Hamburg. Halb Europa ist scharf auf die Trainer der Towers und Telekom Baskets Bonn. Am Sonnabend treffen sie in Hamburg aufeinander.

Der Weg der beiden scheint bereits vorgezeichnet. „Beide werden wir eher früher als später in der EuroLeague sehen“, sagt Bundestrainer Gordon Herbert über Pedro Calles und Tuomas Iisalo. Am Sonnabend (18 Uhr/MagentaSport) müssen sich der Spanier und der Finne beim Aufeinandertreffen ihrer Hamburg Towers und Telekom Baskets Bonn in der Wilhelmsburger edel-optics.de Arena zunächst noch mit dem biederen Alltag der Basketball-Bundesliga begnügen. Es wird das Duell der beiden höchst gehandelten jungen Trainer der Bundesliga.

Die Gemeinsamkeiten sind überbordend. Mit 38 (Calles) respektive 39 Jahren (Iisalo) könnten beide ihre Laufbahn noch auf dem Spielfeld ausklingen lassen. Stattdessen führten sie schon vor Jahren die jeweils kleinsten Standorte der Bundesliga zur Respektabilität. Calles erreichte mit Rasta Vechta (30.000 Einwohner) als Aufsteiger direkt das Play-off-Halbfinale und die Qualifikation zur Champions League, wiederholte den Einzug in die Meisterschaftsrunde in der darauffolgenden Saison, ehe ihn die Towers aus seinem Vertrag herauskauften.

Hamburg Towers: Zieht es Calles in die EuroLeague?

Iisalo führte die Crailsheim Merlins (32.000) erst ins Oberhaus, wo er mit einem der kleinsten Budgets zunächst den Klassenerhalt schaffte – und dann die Qualifikation für den Europe Cup. „Auch in ihrem Stil ähneln sie sich, beide setzen auf druckvolle Verteidigungen übers ganze Feld und eine schnelle Offensive“, sagt Bundestrainer Herbert dem Abendblatt. Sowohl der dreifache Vater Iisalo als auch der zweifache Papa Calles gelten als Familienmenschen, zugleich detailversessen, und zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Trainingseinheiten mitunter intensiver sind als Punktspiele. 2020 stritten sich die beiden sogar um den gleichen Job. Die Towers sollen nach Abendblatt-Informationen damals kurz bei Iisalo vorgefühlt haben, entschieden sich aber für ihren Wunschkandidaten Calles.

Von wegen unterkühlter Finne: Tuomas Iisalo ist getrieben von der Erfolgsgier.
Von wegen unterkühlter Finne: Tuomas Iisalo ist getrieben von der Erfolgsgier. © imago images / HMB-Media

Als Iisalos Vertrag in Crailsheim im vergangenen Sommer auslief, soll er in Gesprächen mit dem litauischen EuroLeague-Team Zalgiris Kaunas gewesen sein. Umso überraschender kam für viele Beobachter der Wechsel nach Bonn, das in den Vorjahren sportlich keine bedeutende Rolle gespielt hat.

Nicht so für Herbert, der Iisalo sehr gut kennt, ihn einst in Finnland trainierte und mittlerweile einen guten Freund nennt. „Das war für ihn der logische nächste Schritt, er ist davon getrieben, ein Programm zu verbessern. Schon als Spieler war er enorm ehrgeizig, als Trainer hat sich dieser Erfolgshunger noch mal gesteigert“, sagt er über Iisalo, der in Ost-Berlin aufwuchs, wo sein Vater als Korrespondent einer finnischen Zeitung arbeitete.

Bundestrainer schwärmt vom Towers-Coach

Noch bis Sommer 2023 läuft der Vertrag des ehemaligen Nationalspielers im Rheinland. Spätestens danach dürfte er in Europas Spitzenklasse vordringen, denn auch in Bonn zeichnet sich seine Handschrift deutlich ab. Zu Saisonbeginn führten die Telekom Baskets die Tabelle an, mittlerweile sind sie Zweiter (17:7 Siege). Mehrere Experten sprechen inzwischen offen davon, dass Iisalo der beste Trainer der Bundesliga sei.

