unvorbereitet treffen dürfte. Die Vergabe von Fördermitteln wird künftig daran gekoppelt, dass Antragstellende ein Nachhaltigkeitskonzept vorweisen können. Je weitreichender dieses ist, desto mehr Geld fließt. Die Umweltbehörde hat dazu einen Leitfaden mit rund 50 Punkten erarbeitet, die umgesetzt werden können, um beispielsweise Ressourcen schonender einzusetzen, aber auch die Mitgliederzahlen in den Vereinen zu erhöhen.

Olaf Schirle (58) und Jörg Schonhardt (48) beobachten diese Entwicklung mit größtem Interesse. Die beiden Hamburger, die mit der Deutschen Hockey-Agentur (DHA) auf viele Jahre Erfahrung in der Organisation diverser Sportevents zurückgreifen können, hatten Ende 2020 ihr Unternehmen „green4sports“ gegründet, um Kunden aus den Bereichen Vereine, Verbände, Veranstalter und Sportstädte beim Aufbau von Nachhaltigkeitskonzepten zu beraten (Abendblatt berichtete). Nun fühlen sie sich in ihrer Geschäftsidee bestätigt. „Wer sich um dieses Thema nicht kümmert, der wird es künftig sehr schwer haben, im Sponsoring erfolgreich zu sein, weil viele Unternehmen ebenso wie die Stadt Hamburg ihr Engagement an ein Nachhaltigkeitskonzept knüpfen. Aktuell gibt es aber in den meisten Sportorganisationen kaum Nachhaltigkeitsfachleute“, sagt der frühere Hockey-Bundesligaspieler Schonhardt.

Nachhaltigkeit: "Green Events Hamburg" hilft bei der Umsetzung von Konzepten

Ein großes Problem bei der Umsetzung sei, dass vielen die Hürden zu hoch erscheinen. Das gemeinnützige Netzwerk „Green Events Hamburg“ hat, um eine Ist-Analyse zur Nachhaltigkeit durchzuführen, einen Katalog mit rund 350 Fragen entwickelt. „Da kommt es schnell zu Überforderung, weil vieles komplizierter klingt, als es ist“, sagt Schonhardt. Andere wiederum unterschätzten die Komplexität des Themas, weil sie unter Nachhaltigkeit lediglich einen CO2-Ausgleich verstünden. „Aber es stecken auch diverse soziale oder ökonomische Aspekte dahinter, auf die es zu achten gilt“, sagt Olaf Schirle, der genau darauf besonderen Wert legt.

„Es geht beim Thema Nachhaltigkeit nicht darum, ein bisschen Wasser und Strom einzusparen und Müll zu trennen. Was wir unterstützen wollen, ist ein vollständiges Umdenken, das nicht an der Oberfläche kratzt, sondern in die Tiefe geht“, sagt er. Dabei sei wichtig zu verstehen, dass es 100 Prozent Nachhaltigkeit nicht geben könne, weil es kaum möglich sei, jeden einzelnen Schritt auf seine Energiebilanz abzuklopfen. „Wir wollen nicht erziehen, sondern überzeugen und motivieren. Uns geht es darum, Wege in eine bessere Zukunft aufzuzeigen. Wir sind der Überzeugung, dass es immer einen nachhaltigeren Weg geben kann“, sagt er.

Als Blaupause für dieses Vorhaben gelten die Auftritte der deutschen Damen und Herren in der Nationenserie Hockey Pro League (HPL). Am 11./12. Juni treten die beiden Teams auf der Anlage des Clubs an der Alster in Wellingsbüttel je zweimal gegen den Erzrivalen Niederlande an. Seit einem halben Jahr arbeiten Schonhardt und Schirle gemeinsam mit zwei Mitarbeiterinnen an der Umsetzung eines umfangreichen Nachhaltigkeitskonzepts. Das begann bei der Auswahl des Austragungsortes. So wird am Pfeilshof der gesamte Wasserbedarf für die Sprinkleranlage der Hockeyplätze aus Brunnenwasser gespeist, das nach dem Wässern der beiden Kunstrasenplätze über ein Filtersystem von Mikroplastik gereinigt wird. Auch die Energieeffizienz ist dank modernster LED-Beleuchtung die nachhaltigste in Hamburg.

Wer umweltbewusst anreist, zahlt weniger Eintritt

Das von allen Veranstaltungscaterern auf der Anlage verwendete Geschirr stammt von einer Firma, deren Teller und Becher aus komplett wiederverwertbarem Material bestehen. Die Wurst – die es weiterhin gibt, obwohl sich das Sortiment deutlich in Richtung vegetarischer und veganer Kost verlagert – kommt nur im Brot, Pommes in Papiertüten. Der Clou allerdings ist das „Green Ticket“, dessen Preis sich nach der Nutzung des Verkehrsmittels für die Anreise richtet. Wer mit dem Rad kommt, zahlt, berechnet auf die zurückgelegte Entfernung, weniger als den Standardpreis, wer das Auto nutzt, entsprechend etwas mehr. Mehreinkünfte durch Autonutzer kommen komplett einem Umweltprojekt zugute.

Schonhardt und Schirle wollen in den kommenden Wochen die Werbung für die grünen Eintrittskarten verstärken. Aktuell liegt die Quote der verkauften „Green Tickets“ zwischen 15 und 20 Prozent, etwa die Hälfte der pro Tag 3000 zur Verfügung stehenden Billets sind vergriffen. „Als der Club an der Alster vor ein paar Wochen in einem Newsletter das grüne Ticket erwähnt hat, haben wir plötzlich zwei Drittel davon verkauft. Das zeigt, dass Interesse und Umweltengagement da sind“, sagt Olaf Schirle.

Hockey Pro League wird Pilotprojekt in Hamburg

Darauf setzt auch der Sportsenator. „Die Förderung von Sport und Bewegung und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen sind für eine gute Zukunft unserer Gesellschaft unverzichtbar und gehören eng zusammen. Nachhaltigkeit ist daher ein zentraler Aspekt unserer Active-City-Strategie, wenn es darum geht, den Sport in Hamburg weiterzuentwickeln und für die Zukunft aufzustellen. Die Hockey Pro League ist dabei ein wichtiges Pilotprojekt, bei dem innovative Ideen für zukünftige Events erprobt werden. Das Green Ticket ist hierfür ein hervorragendes Beispiel“, sagt Andy Grote.

Den Weg, öffentliche Zuwendung an Nachhaltigkeitskonzepte zu koppeln, halten die „green4sports“-Macher für richtig. Gleichzeitig regen sie an: „Wenn finanzielle Unterstützung an Bedingungen geknüpft wird, würde es Sinn ergeben, den Antragstellern mehr Unterstützung zu geben, damit diese nicht an den Konzepten verzweifeln, bevor sie überhaupt angefangen haben“, sagt Olaf Schirle. Funktionieren kann ein komplettes Umsteuern schließlich nur, wenn möglichst viele dabei mitmachen.

Weitere Informationen und Eintrittskarten im Internet unter hockeyticket.de und green4sports.de