Hamburg. Beachvolleyballerin über ihre sportliche Rückkehr, Pläne für die Zukunft, Training ohne Schmerzen und den Lockdown mit Drillingen.

„Kira würde nie ein Spiel abbrechen, selbst wenn ihr der Arm abfällt.“ Dieser Satz stammt von Laura Ludwig, mit der die Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst (29) im Sommer 2016 in Rio de Janeiro olympisches Gold gewann. Ein Satz, der viel aussagte über die Leidensfähigkeit und den unbändigen Willen einer Sportlerin, deren Körper nicht für ihren Beruf gemacht zu sein schien. Am 6. Januar 2019 nahm sie Abschied vom Hochleistungssport. Anderthalb Jahre später ist sie zurück – ausgeruht und fit, körperlich wie mental.

Hamburger Abendblatt: Frau Walkenhorst, dass eine Olympiasiegerin via Facebook nach einer Partnerin für ihr sportliches Comeback sucht, dürfte Seltenheitswert haben in der Welt des Leistungssports. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Kira Walkenhorst: Eigentlich war das mehr als eine Art Update gedacht, weil die Bekanntgabe des Vereinswechsels in die Sportstadt Düsseldorf zu Irritationen bezüglich der Teamkonstellation geführt hatte. Ich hätte allerdings nie damit gerechnet, dass das so hohe Wellen schlägt. Ich hatte ja die letzten Monate gar nichts mehr von mir hören lassen, wusste auch selbst lange nicht, wie es weitergeht. Als im März der Lockdown begann und die Kitas in Hamburg dichtmachen mussten, dachte ich, dass es mit dem Beachvolleyball dieses Jahr gar nichts mehr wird. Ich wurde zu Hause gebraucht.

Aber dann kam es anders.

Walkenhorst: Ja, Schritt für Schritt kam die Normalität zurück. Da hatte ich Melanie Gernert, mit der ich eigentlich mein Comeback bestreiten wollte, aber schon gebeten, sich anderweitig umzuschauen. Sodass ich jetzt, wo die Qualifikationsturniere für die deutsche Meisterschaft beginnen, ohne Partnerin dastehe. Deshalb der Aufruf.

Wer hat sich denn gemeldet? Also außer uns Journalisten…

Walkenhorst: Ich habe sehr viele Rückmeldungen bekommen. Auch von Männern, denen ich leider absagen musste, Mixed such ich dann doch nicht gerade … (lacht)

Sie starten für die TuSA 06 Düsseldorf, trainieren Sie auch dort?

Walkenhorst: Nein, das wäre für uns als Familie nicht zu leisten. Auch wenn die Kleinen jetzt wieder in der Kita sind und das ganz toll machen. Ich lebe und trainiere weiterhin in Hamburg.

Die Corona-Pandemie traf Sie mitten in den Vorbereitungen zu Ihrem Comeback. Wie sind Sie durch die Krise gekommen?

Walkenhorst: Tatsächlich war ich Ende Februar auf den Punkt fit, hatte gerade das Trainingslager durchgeplant, das direkt begonnen hätte. Und plötzlich stand alles auf null. Da war es fast ein Glück, dass wir zu Hause so viel Trubel hatten mit den drei Kleinen, dass ich gar nicht erst ins Grübeln gekommen bin – darüber, was mir da gerade alles weggebrochen war. Es war eine anstrengende, eine knackige Zeit, die uns tatsächlich auch 100 Prozent eingenommen hat. Meine Frau und ich mussten funktionieren, wie alle anderen Eltern auch.

Was war sportlich möglich in dieser Zeit? Wie haben Sie sich fit gehalten?

Walkenhorst: Eine halbe Stunde Stabilitätseinheiten in der Mittagspause, mehr war nicht drin. Natürlich habe ich im Garten auch mal abends mit dem Ball gedaddelt oder gegen die Wand gespielt, aber das war so überschaubar, dass ich jetzt ehrlich zugeben muss: Für das Turnier, das dieses Wochenende ansteht, bin ich nicht fit genug. Ich möchte nichts riskieren, schon gar keine Verletzung.

Als Sie sich Anfang 2019 vom Leistungssport verabschiedeten, war Ihr Körper gezeichnet von Verletzungen, selbst trainieren konnten sie nur unter größten Schmerzen. Wie geht es Ihrem Körper heute?

Walkenhorst: Es geht ihm gut! Ich habe 2019 eine Therapie begonnen, nachdem ein Heilpraktiker die Ursachen für meine vielen Verletzungen gefunden hatte. Dadurch war ich im Alltag relativ schnell wieder schmerzfrei und seit November dann sogar auch im Training. Ich kann alles machen und spüre dabei nichts. Ich weiß nicht, wann ich das zum letzten Mal von mir sagen konnte.

Was waren denn die Ursachen, und wie konnten sie diagnostiziert werden?

Walkenhorst: Durch eine Iris-Analyse. Die hat bei einem Heilpraktiker stattgefunden, der mir einfach nur in die Augen geguckt hat, das ist sein Weg, um körperliche Auffälligkeiten zu erkennen. Bei mir konnte er zum Beispiel sehen, dass mit dem Darm etwas nicht stimmt und dass mein Immunsystem noch immer mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber zu tun hatte, an dem ich 2014 erkrankt war. Das hat meinen ganzen Körper anfällig gemacht, auch die Gelenke, und ist die Erklärung für meine unzähligen Verletzungen.

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Hätten Sie sich vielleicht gar nicht vom Leistungssport verabschieden müssen, hätten Sie diese Therapie früher für sich entdeckt?

Walkenhorst: Es war auf jeden Fall ein großes Glück, dass ich überhaupt zu diesem Therapeuten gegangen bin. Am Ende meiner aktiven Zeit, als mir selbst beim Training immer wieder Rippen rausgesprungen sind, war ich ja bei unendlich vielen Ärzten, wo immer festgestellt wurde, dass alles in Ordnung ist. Was irgendwann für den Kopf wirklich frustrierend war. Ich beschloss meinen Abschied vom Leistungssport. Ich wollte keine Ärzte mehr aufsuchen, ich wollte schauen, wie es meinem Körper geht, wenn ich ihm Ruhe gebe. Aber die Schmerzen blieben. Da erzählte mir mein Manager von diesem Heilpraktiker. Zum Glück bin ich hingegangen.

Könnten Sie sich vorstellen, noch einmal mit Laura Ludwig zusammenzuspielen?

Walkenhorst: Zunächst möchte ich herausfinden, was mein Körper hergibt, ob er sich noch mal an die hohen Belastungen gewöhnen kann. Erst danach werde ich Gespräche führen. Die man übrigens im laufenden Olympia-Zyklus auch gar nicht führt.

Und sollte Ihr Körper es zulassen?

Walkenhorst: Dann kann ich mir das auf jeden Fall vorstellen.