Hamburg. Esther Henseleit erreichte zuletzt drei Platzierungen unter den Top Ten. Die Golferin reist voller Zuversicht zu den British Open.

Steht da. Schwarz auf weiß. Für Esther Henseleit war das am Montag ein weiterer Meilenstein in ihrer Karriere. Zum ersten Mal hat die Hamburgerin die Top 100 der Golf-Weltrangliste geknackt. Grund dafür war der starke siebte Platz bei den Scottish Open am vergangenen Wochenende, den die 22-Jährige mit einer großartigen Schlussrunde von sechs Schlägen unter Par gesichert hatte.

Die Leistung auf dem typisch schottischen Küstenkurs in Fife, den Dumbarnie Links, lässt Henseleit voller Zuversicht zu den British Open reisen, die von Donnerstag an auf dem berühmten Platz in Carnoustie (Schottland) ausgetragen werden, der ebenfalls ein klassischer Dünenplatz ist. „Ich mag Links-Golf extrem“, erzählt Hamburgs Sportlerin des Jahres 2019: „Man muss ein bisschen kreativer sein. Man muss den Ball kontrollieren können, und ich glaube, das gehört zu meinen Stärken.“

Golferin Henseleit wieder im Turnierrhythmus

Optimismus und Zuversicht vor dem letzten Majorturnier des Jahres sind durchaus angebracht, denn nach einem schwierigen Corona-Jahr 2020, in dem nicht viel zusammenlief, hat sie sich in den vergangenen Monaten auf der wertvollen US-amerikanischen LPGA-Tour etabliert. Drei Top-zehn-Ergebnisse seit dem 1. Juli bestätigen das, auch der 15. Platz bei der US-PGA-Meisterschaft.

„Mein Schwung fühlt sich jetzt gut an, auch das Putten, mit dem ich 2020 echt ein wenig zu kämpfen hatte, läuft gut“, sagt Henseleit. Einen bestimmten Punkt, an dem es „Klick“ gemacht haben kann, den findet sie in der Selbstanalyse jedoch nicht: „Ich glaube, dass ich drüben in den USA jetzt angekommen bin. Vor allem aber, dass ich in einen Turnierrhythmus gekommen bin, den wir im vergangenen Jahr wegen der wenigen Wettkämpfe ja nicht hatten.“

Henseleit trainierte im Garten der Eltern

Sogar im Garten der Eltern hatte Henseleit damals zeitweise trainiert und versucht, sich durch schlechte Ergebnisse nicht entmutigen zu lassen. „Ich habe einfach immer weiter daran gearbeitet, was ich verbessern kann, und mich so langsam nach vorne geschoben.“

Seit Beginn des Jahres arbeitet Esther Henseleit zudem mit Trainer Reece Phillips zusammen, der sie auch regelmäßig zu Turnieren begleitet und dabei als Caddie an ihrer Seite ist. Christian Lanfermann, ihr langjähriger Coach vom Hamburger Golf-Club Falkenstein, konnte das natürlich nicht leisten.

Trainingseinheiten meistens in Woburn

Henseleit trainiert zwar regelmäßig in Falkenstein, wenn sie in ihrer Hamburger Wohnung ist und geschäftliche Dinge zu erledigen hat, das Verhältnis zu ihrem Club ist auch gut. Nur ist der sportliche Lebensmittelpunkt inzwischen eben woanders. Trainingseinheiten zwischen den Turnieren in Europa absolviert sie oft im englischen Woburn, wo Phillips ein Coach an der Akademie des bekannten Trainers Dan Grieve ist.

Esther Henseleit mit ihrem Coach und Caddie Reece Phillips.
Esther Henseleit mit ihrem Coach und Caddie Reece Phillips. © imago images/Sports Press Photo | Alex Todd/SPP via www.imago-images.de

Und privat versteht man sich auch gut. In Woburn ist die Freundschaft zu der englischen Spitzenspielerin Georgia Hall (25) entstanden, die ebenfalls dort trainiert und mit ihrem Caddie und „Reisecoach“ Harry Tyrell liiert ist. Beide bilden nicht selten eine Tourgemeinschaft mit Henseleit und Phillips. Das hilft insbesondere in den USA, wo die junge Deutsche im vergangenen Jahr Probleme hatte, mit den strengen Kontaktbeschränkungen und erzwungener Einsamkeit in der „Bubble“ klarzukommen.

327.432 US-Dollar Preisgeld für Hamburger Golferin

„Es fühlt sich drüben immer normaler und familiärer an“, erzählt Henseleit, die allerdings noch keine Wohnung in den Staaten hat. „Ich habe mich echt an das Tourleben in den USA gewöhnt.“ Dass es dort praktisch keine Corona-Beschränkungen gibt, erleichtert alles weiter. „Ich war auch früher oft zehn Wochen am Stück nicht zu Hause, das ist also abgesehen von der Zeitdifferenz kein großer Unterschied zu den Turnieren in Europa.“

Lesen Sie auch:

Die Erfolge in diesem Jahr haben der gebürtigen Niedersächsin nicht nur schon 327.432 US-Dollar Preisgeld eingebracht. Viel wichtiger ist es, dass sie ihre volle Spielberechtigung für die kommende Saison praktisch sicher hat. Bisher musste sie bei manchen Turnieren in die Qualifikation oder als Nachrückerin warten. Das wird nun anders: „Wenn ich noch ein paar solide Wochen hinlege, sollte das eigentlich kein Problem sein.“

Henseleit belegt bei Jahreswertung der LPGA Platz 39

Das ist gewohnt zurückhaltend ausgedrückt. Derzeit belegt sie in der Jahreswertung der LPGA Platz 39. Rang 80 genügt für die volle Spielberechtigung. Mit Platz 60 schafft sie es sogar zum Tourfinale Ende November in Florida, wo immerhin fünf Millionen Dollar Preisgeld ausgeschüttet werden. Alles beste Aussichten also.

Aber erst einmal geht es nun voller Selbstvertrauen nach Carnoustie, wo die Mannheimerin Sophia Popov nach ihrem Sensationssieg 2020 auf dem Old Course in Troon Titelverteidigerin ist. Schon am Montag stand die erste Trainingsrunde auf dem Plan. Unglücklicherweise sind die Wetteraussichten für das Wochenende schlecht – kühl und nass soll es werden. „Wenn es kalt war, hatte ich immer mal Probleme“, räumt Henseleit ein, „aber ich habe das im Winter trainiert, und zuletzt lief auch das ganz gut. Ich bin optimistisch.“