Hamburg. Fußballverband wird mangelnde Transparenz und Kommunikation vorgeworfen. Tritt Präsident Fischer wieder an?

Die am Freitagabend per Videoschalte vom Hamburger Fußball-Verband (HFV) für seine Vereine ausgerichtete Regionalkonferenz ist mit nur wenigen Teilnehmern gestartet. Bis zu 150 Vereine hätten sich zuschalten können, knapp 40 waren es zu Beginn. Ob es am Frust der Clubs liegt?

Schließlich hat die Corona-Pandemie die schon zuvor auf den Plätzen mit Händen zu greifende Entfremdung zwischen dem HFV und seinen Vereinen befeuert. Der am tiefsten schwelende Konflikt betrifft den Umgang miteinander. Ausdruck dessen ist die mittlerweile aus 65 Clubs bestehende „Initiative Praxis Fußball“, in der prominente Vereine wie Altona 93, der WTSV Concordia und sogar der Hamburger SV vertreten sind.

Sie fühlten sich „nicht ausreichend repräsentiert, informiert und abgeholt“, bemängelte die Initiative kürzlich. Nötig seien „Transparenz, demokratische Werte und frühzeitige Kommunikation“. So seien allein von der Schließung der Fußballplätze am 13. März bis zur Online-Umfrage des Verbandes über einen Saisonabbruch fast zwei Monate vergangen. Gegenüber der Hamburger Politik sei der HFV zudem zögerlich aufgetreten.

Vereine fühlten sich ausgesperrt

Das auf dem außerordentlichen Verbandstag am 22. Juni von den Clubs erteilte Mandat zur „Flexibilisierung des Spielbetriebs“ nutzte der Verband für die Implementierung des umstrittenen Spielmodus mit Löschung aller Punkte vor der neuen Meister- und Abstiegsrunde. Auf Abendblatt-Nachfrage sprach HFV-Sprecher Carsten Byernetzki (60) damals von einem „Entscheidungsgremium von HFV-Mitarbeitern, die alle auch Mitglieder in einem Verein sind“.

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Allerdings sind HFV-Mitarbeiter das in der Regel immer. Die Vereine sahen sich ausgesperrt. Deshalb fordert Sasels Manager Söhren Grudzinski (45) als Sprecher der Initiative nun vom Verband „klare Ideen für die Fortführung der Saison nach der Unterbrechung und eine Einbeziehung der Vereine in die finale Entscheidungsfindung“. Auch die Pirouette des HFV-Spielausschusses, der erst mit der Initiative im Oktober über eine Änderung des Spielmodus verhandelte, um sie im Nachgang als durch die Statuten unmöglich umzusetzen zu erklären, stieß vielen Clubs sauer auf. „Das ist Gutsherrenart“, ärgerte sich Matthias Nagel, Trainer des Landesligisten Ahrensburger TSV und Mitglied der Verhandlungsgruppe.

Auf dem Verbandstag im Juni 2021 könnte es zum Showdown kommen

Beim Verband bewertet man die Lage hingegen anders. Hier sehen die HFV-Mitarbeiter ihre Arbeit zu wenig von den Vereinen gewürdigt. Die Stimmungslage lässt sich so zusammenfassen: Die Clubs kritisieren uns ja sowieso, ganz gleich, was wir tun. Als „insgesamt gut“ bezeichnet Byernetzki das Krisenmanagement des HFV: „Die negative Kritik ist vor allem in den sozialen Medien zu lesen. Das ergibt oft ein verzerrtes Bild.“ Auch seien die Regionalkonferenzen, die es seit vielen Jahren gibt, keine direkte Reaktion auf die Initiative. „Den Präsenzverbandstag mit Liveübertragung“ als erster Verband in Deutschland während der Pandemie führt er gleichfalls auf der Habenseite auf. Man habe „auf alle Lagen ruhig und besonnen“ reagiert, erfrage bis Ende November in allen Bereichen ein umfassendes Meinungsbild.

Pikant: Auf dem Verbandstag im Juni 2021 könnte es zum Showdown kommen. Die Amtszeit von Präsident Dirk Fischer (76) endet. Auf Abendblatt-Nachfrage ließ dieser offen, ob er weitermachen will. Favorit auf Fischers Nachfolge soll der derzeitige Schatzmeister und Vizepräsident Christian Okun (41) sein. Doch bei geschlossenem Stimmverhalten wäre die Initiative Praxis Fußball bei der Neubesetzung von Ämtern im Verband nun ein Machtfaktor.