Hamburg. 2015 entschied sich der Profi für Spanien. Jetzt erhielt er vom DTB eine Wildcard für die Hamburg European Open. Wohl aus gutem Grund.

Nicola Kuhn ließ sich nicht anmerken, ob ihm die Auslosung für das Hauptfeld der Hamburg European Open am Rothenbaum gefiel. Diese hatte ihm für erste Runde, die am Montag startet, einen Qualifikanten beschert, ehe in Runde zwei ein Duell mit Deutschlands Topspieler Jan-Lennard Struff (31/Warstein/Nr. 45) warten könnte, sofern dieser sich zum Auftakt gegen den Serben Laslo Djere (26/Nr. 55) behauptet.

Letztlich ist es eine Qualität, Dinge, die man nicht verändern kann, anzunehmen. Insofern durfte man dem Deutschspanier, der dank einer Wildcard seine Premiere an der Hallerstraße gibt, durchaus glauben, als er sagte: „Für mich ist es eine Ehre, hier antreten zu können. Ich möchte beweisen, dass ich auf diesem Level mithalten kann.“

Der 21-Jährige, aktuell an Position 255 der Weltrangliste geführt, hat eine interessante Vita zu bieten, die sich schon bald um eine überraschende Wendung ergänzen könnte. Der Sohn eines deutschen Vaters und einer russischen Mutter ist in Österreich geboren, aber in Spanien aufgewachsen. Deshalb entschied er sich 2015 trotz des intensiven Werbens des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) dafür, die spanische Staatsbürgerschaft zu beantragen und unter spanischer Flagge anzutreten. „Für mich war es in den vergangenen Jahren sehr förderlich, beide Elemente zu vereinen und von beiden zu profitieren“, sagte er am Sonnabend im Rahmen der Auslosung.

Tennisprofi Nicola Kuhn offenbar vor Rückkehr zum DTB

Zuletzt jedoch hatte seine Entwicklung stagniert, nach einem Fußbruch 2018 und dem komplizierten Corona-Jahr 2020 fehlte dem einstigen Supertalent, der mit den deutschen Junioren den U-14-WM-Titel gewonnen und das Daviscupfinale erreicht hatte, Spielpraxis. Erst im vergangenen halben Jahr berappelte er sich wieder. „Seit neun Monaten bin ich verletzungsfrei und fühle mich fit. Nun muss ich Konstanz in meine Leistungen kriegen“, sagte er.

Um das zu schaffen, scheint der in Alicante lebende Profi einen erneuten Nationenwechsel anzustreben. Er dürfe offiziell dazu nichts sagen, versuchte er am Sonnabend zu mauern, „aber natürlich ist mir klar, dass das offensichtlich ist“, sagte er. Schließlich vergibt der DTB seine Hauptfeld-Wildcards nicht ohne Grund an Nachwuchshoffnungen anderer Verbände. Auch im Verband wollte man die Causa Kuhn noch nicht kommentieren. Chefbundestrainer Michael Kohlmann sagte auf Anfrage: „Dazu kann ich aktuell nichts sagen, aber das wäre schön!“

Koepfer am Rothenbaum vor härtester Aufgabe

Es sieht also alles danach aus, als würde Nicola Kuhn in dieser Woche die Chance erhalten, im Wohnzimmer seines alten und möglicherweise neuen Verbandes – der DTB hat seinen Hauptsitz in Hamburg – vorspielen zu dürfen. Im Hauptfeld stehen neben Struff und ihm drei weitere Deutsche. Routinier Philipp Kohlschreiber (37/Augsburg/Nr. 115), der zum 17. Mal am Rothenbaum aufschlägt, muss sich zum Auftakt mit dem Spanier Jaume Munar (24/Nr. 69) herumschlagen und träfe im Falle eines Sieges auf Daniel Altmaier (22/Kempen/Nr. 166), sofern dieser seine Auftakthürde Filip Krajinovic (29/Serbien/Nr. 44) überspringt.

Die härteste Aufgabe wartet auf Dominic Koepfer (27/Furtwangen). Der Weltranglisten-62. fordert, einen Auftaktsieg gegen einen der sechs zu ermittelnden Qualifikanten vorausgesetzt, im Achtelfinale den topgesetzten French-Open-Finalisten Stefanos Tsitsipas (22/Griechenland). Der Weltranglistenvierte, der nach seinem Erstrundenaus in Wimbledon eine Wildcard für Hamburg akzeptierte, wo er bei seiner Premiere im vergangenen Jahr erst im Finale vom Russen Andrej Rubljow gestoppt worden war, hat in Runde eins ein Freilos.

Hamburg European Open am Rothenbaum

Auslosung 1. Runde:
Tsitsipas (Griechenland) Freilos
Koepfer (Furtwangen) – Qualifikant
Kohlschreiber (Augsburg) – Munar (Spanien)
Altmaier (Kempen) – Krajinovic (Serbien)
Bassilaschwili (Georgien) Freilos
Moutet (Frankreich) – Bedene (Slowenien)
Kuhn (Spanien) – Qualifikant
Struff (Warstein) – Djere (Serbien)
Paire (Frankreich) – Berankis (Litauen)
Qualifikant – Qualifikant
Delbonis (Argentinien) – Qualifikant
Ramos-Vinolas (Spanien) Freilos
Lajovic (Serbien) – Pouille (Frankreich)
Mager (Italien) – Qualifikant
F. Lopez (Spanien) – Qualifikant
Carreno Busta (Spanien) Freilos

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