Köln. Nach 0:2-Rückstand kam die deutsche Nationalmannschaft in Köln noch zu einem 3:3 gegen die Schweiz.

Der Stadion-DJ hatte gut zu tun: Immer wieder musste er „Kernkraft 400“ anspielen, den 90er-Jahre-Techno-Hit von Zombie Nation. Insgesamt dreimal erklang die Tormusik der deutschen Nationalmannschaft. Normalerweise hätte das gleichbedeutend mit einem lockeren Sieg sein müssen, aber an diesem Abend in Köln war wenig normal – und so endete die Nations-League-Partie gegen die Schweiz 3:3 (1:2).

Es war ein turbulentes Spiel auf dem Rasen, das in krassem Kontrast stand zur tristen Stimmung auf den Tribünen: Anders als in der Ukraine, wo an die 20.000 Zuschauer ins Stadion kamen, waren im sonst so stimmungsvollen Kölner Stadion keine zugelassen. Die Corona-Pandemie hat auch am Rhein an Fahrt aufgenommen, in den vergangenen Tagen hatte die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln den kritischen Wert von 50 überschritten – und das Gesundheitsamt entschied gemeinsam mit dem Land-Nordrhein-Westfalen: Die Stadiontore bleiben zu.

Der Fußball wird das Thema nicht los, auch die Schweiz war zuletzt betroffen: Innenverteidiger Manuel Akanji wurde positiv getestet, er ist inzwischen zu seinem Verein Borussia Dortmund zurückgekehrt, dort aber in Isolation. Xherdan Shakiri war vor gut einer Woche positiv auf das Coronavirus getestet worden. Nachträgliche Untersuchungen zeigten aber, dass Antikörper einer früheren Infektion den positiven Test bei dem Mittelfeldspieler verursacht hatten. Und so stand der frühere Profi des FC Bayern, der zuletzt oft verletzt gefehlt hatte, in der Startaufstellung – und sollte der deutschen Mannschaft so manche Probleme bereiten.

Schlimme individuelle Fehler sorgen für deutschen Horror-Start

Die hatte Joachim Löw umgebaut nach den zuletzt wenig ansprechenden Auftritte gegen die Türkei (3:3) und die Ukraine (2:1). Statt einer Dreier- spielte nun eine Viererkette, von der sich der Bundestrainer mehr Tempo im Spielvortrag erhoffte. Und weiter vorne sollten die in die Startelf rotierten Timo Werner und Kai Havertz für Schwung sorgen.

Was in der Theorie gut klang, wurde in der Praxis zunächst durch kapitale individuelle Fehler torpediert. Nach Serge Gnabrys Fehlpass tief in der eigenen Hälfte konnte Manuel Neuer Shaqiris Schuss aus kürzester Distanz noch zur Ecke abwehren. Die köpfte Robin Gosens noch aus dem Strafraum, doch Remo Feulner beförderte den Ball gleich wieder rein in den Strafraum, wo der frühere Schalker Mario Gavranovic von der herausrückenden deutschen Abwehr vollkommen vergessen worden war und den Ball und per Kopf eine herrliche Bogenlampe über Neuer hinweg ins lange Eck fabrizierte (5.).

Ein Muster, das sich wiederholen sollte: Das deutsche Spiel sah deutlich besser aus als so oft zuletzt – aber da waren immer wieder diese schweren Fehler. Neuers allzu lässiger Klärungsversuch blieb an Haris Seferovic hängen, doch die Schweizer wussten dieses Geschenk nicht zu nutzen (16.). Das nächste aber sehr wohl: Ausgerechnet der Jubilar Kroos spielte einen Fehlpass, die Schweizer zerlegten die unsortierte deutsche Hintermannschaft mit einem blitzschnellen Konter, an dessen Ende Freuler den Ball lässig über Neuer hinweg ins Tor lupfte (26.).

Die deutsche Mannschaft hatte bis dahin nur eine ernsthafte Torchance durch Timo Werner vorzuweisen (25.). Doch der von einem Infekt wieder vollständig genesene Stürmer war es auch,d er die deutsche Mannschaft wieder heranbrachte: Gleich vier Gegner konnten sein Dribbling nicht stoppen und von der Strafraumgrenze legte er den Ball klug ins lange Eck (28.). Nun endlich hatte die deutsche Mannschaft die Partie im Griff. Doch Robin Gosens‘ Außenrist-Schlenzer lenkte Torhüter Yann Sommer über die Latte(35.), Kroos schoss aus 25 Metern knapp vorbei (44.).

Ex-Schalker Mario Gavranovic mit Doppelpack für die Schweiz

Und nach der Pause ging es schwungvoll weiter: Werner schoss von der Strafraumgrenze über das Tor (48.), Sommer lenkte einen Havertz-Schuss noch an den Pfosten (49.). Und dann patzten mal die Schweizer: Havertz nahm einen kapitalen Fehlpass mit und Tempo auf, sprintete in den Strafraum und traf überlegt ins lange Eck (55.) – eine feine Einzelleistung.

Doch die Freude über den Ausgleich währte nur kurz: Neuer parierte noch gegen Seferovic, dann aber bekam die deutsche Mannschaft den Ball nicht geklärt und Gavranovic jagte ihn ins Tor (57.). Doch auch das sollte nicht die letzte Pointe sein: Werner setzte sich auf der rechten Seite stark durch, gab scharf herein und Gnabry lenkte den Ball mit der Hacke ins Tor (59.).

Damit allerdings war der Tag des offenen Tors in Köln beendet, 3:3 hieß es am Ende – und die deutsche Mannschaft beendete die Länderspielphase mit gemischten Gefühlen: Spielerisch hatte sie einen Schritt nach vorne gemacht, das schon. Aber mit ihrer unsteten Art und den vielen Patzern hatte sie sich wieder einmal um ein besseres Ergebnis gebracht.