Hamburg. Die Hanseaten bestreiten Auftaktspiel der Eishockey-Oberliga am heutigen Freitag in Hannover. Termin für erstes Heimspiel ist unklar.

Die Vorfreude auf das, was sie an diesem Freitagabend erwartet, wollen sich Verantwortliche und Spieler der Crocodiles Hamburg durch nichts verwässern lassen. Erstmals beginnt in der Eishockey-Oberliga Nord die Saison nicht mit einem kompletten Spieltag, sondern einem exklusiven Eröffnungsspiel, und die Farmsener sind Teil davon. Am Pferdeturm in Hannover geht es von 20 Uhr an (live bei sprade.tv) gegen die Indians, und Sven Gösch ist „dankbar für die Chance, sich zum Saisonstart an so herausgehobener Stelle präsentieren zu dürfen. Darauf freuen wir uns sehr.“

Dass der 49-Jährige, Geschäftsführer und Sportdirektor in Personalunion, die Lage vor dem Start der Spielzeit 2021/22 grundsätzlich als „mittlere Katastrophe“ einordnet, liegt deshalb mitnichten am sportlichen Ausblick. Vielmehr sorgt die jüngste Verordnung der Stadt für großen Verdruss, die eine Vollauslastung von Tribünen unter 2G-Regeln nur dann zulässt, wenn zum unter 3G fallenden Spielfeldbereich ein ausreichender Abstand eingehalten werden kann.

Eishockey: Crocodiles-Halle fasst nur 1955 Menschen

Dies sei, so steht es in der Verordnung, erst in Hallen mit mindestens 3000 Zuschauerplätzen zu gewährleisten. Das Eisland Farmsen, in dem die Crocodiles ihre Heimspiele austragen, fasst aber nur 1955 Menschen. Deshalb musste, weil unter 3G-Regeln nur 350 Fans zugelassen wären, aber bereits 700 Karten verkauft waren, das für Sonntag um 16 Uhr geplante erste Heimspiel gegen die Icefighters Leipzig abgesagt werden.

Crocodiles Hamburg.
Crocodiles Hamburg. © F. Hasse

Seitdem steht Gösch in regem Kontakt zu den zuständigen Behörden, um eine Sondergenehmigung zu erwirken. Denn Fakt ist: Sollten die Crocodiles gezwungen sein, dauerhaft unter 3G-Regeln zu spielen, würden sie die Saison finanziell nicht überstehen. 1200 Zuschauer im Schnitt hat der Geschäftsführer in seine Etatplanung einkalkuliert, 450 Dauerkarten sind verkauft. Wer weiß, dass die Ticketeinnahmen mehr als 50 Prozent des 900.000-Euro-Saisonbudgets ausmachen, kann verstehen, warum Gösch auf eine schnelle, dauerhafte Lösung erpicht ist. „Wenn das nicht gelingt, ist die Saison schneller vorbei, als viele sich das vorstellen können“, sagt er.

Plachta führte Crocodiles bis ins Play-off-Halbfinale

Henry Thom versucht, trotz derlei Störgeräuschen nicht die Konzentration auf das Wesentliche zu verlieren. Der 51-Jährige hat zu dieser Saison das Cheftraineramt von Jacek Plachta übernommen, der die Mannschaft in der vergangenen Spielzeit auf Rang fünf und bis ins Play-off-Halbfinale geführt hatte. „Natürlich ist die Diskussion um unsere Heimspiele misslich, aber wenn am Freitagabend der erste Puck fällt, werden wir daran nicht denken“, sagt der Hauptübungsleiter, der bei den Indians seine angeschlagenen Topstürmer Thomas Zuravlev und Victor Östling ersetzen muss.

Nach einer Vorbereitung mit drei Siegen aus fünf Testspielen, mit der sich Thom „einigermaßen zufrieden“ zeigte, glaubt der neue Mann hinter der Bande eine Mannschaft beisammenzuhaben, die das ausgegebene Saisonziel – direkte Play-off-Qualifikation, ergo mindestens Rang sechs – erreichen wird, sofern es keine Verletztenmisere gebe. Dass in den Testspielen bisweilen ein halbes Dutzend Akteure ausfiel, habe dazu geführt, „dass sich die endgültigen Reihen noch nicht gefunden haben. Aber das wird sich im Lauf der Saison entwickeln.“

Neuer Coach musste sechs neue Spieler integrieren

Der Einsatzwille auf dem Eis, sowohl im Training als auch in den Spielen, gefalle ihm ebenso wie die Struktur in der Mannschaft, deren Stamm zusammenblieb. Die sechs Neuen – die Abwehrspieler Thomas Gauch und Tobias Schmitz, die Angreifer Carl Zimmermann und Sam Verelst, Torhüter Nils Kapteinat und Probestürmer Josh Stephens, der nun bis Saisonende bleiben darf – seien schnell und nahtlos inte­griert worden.

„Die Neuen sind super, auf der menschlichen Ebene passt alles“, sagt Abwehrspieler Norman Martens, der weiterhin als Kapitän fungiert und das aggressive, offensive Eishockey mag, das Thom favorisiert. „Wir müssen allerdings den Fokus auf die Defensive legen. Wenn wir in der Abwehr gut arbeiten, haben wir vorn die Qualität, um Spiele zu gewinnen“, sagt er.

Keine klare Nummer eins im Tor der Crocodiles

Auf eine klare Nummer eins im Tor setzt Henry Thom in dieser Saison nicht, Kapteinat soll Stammkeeper Kai Kristian einerseits unter Druck setzen, ihm andererseits aber auch notwendige Spielpausen garantieren. Die Überraschung der Vorbereitung, so der Coach, sei Louis Habel gewesen, der sich als Allrounder auch für Abwehraufgaben empfohlen habe.

Auch Sven Gösch sieht die Defensive in ihrer Entwicklung „auf einem sehr guten Weg. Wenn wir jetzt noch die Torchancen besser nutzen, werden wir um Platz vier bis sechs mitkämpfen“, sagt er. Ganz vorn müsse man mit den Hannover Scorpions, Herne und Tilburg rechnen.

Eishockey: Crocodiles Hamburg wollen aufsteigen

Das Ziel, mittelfristig um den Aufstieg in die DEL 2 zu spielen, haben die Crocodiles nicht aus den Augen verloren. Ohne eine moderne Spielstätte mit mindestens 3500 Plätzen ist es jedoch nicht zu realisieren. Insofern hofft der Geschäftsführer, dass die Aufregung um die Heimspiele auch ihr Gutes haben kann. „Vielleicht können wir im Zuge dessen mit der Politik über eine neue Halle ins Gespräch kommen. Dass wir sie brauchen, wird gerade wieder deutlich.“