Hamburg. ETV-Volleyballfrauen sollen am 13. September in die Saison starten, dürfen aber nicht mal unbeschränkt trainieren.

Auf das, was am 13. September auf sie wartet, freuen sich die Volleyballfrauen des Eimsbütteler TV riesig. Um 16 Uhr gastieren an jenem Sonntag die Stralsunder Wildcats in der ETV-Sporthalle am Lokstedter Steindamm. Es ist das erste Zweitligaspiel in der Geschichte der ETV-Volleyballfrauen, die in der abgebrochenen Saison 2019/20 als Tabellenführer der Dritten Liga Nord das Aufstiegsrecht erkämpft hatten. Und weil im Einzugsgebiet des Hamburger Volleyballverbands (HVbV) kein anderes Team im Frauen- und Männerbereich im Unterhaus der Eliteklasse antritt, steht die Auswahl von Cheftrainer Ulrich Kahl im Rampenlicht.

Was das für den Verein bedeutet, kann der 57-Jährige, der in seine 18. Saison als Hauptübungsleiter geht, klar umreißen. „Der ETV freut sich, dass er mit uns ein weiteres Aushängeschild hat“, sagt Kahl, der aktuell allerdings ein großes Problem hat. Er weiß nicht, wie er seine Mannschaft bis zum Saisonstart in gut viereinhalb Wochen in die notwendige Wettkampfform bringen soll. Weil in Hamburg uneingeschränkter Trainings- und Wettkampfbetrieb bis mindestens 31. August nicht erlaubt ist, hat der Aufsteiger bislang noch keine Trainingseinheit unter Wettkampfbedingungen geschweige denn ein Testspiel absolviert.

ETV will eine Ausnahmegenehmigung bei der Stadt beantragen

Ein unhaltbarer Zustand ist das, vor allem mit dem Wissen, dass Ulrich Kahl sechs neue Spielerinnen in seinen 15er-Kader integrieren muss. Darunter ist mit Saskia Radzuweit (29) auch eine neue Führungskraft, die aus ihrer Zeit beim in den Drittliga-Tabellenkeller abgestürzten VT Hamburg Erstligaerfahrung mitbringt. „Die Neuen passen charakterlich sehr gut zu uns. Es sieht so aus, als sei der Teamgeist, der uns in der vergangenen Saison zum Aufstieg getragen hat, auch in der neuen Saison unser Plus“, sagt der Coach, „aber das Team braucht Spielpraxis, um sich aufeinander einstellen zu können.“ Weil außer Hamburg nur Schleswig-Holstein ähnlich restriktiv mit dem Leistungssport umgeht, können sich die 13 Ligakonkurrenten des ETV schon seit Wochen ohne Einschränkungen vorbereiten. Kahl plant, Ende August zu einem Testspiel nach Oythe zu reisen, würde aber gern den Rest der Vorbereitung in Hamburg durchziehen.

Deshalb will der ETV in den kommenden Tagen eine Ausnahmegenehmigung bei der Stadt beantragen, die zuletzt auch für die Feldhockeyteams in der Ersten und Zweiten Bundesliga sowie die Teilnehmer am Viertelfinale des Lotto-Pokals der Amateurfußballer erteilt wurde. Die Crux daran: Als Hallensport unterliegt Volleyball möglicherweise zusätzlichen Einschränkungen, die Kahl allerdings trotz mehrfacher Nachfrage noch nicht mitgeteilt wurden.

50-seitiges Hygienekonzept

Die Volleyball-Bundesliga (VBL), die den Spielbetrieb der ersten beiden Ligen losgelöst vom nationalen Verband DVV organisiert, hat ein 50-seitiges Hygienekonzept erarbeitet, das von den Clubs umgesetzt werden muss. Allerdings müsste dazu ein Hygienebeauftragter eingestellt werden, der im sowieso schon auf Kante genähten Etat von 50.000 Euro, zu dessen Deckung die Spielerinnen mit diversen Aktionen und einem Crowdfunding erheblich beigetragen hatten, nicht vorgesehen ist.

Zuschauereinnahmen hat Kahl, im Hauptberuf HVbV-Geschäftsführer, in weiser Voraussicht sehr konservativ kalkuliert, nachdem sich der Plan, die Heimspiele in der 2200 Fans fassenden Sporthalle Wandsbek auszutragen, aufgrund von Terminschwierigkeiten erledigt hatte. Am Lokstedter Steindamm sind 199 Zuschauer zugelassen; eine Teilbelegung mit 20 Prozent würde entsprechend wenig Geld in die Kasse spülen.

Lesen Sie auch:

Seine Zuversicht hat Ulrich Kahl dennoch nicht verloren. Man werde den Ligastart nicht blockieren, sei notfalls auch bereit, zunächst nur auswärts anzutreten. „Wir wollen unbedingt spielen. Ich bin überzeugt, dass wir, wenn alle gesund bleiben, stark genug sind, um das Ziel Klassenerhalt zu erreichen und regelmäßig 200 Zuschauer zu begeistern – wenn sie zugelassen sind“, sagt er. Mit Radzuweit und den weiteren Ex-VTH-Akteurinnen Luise Klein, Anna Behlen, Julia Schneidler, Gina Köppen und Mie Dickau haben sechs Spielerinnen Zweitligaerfahrung, „alle anderen sind hungrig zu zeigen, dass sie mithalten können.“ Jetzt muss man sie nur noch lassen...