Hamburg. In den letzten drei Spielen 2020 müssen Trainer Schultz und sein Team die Minusserie stoppen – zuerst gegen Aue.

Die Chance scheint verlockend: Neun Punkte innerhalb einer guten Woche könnte der FC St. Pauli von diesem Sonntag an sammeln. Das wären zwei Zähler mehr, als das Team von Cheftrainer Timo Schultz seit dem Zweitligastart Mitte September zusammengekratzt hat. Die englische Woche in den deutschen Profiligen gibt der Millerntor-Elf Hoffnung, doch noch mit halbwegs positiven Gefühlen Weihnachten und den Jahreswechsel zu begehen.

„Wir haben in den nächsten Tagen eine riesige Chance, das Ding in eine andere Richtung zu drehen. Dafür müssen wir gegen Aue den Anfang machen“, sagte Schultz denn auch am Freitag, zwei Tage vor dem Heimspiel gegen den FC Erzgebirge Aue am Sonntag (13.30 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de). Nach einer Serie von acht Spielen ohne Sieg, davon zuletzt vier Niederlagen in Folge, ist auch ihm bewusst, dass er nicht mehr nur daran gemessen wird, ob und wie er die im Sommer zu großen Teilen neu formierte Mannschaft entwickeln kann, sondern auch schlicht an Ergebnissen und dem damit verbundenen Tabellenplatz.

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Nach der jüngsten 1:2-Niederlage in Braunschweig, bei der weder das Ergebnis noch die Spielweise ausreichend waren, hatte Schultz Veränderungen angekündigt und davon gesprochen, „Erbhöfe“ zu streichen. Die Annahme, er könne mit dieser wenig konkreten Andeutung neben formschwachen Stammspielern wie Daniel Buballa oder Simon Makienok auch den langjährigen Stammtorwart Robin Himmelmann gemeint haben, ließ Schultz auch am Freitag undementiert. Auf die konkrete Frage nach einem Torhüterwechsel sagte er: „Wir haben das noch nicht entschieden. Wir haben noch zwei Trainingseinheiten. Wenn das so sein sollte, werde ich das auch erst einmal den Spielern verraten.“

Ist Schultz zu Torwartwechsel bereit?

Auch auf die Nachfrage, wie er denn Himmelmanns Leistungen in dieser Saison bewerte, gab er eine Sowohl-als-auch-Antwort, die im Hinblick auf Sonntag in jede Richtung interpretierbar war. Einerseits sagte der Trainer: „Robin hat über Jahre bewiesen, dass er ein guter Rückhalt für die Mannschaft gewesen ist und immer noch ist. Er hat uns in der Vergangenheit auch viele Spiele gerettet.“ Anderseits sagte er aber auch: „Jetzt hat er vielleicht mal eine Phase, in der es nicht so gut läuft und er auch nicht das notwendige Quäntchen Glück hat. Momentan sind leider zu viele Schüsse, die auf unser Tor gehen, auch drin.“ Aus 21 Großchancen hätten die Gegner zuletzt zehn Tore erzielt. „Das ist für uns als Mannschaft keine gute Quote. Davon kann ich den Torwart nicht ausnehmen.“

Klar ist allerdings, dass eine Degradierung des Mannschaftsratsmitglieds Himmelmann eine weitaus schwerwiegendere Entscheidung wäre, als wenn Schultz irgendwann mal einen etablierten Feldspieler aus der Startformation rotiert. Seit Sommer 2017 ist der 31 Jahre alte Himmelmann wieder die Nummer eins in St. Paulis Tor, nachdem er diese Position davor für ein halbes Jahr an Philipp Heerwagen (37, jetzt Sandhausen) hatte abgeben müssen. Doch jetzt wäre kein „alter Hase“ die Alternative, sondern nur die im Profigeschäft weitgehend unerfahrenen Svend Brodersen (23) und Dennis Smarsch (21). Beide sind seit Oktober, als sie zuletzt in St. Paulis Regionalligateam spielen konnten, ohne jede Punktspielpraxis.

Noch jünger ist Stürmertalent Igor Matanovic, der jüngst in den Spielen gegen Osnabrück und in Braunschweig bei seinen ersten Kurzeinsätzen ansprechende Szenen hatte. „Dass Igor ein Faktor sein kann und Qualität besitzt, hat dabei jeder gesehen. Insofern ist er wie jeder andere Spieler ein Kandidat und bereit für die Startelf“, sagte Schultz über den 17 Jahre alten Schüler.

Der FC Erzgebirge Aue ist auswärts unberechenbar

Grundsätzlich bieten die drei kommenden Gegner durchaus die Gelegenheit, erfolgreicher zu punkten, als dies in den vergangenen Wochen der Fall war. Der FC Erzgebirge Aue ist auswärts unberechenbar. So verlor der „Kumpelverein“ 0:2 in Bochum und 0:3 beim HSV, also bei Gegnern, bei denen St. Pauli jeweils ein 2:2 erreicht hatte. Dagegen siegte Aue 4:1 in Sandhausen, wo St. Pauli 0:1 verlor.

Zweiter Gegner der englischen Woche werden am Mittwoch (18.30 Uhr) auswärts die Würzburger Kickers sein, also die einzige derzeit noch schlechtere Mannschaft, ehe am 20. Dezember der auswärts bisher sieglose Bundesligaabsteiger Fortuna Düsseldorf ins Millerntor-Stadion kommen wird.

Bei aller Bereitschaft zu Veränderungen in der Startelf hält Schultz zunächst einmal an den gewohnten Abläufen vor einem Heimspiel fest. Eine Übernachtung des Teams im Hotel ist weiterhin nicht geplant. Auch am trainingsfreien Donnerstag hatte er festgehalten. „Soll ich mit den Jungs zweimal in den Wald gehen, damit die Leute bei Facebook oder Twitter zufrieden sind?“, fragte er rhetorisch. „Wir hatten an den beiden Tagen davor sehr intensiv trainiert. Am Tag danach noch mal zu trainieren, hätte vielleicht nach außen eine Wirkung, aber inhaltlich hätten wir kaum arbeiten können. Ich möchte am Sonntag unbedingt eine frische Mannschaft haben.“

FC St. Pauli: Himmelmann – Ohlsson, Ziereis, Lawrence, Paqarada – Knoll, Zalazar – Lankford, Dittgen – Kyereh, Matanovic

FC Erzgebirge Aue: Männel – Gonther, Breitkreuz, Ballas – Gnjatic – Strauß, Fandrich, Riese, Hochscheidt – Testroet, Krüger