Der Name von Calles fällt in dieser Diskussion nur unwesentlich später. Es spricht Bände über die Qualität des in Cordoba geborenen Südspaniers, dass die aktuelle Saison die vergleichsweise schwächste seiner bisherigen Laufbahn ist.

Zur Einordnung: Die Towers (12:10 Siege) sind als Tabellenneunter in Schlagdistanz zu den Play-off-Rängen und stehen im EuroCup vor dem Einzug ins Achtelfinale. „Pedro erledigt seinen Job großartig. Dass er gerade eine schwierige Saison mit unterschiedlichen Herausforderungen wie der Doppelbelastung, Verletzungen und Corona durchmacht, ist nur gut für ihn. Tuomas hat so eine Phase schon erlebt, als er mit Crailsheim im Abstiegskampf war. Pedro wird daran wachsen“, sagt Herbert, der 2004 mit den Frankfurt Skyliners deutscher Meister wurde.

Nur zwei der 18 BBL-Clubs haben deutsche Trainer

Der gegenseitige Respekt der Jungcoaches ist hoch. „Mit ihm als Trainer spielst du immer gegen eine Mannschaft, die alles gibt und mit sehr viel Druck verteidigt“, sagte Iisalo dem „Bonner Generalanzeiger“ vor dem Hinspiel, das die Towers überraschend deutlich mit 92:80 gewannen, über seinen geschätzten Kollegen.

Dessen Vertragslaufzeit wiederum beschränkt sich bis zum 30. Juni dieses Jahres. Zwar sagte Calles dem Abendblatt gegenüber, dass er nicht nach Hamburg gekommen sei, um nur zwei Jahre zu bleiben, und interessiert an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit sei, doch Herbert gibt zu bedenken: „Beide Trainer sind längst auf dem Radar der größeren Clubs. Pedro hat mit dem EuroCup bereits eine nette Bühne betreten.“ Im Sportbusiness wisse man ja nie, es müssten mitunter nur Timing und Gelegenheit stimmen, so Herbert, und ergänzt: „Spanische Trainer scheinen ja gerade en vogue zu sein.“

In der Bundesliga beschäftigen neben den Towers noch Alba Berlin, die Basketball Löwen Braunschweig und Fraport Skyliners Frankfurt iberische Übungsleiter. Im Gegensatz dazu haben mit Crailsheim und den EWE Baskets Oldenburg nur zwei der 18 Vereine deutsche Trainer.

Calles und Iisalo sind Gewinner-Typen

Insbesondere in der Hauptstadt sind die Albatrosse fest in spanischer Hand, seit Himar Ojeda als Sportdirektor das Sagen hat. 2017 übernahm die Trainerlegende Aito Garcia Reneses an der Seitenlinie. Als sich in der vergangenen Saison abzeichnete, dass der mittlerweile 75-Jährige ans Karriereende denkt, tauchte der Name Calles zwar in losen Gerüchten auf, war aber noch kein wirkliches Gesprächsthema beim deutschen Meister, dessen Traineramt nun Aitos langjähriger Assistent Israel Gonzalez übernommen hat.

Gut 255 Kilometer Luftlinie nordwestlich treffen zwei Trainer aufeinander, für die der Job in Berlin in absehbarer Zeit ein realistisches Ziel ist. Am Sonnabend ist ihr Ziel jedoch ein anderes. Weiß auch Herbert: „Beide würden ihre Mannschaften niemals einstellen, um nur eine Niederlage zu vermeiden. Sie setzen mit vollem Einsatz auf Sieg und sind extrem schlechte Verlierer.“ Einen von beiden erwischt es trotzdem. Doch über kurz oder lang werden Calles und Iisalo noch eine Menge gewinnen.