Hamburg. Der Experte für den Abstiegskampf erklärt, warum die Handballer des HSV Hamburg den Klassenerhalt schaffen und worauf er dann hofft.

Der Mann ist ein ausgewiesener Experte für den Abstiegskampf. Und auch wenn seine Expertise an diesem Donnerstag nicht wie vorgesehen gefragt sein wird, weil das Bundesliga-Heimspiel der Handballer des HSV Hamburg gegen HBW Balingen-Weilstetten wegen mehrerer Corona-Fälle im Team des Tabellenvorletzten aus Baden-Württemberg verlegt werden musste, dürften die Erfahrungen, die Tobias Schimmelbauer in seiner Zeit beim TVB Stuttgart gesammelt hat, noch wichtig werden in dieser Saison.

Mit den Schwaben stieg der gebürtige Hesse in der Saison 2015/16 nur deshalb nicht aus der Eliteklasse ab, weil sein heutiger Arbeitgeber – besser gesagt dessen Vorgängerverein – einen Antrag auf Insolvenz stellen musste. Im neuen Podcast „Auszeit HSVH“, der jeden zweiten Mittwoch Themen rund um den HSVH und die Lage der Liga aufgreift, stellt der Linksaußen allerdings klar, dass sein Engagement in Hamburg kein Dankeschön für das damalige, unfreiwillige Entgegenkommen ist.

Handball-Bundesliga: Spielplan für Schimmelbauer kein Problem

„Ich habe mich dem Projekt hier im Sommer 2019 verschrieben, weil es mich gereizt hat, dabei mitzuhelfen, etwas Neues aufzubauen“, sagte der 34-Jährige beim Besuch im Podcaststudio des Abendblatts am Großen Burstah. Deshalb sei für ihn auch der Spielplan, der den HSVH ausgerechnet im letzten Heimspiel der Saison 2021/22 Anfang Juni mit dem TVB Stuttgart zusammenführt, kein Problem. „Ich gehe nicht davon aus, dass es für uns dann noch um den Klassenerhalt geht“, sagte er, „aber wenn es so sein sollte, dann werde ich alles dafür tun, den TVB genüsslich in die Zweite Liga zu verabschieden.“

Warum das Thema Klassenerhalt bei aktuell sieben Zählern Vorsprung auf den ersten Nichtabstiegsrang weit vor dem Saisonende ad acta gelegt werden sollte, erklärt Tobias Schimmelbauer einerseits mit der Qualität seiner Mannschaft, andererseits aber auch mit der beeindruckenden Ruhe, mit der seine überwiegend jüngeren Mitspieler ihre Rolle als Aufsteiger angehen.

Schimmelbauer hat Erfahrung in Sachen Aufstieg

„Vielleicht liegt es wirklich an der Mentalität der Hamburger, dass hier keiner besonders aufgeregt ist. Ich muss schon sagen, dass ich das in der Form nicht erwartet hätte“, sagte er. Auch das Naturell von Cheftrainer Torsten Jansen trage dazu bei, dass weder die starke Hinrunde überbewertet noch die aktuelle Situation unterschätzt werde.

Bei all seiner Expertise im Abstiegskampf darf nicht verschwiegen werden, dass der studierte Sportwissenschaftler auch in Sachen Aufstieg wichtige Erfahrungen einbringen kann. Im Sommer 2015 war er mit dem TV Bittenfeld (der seit dem Aufstieg als TVB Stuttgart firmiert) in die Eliteklasse gerutscht, im Sommer vergangenen Jahres gelang ihm das mit dem HSVH erneut. Auf der Aufstiegsparty war der 1,99 Meter große Athlet eine der treibenden Kräfte, die für eine spontane Mallorca-Reise warben.

Vertrag in Hamburg bis 2023 verlängert

Sollte in dieser Saison der Klassenerhalt erreicht werden, will Schimmelbauer neue Ziele ausgeben – sowohl für die Abschlussfahrt als auch sportlicher Natur. Seinen Vertrag in Hamburg hat er kürzlich bis 2023 plus Option auf ein weiteres Jahr verlängert. Und da er internationale Auswärtsfahrten bislang nur als Fan des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt kennt, wäre eine Europapokalteilnahme mit dem HSVH ein Traum. „Es wäre toll, wenn ich das noch erleben könnte“, sagte er, „aber jetzt halten wir erst mal die Klasse.“

Darauf hofft – bei aller gebotenen Neutralität – auch Frank Bohmann. Der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL) hält Hamburg für eine der wichtigsten Adressen der Liga. „Wir sind sehr froh, dass wir den Standort wieder ganz oben dabeihaben. Schon in der Zweiten Liga war der HSVH ein absoluter Zuschauermagnet. Für die Entwicklung unseres Sports ist Hamburg sehr wichtig“, sagte der aus Köln zugeschaltete 57-Jährige.

„Vor allem in Sachen Digitalisierung ist Köln voraus"

Auf die Frage, warum die Stadt dann nach dieser Saison das seit 1994 in Hamburg ausgespielte Final-Four-Turnier um den DHB-Pokal der Männer an Köln verliert, erklärte Bohmann, dass die Barclays Arena im Volkspark im Vergleich mit der Kölner Lanxess Arena nicht mehr modernsten Ansprüchen genüge. „Vor allem in Sachen Digitalisierung ist Köln voraus. Man merkt, dass die Arena in Hamburg nicht mehr Heimstätte eines Sportteams ist.“ Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass Hamburg in fünf Jahren, wenn die Rechte neu vergeben werden, wieder zum Zuge komme. „Wir haben dort viele rauschende Feste erlebt“, sagte er.

Ebensolche erhofft sich der Ligachef auch von den signifikanten Öffnungsschritten, die im März geplant sind. „Nach zwei Jahren im Krisenmodus ist es überlebenswichtig, dass die Zuschauer in die Hallen zurückkehren“, sagte er. Dank staatlicher Hilfen und des Verzichts vieler Kunden auf bezahlte Leistungen habe man immerhin alle Erst- und Zweitligisten durch die Krise gebracht. „Am 1. März starten wir das Lizenzierungsverfahren und sind guter Hoffnung, dass kein Verein aufgeben muss“, sagte er.

Handball-Bundesliga: Testpflicht nur noch bei Symptomatik

Dass die Saison trotz der weiter unsicheren Lage – siehe das HSVH-Duell mit Balingen – ordnungsgemäß zu Ende gebracht werden kann, davon ist Bohmann überzeugt. Seit dem Wiederbeginn nach der EM-Pause Anfang Februar besteht eine Testpflicht nur noch bei entsprechender Symptomatik, die Vereine können freiwillig aber weiterhin testen, was der HBL-Geschäftsführer angesichts der Durchseuchung und der milderen Omi­kron-Verläufe für vertretbar hält. „Dennoch gilt ganz klar: Die Gesundheit hat Vorrang vor allem.“