Köln. Zweitligist HSV Hamburg spricht von “extremen Herausforderungen“. Frauen von Buchholz-Rosengarten wieder erstklassig.

Keine wild umherhüpfenden Spieler, keine Champagner-Dusche für den Trainer: Emotionsloser hat der THW Kiel noch keinen seiner nun 21 Meistertitel gefeiert. Nach dem Abbruch der Handball-Bundesliga (HBL) ist der Rekordmeister zum ersten Corona-Champion ernannt worden – dank des eindeutigen Abstimmungsverhaltens der 36 Erst- und Zweitligisten. Die erforderliche Dreiviertelmehrheit für einen Abbruch ist laut HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann „deutlich überschritten“ worden.

„Aus sportlicher Sicht wäre es natürlich das Beste gewesen, die Saison fortzusetzen. Der Rahmen hat gesundheitlich, organisatorisch und wirtschaftlich aber nicht gepasst. Von den ungerechten Lösungen haben wir diese für die beste gehalten“, sagte Bohmann und fügte an: „Es ist ein echter Schlag ins Kontor. Es ist ein hoher wirtschaftlicher Verlust.“ Der finanzielle Schaden wird auf rund 25 Millionen Euro geschätzt.

Abbruch der HBL-Saison wegen Corona "alternativlos"

Dennoch fand der Vorschlag von Bob Hanning nur wenige Anhänger. Der Geschäftsführer der Füchse Berlin hatte angeregt, alle 18 Erstligisten im Juni an einem Ort innerhalb kürzester Zeit die verbleibenden Spiele zu absolvieren. „Geisterspiele sind schwer zu organisieren für Mannschaften außerhalb des Fußballs. Das blöde Virus einzudämmen, wäre bei jedem Fortsetzungsszenario schwierig geworden“, erklärte Bohmann.

Liga-Präsident Uwe Schwenker betonte, dass „ein Wiedereinstieg zu einem noch späteren Zeitpunkt nicht mehr machbar“ gewesen wäre, „da das Zeitfenster, das uns bis zum 30. Juni bleiben würde, zu klein wäre, um den Spielern auch nur annähernd die Chance zu geben, sich im Trainingsbetrieb auf den harten Wettbewerb vorzubereiten“. Der Abbruch sei daher zwar „sehr bitter, aber alternativlos“. Hanning erklärte: „Der Beschluss der Liga ist gefasst, eine für alle gerechte Lösung wird es nie geben können.“

Kiel und Flensburg in Champions League

Für Kiel ist es der erste Meistertitel seit 2015. Zudem hat sich der THW gemeinsam mit dem Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt für die Champions League qualifiziert. Der SC Magdeburg, die TSV Hannover-Burgdorf und die Rhein-Neckar Löwen spielen in der Euro League (ehemals EHF-Cup).

Bei der Wertung der Spielzeit entschied sich das Präsidium gegen eine Annullierung und für die Anwendung der Quotientenregel, die Tabellenführer Kiel als bestes Team der Saison 2019/20 ausweist. Absteiger wird es nicht geben, Aufsteiger sind HSC 2000 Coburg und TuSEM Essen. Die HBL startet mit 20 Klubs in die neue Saison, in der es vier Absteiger geben wird und die mit dem Supercup zwischen Kiel und Flensburg in der ersten Septemberwoche beginnen soll.

„Wir müssen uns aber auch auf andere Szenarien vorbereiten“, sagte Bohmann und prophezeite schwere Zeiten: „Die Krisenmanagement-Qualitäten müssen nach vorne gestellt werden. Jeder muss den Kopf über Wasser halten und die nächste Saison überleben. Existenziell entscheidend wird es nun sein, wann wir wieder in unseren Arenen vor Zuschauern spielen können.“

Wie die nächste Saison planen?

Der Dauerkartenverkauf gestaltet sich schwierig, ebenso die Sponsorensuche. Großveranstaltungen sind mindestens bis zum 31. August verboten. Ob es danach wieder Spiele mit Zuschauern geben wird, ist völlig offen. Man werde befolgen, „was uns die Behörden vorgeben“, so Bohmann, dem die Planungen für die neue Spielzeit „Kopfzerbrechen“ bereitet.

Daher wünscht sich der HBL-Geschäftsführer Unterstützung aus der Politik. Es wäre schön, wenn sich die Politik den Sport hinter dem Fußball „vornehmen würde“. Man brauche „vielleicht irgendwo die staatliche Unterstützung“. Für diese Saison würde diese allerdings zu spät kommen.

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HSV Hamburg vor "extremen Herausforderungen"

Der HSV Hamburg votierte für die Entscheidung, auch wenn sie den Zweitligaclub "vor extreme Herausforderungen" stelle, wie Geschäftsführer Sebastian Frecke ausführte. "Jetzt wollen, können und müssen wir nach vorne schauen. Wir waren vor Corona sportlich und wirtschaftlich auf einem richtig guten Weg und werden jetzt alles tun, um uns nicht von diesem Kurs abbringen zu lassen und nächste Saison wieder anzugreifen. Da uns bislang in sehr vielen Gesprächen schon große Solidarität entgegengebracht wurde, bin ich hoffnungsvoll und zuversichtlich, dass wir diese Krise gemeinsam mit Fans, Partnern und Sponsoren durchstehen werden."

Frauen: Kein Meister, Buchholz-Rosengarten steigt auf

Anders als bei den Männern wird es in der abgebrochenen Handball-Bundesliga der Frauen 2020 keinen deutschen Meister geben. Dies teilte die HBF am Dienstag mit. Maßgeblich für die Entscheidung sei, dass zum Zeitpunkt des Abbruchs noch fast ein Drittel der Saison zu spielen war und auch das Rückspiel zwischen dem Tabellenzweiten SG BBM Bietigheim und Spitzenreiter Borussia Dortmund noch ausstand. Der Verband hatte die Saison wegen der Coronakrise am 18. März nach 18 von 26 Spieltagen abgebrochen.

Tabellenführer Dortmund erhält mit einem Punkt Vorsprung allerdings das einzige Champions-League-Ticket für die kommende Spielzeit. Die dahinterliegenden Teams aus Bietigheim und von der TuS Metzingen qualifizieren sich für die European Handball League (EHL).

Zur Ermittlung der Tabellenpositionen wurde auf Grundlage des Bundesratsbeschlusses des Deutschen Handballbundes (DHB) die Abbruchtabelle unter zu Hilfenahme der Quotientenregelung (Pluspunkte geteilt durch Anzahl der Spiele mal 100) herangezogen. Absteiger wird es keine geben, aus der 2. Bundesliga steigen der Erstplatzierte Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten sowie der sich auf dem Relegationsplatz befindliche Tabellenzweite SV Union Halle-Neustadt auf.

Bereits im März hatte die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) ihre Spielzeit vorzeitig beendet. Wie im Volleyball kürte die DEL im Gegensatz zur Handballliga aber keinen Meister.