Hamburg. Die Erfolge von Edina Müller haben das Interesse an der integrativen Sportart gesteigert. Doch fehlende Finanzierungen bereiten Sorge.

Es ist noch gar nicht so lange her, erzählt Arne Bandholz, da tauchte ein etwa fünfjähriger Junge mit seinen Eltern beim Hamburger Kanu Club auf. Der Lütte saß im Rollstuhl, Querschnittslähmung. Er wollte gerne paddeln, hatte von Edina Müller gehört und fragte nun nach ihr. Ob sie ihm Tipps geben könne. „Doch, so etwas kommt immer wieder mal vor“, sagt Hamburgs Landestrainer der Parakanuten, „Edinas Erfolge haben schon für Aufmerksamkeit gesorgt. Aktuell haben wir vier, fünf Anfragen von Leuten, die das gerne einmal machen würden.“

Auch am BG Klinikum Hamburg ist die Zahl der Interessierten zuletzt gestiegen. Müller (38) arbeitet dort als Sporttherapeutin, sie hilft Verunfallten bei der Reha, Sport ist da ein ganz wesentlicher Faktor. Und Edina Müller weiß, wovon sie spricht.

Kanusport: Edina Müller feierte große Erfolge

Die ehemalige Rollstuhlbasketballerin hat seit ihrem Einstieg in den Kanusport 2014 eine Reihe großer Erfolge gefeiert, für ihren Sieg bei den Paralympischen Spielen 2021 in Tokio steht sie als eine von drei Athletinnen zur Wahl als Hamburgs Sportlerin des Jahres, die auf der Hamburger Sportgala am 25. April in der Handelskammer ausgezeichnet wird.

Vor allem aber hat Müller eine Sportart für Menschen mit Behinderung in Hamburg quasi zum Leben erweckt, die vorher in der Wassersportmetropole an der Alster praktisch nicht existierte. Auch ihr Trainer Bandholz musste sich zunächst selbst fortbilden, bevor er die Anforderungen und Besonderheiten für Kanuten, die ihre unteren Extremitäten nicht oder nicht vollständig einsetzen können, erlernt hatte.

Verband bildet Trainer jetzt auch im Bereich Parakanu aus

„Vergangenes Jahr haben wir in die Fortbildung für unsere C-Trainer ein Modul Parakanu integriert“, sagt Bandholz, „dadurch können wir viel mehr Trainer abholen. Niemand muss mehr Sorge haben, wenn plötzlich jemand im Rollstuhl am Bootssteg steht.“ Denn es soll ja nicht nur um den Leistungssport gehen, wichtiger ist es, Angebote für die Breite zu machen.

Der Hamburger Kanu-Verband (HKV) plant schon lange, im Rahmen der Kanutage eine Art „Schnuppertraining“ auch für Menschen mit Behinderung anzubieten. „Das konnten wir in den beiden vergangenen Jahren wegen der Corona-Pandemie aber leider nicht durchführen“, sagt Nikolaus Classen, der sich beim HKV um den Bereich Parakanu kümmert, „in diesem Sommer aber soll das unbedingt passieren.“

Keine Zusagen für neue Finanzierungen

Classen (47) ist der Lebensgefährte von Edina Müller und deshalb eng am Thema. Andererseits zeigt diese personelle Verflechtung aber auch, wie schwer es ist, ausreichend Personen zu finden, die sich engagieren, ehrenamtlich natürlich. Denn Geld ist immer ein Thema, beziehungsweise eben kein Geld. Das beginnt mit der Finanzierung von Trainern und Booten und endet bei Wettkämpfen.

Besonders betroffen sind da Lillemor Köper (38) und Esther Bode (31). Die beiden Hamburgerinnen gehören seit zwei Jahren der Nationalmannschaft an. „Leider ist ihre (Ausleger)-Bootsklasse Va’a nicht paralympisch“, sagt Classen, „deshalb gibt es keinerlei Förderung vom Deutschen Behindertensportverband.“ Die WM-Teilnahme in Kopenhagen 2021 hatten noch der Hamburger Sportbund, der Behinderten-Sportverband Hamburg und der Deutsche Kanu-Verband mitfinanziert – „aber für dieses Jahr gibt es noch keine Zusagen. Und die WM vom 3. bis 7. August im kanadischen Halifax wird richtig teuer.“

Edina Müller hat viele Türen geöffnet für die Sportart Parakanu in Hamburg. Viel bleibt jedoch noch zu tun – wenn aber der Fünfjährige bald in ein Boot steigt und zu paddeln beginnt, dann ist das auch ein toller Erfolg