Hamburg. Der 16 Jahre alte Handballtorwart gilt als das derzeit größte Talent im U-17-Nachwuchs des HSV Hamburg.

In der vergangenen Woche wurde Finn Luca Gründel bewusst, dass sich harte Arbeit lohnt. Der 16 Jahre alte Handballtorwart gilt als das derzeit größte Talent im U-17-Nachwuchs des HSV Hamburg (HSVH). Anders als bei den Zweitligaprofis ist die Saison der Jugendteams jedoch seit einem halben Jahr unterbrochen. Das bisher einzige Saisonspiel im vergangenen Oktober verpasste Gründel verletzt, seitdem schuftet er im Einzeltraining.

Umso größer war die Freude, als er in der vergangenen Woche erstmals mit den Profis trainieren durfte. „Das war eine geile Erfahrung. Das Tempo, die Athletik, die Technik, die Belastungen sind ganz andere als in der Jugend. Ich war letzte Woche echt fertig“, erzählt Gründel und lacht.

Sichtungslehrgang der Junioren-Nationalmannschaft verlief gut für Gründel

Zum Lachen ist im Nachwuchsleistungssport kaum jemand zumute. Anders als die Nominierten der Hamburger Sportgala #digital konnten Nachwuchssportler wie Gründel 2020 nicht um Titel und Trophäen kämpfen. Am 13. April ehren die Stadt und das Abendblatt die besten Hamburger Sportlerinnen, Sportler und Mannschaften des vergangenen Jahres. Gründel hatte keine Chance sich auszuzeichnen, er tat aber alles dafür, dass sein Profitraum in einem Jahr des Stillstands nicht platzte.

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2020 hätte für den gebürtigen Stellinger nicht besser beginnen können. Beim Sichtungslehrgang der Junioren-Nationalmannschaft empfahl sich Gründel für den U-17-Kader des Deutschen Handballbundes (DHB). Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass Corona den gesamten Sport in wenigen Wochen lahmlegen würde. Im Sommer kämpfte er sich mit dem HSVH-Junioren dann durch die harte Vorbereitung einer Saison, die nach dem ersten Spieltag unterbrochen werden sollte und bis heute nicht wieder aufgenommen wurde.

Einzeltraining nagte an ihm

Gründels Glück: Während seine Mitspieler seit Oktober nicht mal zum Einzeltraining kommen durften, konnte der 1,87 Meter große Athlet durch den Bundeskaderstatus mit U-18-Trainer Rayco Rodriguez allein in der Halle trainieren. „Irgendwann hat es angefangen zu nerven, dass man nicht spielen konnte“, gibt Gründel zu. „Ich habe mir dann gesagt, dass ich froh sein kann, überhaupt trainieren zu dürfen. Das ist ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin.“

Dennoch nagte das Einzeltraining mitunter an ihm. „Alles“, antwortet Gründel auf die Frage, was ihn am meisten gefehlt habe, „das Zusammensein mit der Mannschaft, das Zusammensitzen in der Kabine. Einfach zusammen zu lachen, wenn jemand bei einer unglücklichen Aktion hinfällt oder den Ball nicht fängt. Aber natürlich fehlt einem auch das Sportliche.“

Wöchentliches Online-Training

Um ein Minimum an Mannschaftstraining zu gewährleisten, trafen sich die HSVH-Junioren wöchentlich per Videokonferenz zum Online-Training. Dies sei zwar besser als gar nichts, aber auch keine langfristige Lösung, findet Gründel. „Nicht jeder hat eine Langhantel zu Hause rumliegen“, sagt er.

Seit gestern dürfen auch die meisten seiner Teamkollegen wieder unter strengen Vorschriften gemeinsam in der Halle werfen. Zuvor war das Training für Landeskader – zu dem die meisten der HSVH-Junio­ren zählen – in Hamburg wieder erlaubt worden. An der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg (ATW) kann Gründel mit einigen Teamkollegen bereits seit rund zwei Wochen wieder trainieren.

Verlorenen Inhalte bis zum Sommer aufholen

Für HSVH-Nachwuchskoordinator Stefan Schröder ist das vergangene Jahr dennoch „verloren“. „Es fehlen die sozialen Kontakte im Team. Das sind teilweise Freundschaften, die sich entwickeln und ein Leben lang halten. Die Jungs sind in dem Alter nicht nur Kollegen, sondern viel mehr. Insofern ist das extrem traurig“, sagt Schröder, dem selber auch die Perspektive in der täglichen Arbeit fehlt.

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„Es ist frustrierend, wenn man weiß, dass jede Woche eine verlorene ist.“ Damit beispielsweise Spieler, die von der C-Jugend in die B-Jugend wechseln, das vorausgesetzte neue Abwehrsystem lernen, gebe es Extraschichten. Die verlorenen Inhalte müsse man bis zum Sommer zwingend aufholen. „Auch die klassische fünfwöchige Sommerpause wird es für viele Spieler in diesem Jahr nicht geben“, sagt Schröder.

Johannes Bitter engagierte sich für den Verbleib Gründels in Hamburg

Obwohl auch der Nachwuchs der Füchse Berlin mit Trainer Bob Hanning Interesse an ihm hatte, wechselt Finn Luca Gründel im Sommer in die U19 des HSVH. Um den 16-Jährigen in Hamburg zu halten, suchte sogar Nationaltorwart und HSVH-Neuzugang Johannes Bitter das Gespräch mit ihm.

„Ich war ziemlich aufgeregt, als er aus dem Auto gestiegen ist. Ich hatte noch ein Foto auf meinem Handy, als ich mit acht Jahren mal ein Bild mit ihm gemacht habe“, erzählt Gründel, der vom Sommer an regelmäßig mit dem Profiteam trainieren wird. „Es ist krass zu wissen, dass man dann einen Jogi Bitter als Mentor haben könnte“, sagt er. Der Traum von der Profikarriere lebt für ihn weiter – trotz Corona.

Sportgala #digital

  • Die Nominierten am Dienstag, dem 13. April (19-20 Uhr/Livestream auf abendblatt.de):
  • Sportler: Philipp Buhl (Segeln, WM-Gold), Torben Johannesen (Rudern, EM-Gold), Peter Kadiru (Boxen, deutscher Meister).
  • Sportlerin: Noma Noha Akugue (Tennis, Deutsche Hallenmeisterin), Thuc Phuong Nguyen (Badminton, Junioren-EM-Gold im Mixed), Sylvia Pille-Steppat (Pararudern, EM-Bronze).
  • Die Mannschaft des Jahres wird live im Online-Voting gewählt.