Bremen. Ein Skandalelfmeter in der Nachspielzeit bringt Bremen den Ausgleich gegen Schalke. Werder hat einen Favoriten auf Anfangs Nachfolge.

Auch am Sonntag hatten sich die Emotionen bei Werder Bremen und dem FC Schalke 04 noch nicht vollständig gelegt. Ein vor allem in den sozialen Netzwerken viel diskutierter Elfmeter zum 1:1 (0:0)-Endstand hat Werder einen Punkt im Topspiel der Zweiten Liga beschert. Bei vielen (TV-)Zuschauern war schnell klar, wem hierfür der Dank gebührte: Videoschiedsrichter Christian Dingert.

Somit haben die Norddeutschen wenige Stunden nach dem Rücktritt von Trainer Markus Anfang zumindest einen weiteren sportlichen Rückschlag verhindert. Bremen erkämpfte sich am Sonnabendabend gegen Schalke ein leistungsgerechtes Remis und zeigte ungeachtet der Turbulenzen um die Impfpass-Affäre ihres bisherigen Chefcoaches eine beherzte Leistung.

Schalke schimpft über Bremens Skandalelfmeter

Doch die Art und Weise, wie der Bremer Ausgleich in der neunten Minute der Nachspielzeit zustandekam, war Skandal-verdächtig. Niclas Füllkrug verwandelte in der Nachspielzeit nach Videobeweis einen höchst umstrittenen Elfmeter zum 1:1.

Zuvor war der erst in der 88. Minute eingewechselte Angreifer Roger Assalé in der vierten Minute der Nachspielzeit nach einem Duell mit Schalkes Henning Matriciani zu Boden gefallen. Eine Berührung war allerdings in keiner Zeitlupe zu erkennen. Assalé lief nach dem vermeintlichen Kontakt sogar noch einige Schritte, ehe ihm wie bei einem sterbenden Schwan die Beine zusammensackten.

„Der Elfmeter war heute eine absolute Frechheit, wie ich sie noch nie erlebt habe. Aber den Leuten ist das egal“, sagte Schalkes Trainer Dimitrios Grammozis zu der Entscheidung von Schiedsrichter Tobias Stieler nach dem Duell zwischen Schalkes Henning Matriciani und Bremens Roger Assalé.

Terodde holt sich den Rekord

Zuvor hatte Simon Terodde die Gäste vor 42.100 Zuschauern im ausverkauften Weserstadion in der 82. Minute mit einem sehenswerten Flugkopfball in Führung gebracht. Ex-HSV-Stürmer Terodde ist damit nun mit 154 Toren alleiniger Rekordtorschütze der Zweiten Liga. Davon erzielte er 24 Treffer in der vergangenen Saison für die Hamburger.

Wie man beim Fliegen auch ein Tor schießen kann, anstatt einen unberechtigten Elfmeter herauszuholen, zeigte Simon Terodde, der per Flugkopfball zur Schalker Führung traf.
Wie man beim Fliegen auch ein Tor schießen kann, anstatt einen unberechtigten Elfmeter herauszuholen, zeigte Simon Terodde, der per Flugkopfball zur Schalker Führung traf. © Imago / Kirchner-Media

Bremen hat derweil nun unfreiwillig das seltene Kunststück geschafft, mit 20 eigenen Treffern und 20 Gegentoren genau 20 Punkte gesammelt zu haben.

Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Heidenheim 34 / 67:36 / 67
2. Darmstadt 98 34 / 50:33 / 67
3. HSV 34 / 70:45 / 66
4. Düsseldorf 34 / 60:43 / 58
5. FC St. Pauli 34 / 55:39 / 58

„Ich muss der Mannschaft ein Kompliment machen, weil wir über die ganze Zeit einen geilen Kampf geliefert haben“, sagte Bremens Stürmer Marvin Ducksch im Sky-Interview. Von der Unruhe um den Trainer habe sich das Team nicht aus dem Konzept bringen lassen. „Da sieht man, was für eine Truppe wir sind, wie wir zusammenhalten“, meinte Ducksch.

Anfang-Aus: Wird Werner neuer Werder-Coach

Anfang war am Vormittag zusammen mit seinem Co-Trainer Florian Junge zurückgetreten. Das Duo reagierte damit auf die gegen sie derzeit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen vermeintlich gefälschter Impfzertifikate. Beide kamen mit dem Rücktritt einer Freistellung zuvor. Stattdessen betreute Danjiel Zenkovic das Team. Sport-Geschäftsführer Frank Baumann kündigte an, zeitnah einen neuen Coach präsentieren zu wollen.

Als Favorit gilt der vereinslose Ole Werner, dem bereits im Sommer ein Angebot der Grün-Weißen vorgelegen haben soll. Damals soll der 33-Jährige nicht bereit gewesen sein, Holstein Kiel als Trainer zu verlassen. Nach dem schlechten Saisonstart der Störche trat Werner schließlich zurück – und könnte nun auf den Rücktritt von Anfang folgen.

Anfangs Impfpass beschlagnahmt

Anfang hat die Vorwürfe einer Dokumentenfälschung bislang zurückgewiesen. Trotzdem entschied er sich nun für einen Rücktritt, ansonsten hätte wohl der Verein reagiert. „Der Vorwurf, der im Raum steht, ist massiv“, sagte Werders Geschäftsführer Frank Baumann.

„Ausschlaggebend war, dass wir am Freitagabend noch einmal Besuch von der Polizei im Weserstadion hatten. Dort wurde uns eine sehr klare Indizienlage übermittelt“, sagte Baumanns Geschäftsführer-Kollege Klaus Filbry am Samstagabend in einer Medienrunde im Weserstadion. „Wir hätten uns aufgrund der Indizienlage natürlich auch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen auseinandergesetzt. Erst einmal mit dem Thema Beurlaubung, aber dann eventuell auch mit einer Verdachtskündigung.“ Durch Anfangs Rücktritt ist das nun nicht nötig. Der Vertrag wurde mit sofortiger Wirkung aufgelöst, Anfang bezieht ab sofort kein Gehalt mehr.

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat mittlerweile den Impfpass von Anfang beschlagnahmt. „Inwieweit der Impfausweis tatsächlich falsch ist, das werden wir zeitnah klären können“, sagte Staatsanwalt Frank Passade am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuerst hatten Radio Bremen und danach die „Deichstube“ über die Beschlagnahme der Impfpässe berichtet. Eine Durchsuchung war aber nicht notwendig. Anfang hätte wie auch Co-Trainer Florian Junge kooperiert, hieß es vom Staatsanwalt.